„Beim Carven fährt der Ski – man hat sich anzupassen!“

Der AZ-Reporter lernt eine neue Form des Skifahrens kennen – und wird innerhalb kürzester Zeit süchtig
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Carving in Perfektion: Olympiasiegerin Maria Riesch
dpa Carving in Perfektion: Olympiasiegerin Maria Riesch

Der AZ-Reporter lernt eine neue Form des Skifahrens kennen – und wird innerhalb kürzester Zeit süchtig

Der Max ist ein ziemlich junger Skilehrer, vierte Saison etwa. Prüfend blickt er zuerst mich an, dann die Palette seiner Ski. Schließlich entscheidet er: „Einsfünfundfünfzig genügt für Dich!" Dann drückt er mir ein Paar Wunderstumpen in die Arme, die angeblich Ski sein sollen. „Carving-Ski“, sagt der Max, „fährt man wesentlich kürzer.“ So ein Schmarrning, dieses Carving. Aber es gibt kein Zurück mehr. Denn schließlich haben wir es gebucht: „2,5 Stunden Carving-Schnupperkurs incl. Top Carving Ski-Verleih 50 Euro.“

Dann schwingen wir uns in den Lift unseres kleinen Urlaubs-Orts, entschweben nach oben. Also beim Liftfahren, ehrlich gesagt, kein bisschen Unterschied zwischen Skifahren und Carven. Der offenbart sich dann allerdings oben, am Berg. Als wir Aufstellung nehmen. Und von Max erfahren, was das Wichtigste ist beim Carven: „Eine breite Skistellung.“ Wie grässlich! Wie anti-arlbergerisch! „Ja, mei“, gibt der Max zu, „das schaut zwar saublöd aus, wenn man es mit einem schmalspurigen Skifahrer vergleicht, aber nur so kann das Carven richtig funktionieren!“

Wir erfahren, was die Zahlen „10“ oder „12“ auf unseren Latten bedeuten: das ist der Radius in Metern, den die Ski fahren, wenn man sie alleine fahren lässt. „Fun-Carver“ haben einen kleinen Radius und „Allround-Carver" einen längeren.

Wir – sechs Mann um die 40 bis 60 Jahre jung – haben alle „Allrounder“ angeschnallt. Und der Max macht es nun vor, wie es geht: Einfach ein Stück geradeaus fahren, einen Ski nach vorne schieben – und schon fährt dieser wie von selbst eine Kurve. Dabei die Ski nicht belasten wie beim normalen Skifahren (90 Prozent auf den Talski, 10 Prozent auf den Berg-ski), sondern nur noch 60/40. Zudem: Die Schulter nicht so ganz offen-parallel zum Tal wie gewohnt, sondern eher in jene Richtung, in welche die Ski im Moment fahren.

Also lassen wir die Ski fahren und schieben, fast wie beim Telemark, einen Ski vor. Und es funktioniert! Gewissermaßen wie von alleine schneidet unser Untersatz um die Kurve herum! Gleich beim ersten Schwung! Selten einen Sport so leicht erlernt wie das Carven...

Aber natürlich fallen wir zwischendurch immer wieder in unseren altmodischen Lech-Zürser-Skifahr-Stiefel zurück, denn: Man kann mit Carving-Ski ja auch ganz normal Skifahren. Und so beschwört uns der Max ein ums andere Mal: „Breitere Skistellung!“ Und: „Lehnt euch ruhig nach innen!“ Was für unsereins bis vor einer Stunde noch als extreme Ski-Todsünde galt, auf die der Wedel-Prof. Kruckenhauser (selig) einst das Erhängen am Liftmasten verordnet hatte.

Also lehnen wir uns nach innen. Wooow! Und es bereitet einen Riesenspaß, um die Kurven zu carven. Wie Schlittschuhlaufen auf einer schrägen Schnee-Ebene. Mit ziemlich hoher Geschwindigkeit sogar. Das frappierende daran: die 155-Zentimeter-Lättchen flattern kein bisschen. Eine neue Welt! Wenn man die Ski nur ein klein wenig enger führen dürfte. Und wenn nur die Schenkel nicht so schmerzen würden. Denn das Carven erfordert durchaus Kraft. Der Grund: „Beim Skifahren bestimmt man selbst", so der Max, „was man mit dem Ski macht. Aber beim Carven fährt der Ski – und man hat sich anzupassen.“

Die zweite Abfahrt bereits bestreiten wir ohne Skistöcke wie Snowboarder. Und legen uns auch wie diese in den Hang, greifen in den Schnee. Muss zum Haareausraufen sein für die jungen Snowboarder, uns alte Ötzis auf diese Art und Weise den Hang hinabzischen zu sehen. Aber wir erkennen uns eigentlich ja auch selbst nicht mehr wieder. Wir Carver, wir.

In der zweiten Stunde dürfen wir dann wieder unsere Stöcke umfassen: Erstens, weil sie eine wertvolle Balance-Hilfe bilden und zweitens, weil beim Carven zwar kein üblicher Stockeinsatz mehr zelebriert, aber zumindest angedeutet wird. Und am Ende des Kurses? Wissen wir eines: dass wir künftig im Fitness-Studio garantiert Oberschenkel-Kraftarbeit betreiben werden. Um künftig nicht mehr nur fünf, sondern vielleicht mal ganze 15 Schwünge hintereinander carven zu können. Warum? Weil diese Art, Ski zu fahren einfach süchtig macht. Merci, Max!

Jupp Suttner

Infos: Falls Sie auch süchtig zu werden wünschen - einfach zur nächsten Skischule stapfen und eine Einzelstunde Carving (etwa 40 bis 50 Euro) buchen. In diesem Preis ist meist ein Leih-Carving-Ski enthalten. Falls nicht, wird der Skilehrer Sie beraten, welches Modell Sie im Verleih mieten sollen (Tagespreis 15 bis 30 Euro).

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