"Beim Frühstück hieß es: Servus, Weltmeisterin!”

Isabella Laböck, Siegerin der Snowboard-WM, verrät bei ihrem Besuch der AZ alles über ihre aufregendsten Tage.
von  Julian Galinski
Isabella Laböck bei der Siegerehrung der Snowboard-WM.
Isabella Laböck bei der Siegerehrung der Snowboard-WM. © AP Photo

Isabella Laböck, Siegerin der Snowboard-WM, verrät bei ihrem Besuch der AZ alles über ihre aufregendsten Tage

AZ: Frau Laböck, haben Sie als frische Weltmeisterin Liebesbriefe bekommen?


ISABELLA LABÖCK Einer hat geschrieben, ganz kurz und prägnant: „Du hast tolle Füße!”. Und ich dachte mir: Okay – wo hat der meine Füße gesehen? Höchstens meine Snowboardschuhe! Ein anderer: „Ich lade dich zum Dinner ein – L.A., New York oder Miami!” Ich habe noch nicht alle Nachrichten gelesen.


L.A., New York, Miami – oder doch lieber die Heimat, Prien am Chiemsee?


Ich weiß, was ich an meiner Heimat habe, genieße es, am See und an den Bergen sein zu können. Aber der Koffer steht immer offen. Ein Monat an einem Fleck ist schon fast schwierig. Zumal ich mich ja auch mit meinem Freund arrangieren muss (Björn Kircheisen, nordischer Kombinierer – d. Red.), der ist auch dauernd unterwegs.


Sind Unternehmen und Marketing-Agenturen nun auf Sie aufmerksam geworden?


Es kam die ein oder andere Anfrage. Ich bin wahnsinnig neugierig und will das aufsaugen und genießen. Aber ich werde mich nicht nur der Euphorie hingeben, sondern erst mal in Ruhe bis drei zählen und gut sortieren, was vor sich geht. Das Handy quillt jedenfalls fast über. Ich komme gar nicht hinterher, alles anzuschauen.


Sie fahren seit Jahren in der Weltspitze mit – nur der ganz große Erfolg hatte gefehlt.


Ich hatte immer im Gefühl, dass ich von meinen Fähigkeiten auf dem Snowboard niemandem nachstehe. Aber bisher hat immer das letzte Quäntchen gefehlt. Mein Trainer hat immer gesagt: „Bella, du brauchst dir keine Gedanken machen, du musst nur Geduld haben, dann wird das schon.” Aber ich bin mittlerweile sehr ungeduldig geworden, weil ich schon so lange auf den ganz großen Erfolg gewartet hatte. Vor der WM habe ich mir bewusst gemacht: Ich habe alles drauf, aber ich muss es nicht erzwingen. Und dann lief’s einfach.


Wie haben Sie den entscheidenden Lauf in Erinnerung?


Es hat angefangen, als ich mich für die Top Acht qualifiziert hatte, da dachte ich mir: Na, das ist doch schon ganz nett. Und dann war ich wie im Tunnel, wie in einer Trance: Top vier – Wahnsinn. Jetzt ist es wirklich greifbar. Ich bin wie ferngesteuert die Piste runter und mit dem Ski-Doo zwischen den Rennen wieder rauf. Und dann war ich im Finale. Ich habe mich an meine vielen zweiten Plätze erinnert und gesagt: Alles oder nichts.


Sie bekamen Alles.


Im Ziel hat es mich total umgehauen. Ich bin umgefallen, vor übergroßer Freude und Fassungslosigkeit. Da schießen mir jetzt noch die Tränen hoch, so überglücklich und dankbar war ich. Endlich diese Bestätigung. Weltmeisterin! Das Gigantischste, was man sich holen kann! Endlich nicht mehr in der zweiten Reihe stehen! Es hat allerdings eine Weile gedauert, bis ich umrissen hatte, was passiert ist, das ging so schubweise. Am nächsten Tag beim Frühstück hieß es: „Servus, Weltmeisterin!” Dann habe ich mich im Fernsehen gesehen – und gemerkt: Das bin tatsächlich ich. Am Anfang war das für mich total surreal.


Ihre Freunde und Bekannten haben Sie aber gleich daran erinnert, dass alles wahr ist.


Schon bei der Ankunft am Gepäckband im Flughafen bin ich von meinen Freunden und Kollegen bei der Bundespolizei empfangen worden. Damit hatte ich gar nicht gerechnet. Da war ich erstmal baff und hatte weiche Knie. Und es hat mir wieder die Tränen in die Augen gedrückt.


Einer fehlt – seit zehn Jahren. Ihr Bruder Dominik, der Opfer eines Verkehrsunfalls wurde.


Mit dem WM–Titel hat sich ein Kreis geschlossen. Dominik hat angefangen, Snowboard zu fahren, er war neun und ich sechseinhalb. Und ich habe ein paar Monate später gesagt: Papa, Skifahren ist doch uncool. Und dann durfte ich die Anfänge des Snowboardfahrens mit meinem Bruder zusammen genießen. Als er gestorben ist, war mir klar: Ich werde ihm meinen ersten großen Titel widmen. Damit habe ich mir natürlich auch sehr viel Ballast auferlegt, weil ich gesagt hatte: Ohne diesen Titel kann ich meine Karriere nicht beenden. Als ich dann Weltmeisterin geworden bin, war das das i-Tüpfelchen. Die Emotionen sind nur so geschossen.

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