„Bei Spielen teilen wir uns sogar das Haargel“

Christian Günther und Ferdinand Tille – so lebt Hachings Volleyball-WG für den Meistertitel. Am Donnerstag kämpfen sie in Friedrichshafen im vierten Playoff-Spiel um die letzte Chance.
AZ: Herr Günther und Herr Tille, Sie wohnen zusammen auf 75 Quadratmetern in einer WG in Haching. Brauchen zwei junge Spitzensportler zu Hause eigentlich so etwas wie eine WG-Ordnung?
CHRISTIAN GÜNTHER (24): Es gibt tatsächlich eine interne Wohnungsordnung. Die hängt nirgendwo, die haben wir in uns drin. Und da Ferdl (Ferdinand Tille, d.Red.) nicht so gut kochen kann, bin ich der Koch. Er muss mir zuarbeiten und den Abwasch erledigen.
Welche Regeln gibt es noch im Hause Tille/Günther?
GÜNTHER: Beim Putzen bin ich für Wohnzimmer und Küche verantwortlich, er ist der Meister im Toilette säubern (lacht). Ich hab selten einen Mann gesehen, der das Bad so blank putzt. Dafür ist Ferdl „tranfunselig“. Wenn wir putzen, muss ich ihm eine Woche vorher Bescheid geben.
FERDINAND TILLE (20): Christian ist aber auch zu ordnungsverliebt, fast wie eine Frau. Da zieh ich ihn schon mal auf.
Gibt's auch mal Zoff?
GÜNTHER: Nein. Aber natürlich hat jeder so seine Macken. Ferdl lässt immer das Gartentürchen auf. Ich hasse das. Damit will er mich reizen. Ich denk mir immer: „Bei uns ist doch nicht Tag der offenen Tür“! Wir sind eben wie ein altes Ehepaar. Dass es keinen Zoff gibt, liegt daran, dass der Ferdl so ruhig ist. Ich bin mehr extrovertiert und hab auch mal meine fünf Minuten.
Ihre fünf Minuten?
GÜNTHER: Dann drehe ich ein bisschen durch und brauche jemanden, den ich belästigen kann, dem ich auf die Nerven gehen kann. Aber Ferdl bleibt immer cool. Immer.
TILLE: Tatsächlich bin ich der Faulere von uns. Ich mache den Abwasch gern mal zwei Tage später – und lasse auch mal etwas rumstehen.
GÜNTHER: Eben! Er setzt Nadelstiche, um mich zu ärgern.
In WGs wird oft alles geteilt. Bei Ihnen auch?
GÜNTHER: Ja, auch die Zahnpasta! Bei Spielen teilen wir uns sogar das Haargel.
Herr Günther, Sie haben eine Freundin. Hand aufs Herz: Muss der Kollege das Feld räumen, wenn sie zu Besuch kommt?
GÜNTHER: Nein, Ferdl darf bleiben, unsere Wände sind relativ dick (lacht).
TILLE: Soweit kommt's noch, dass ich mich verziehe! Ich fahr doch nicht extra nach Mühldorf zu meinen Eltern, damit ihr euren Spaß habt.
GÜNTHER: Und wenn Lisa aus Frankfurt kommt, wird donnerstags die Wohnung geputzt. Da macht Ferdl sogar mit. Ich sage ihm dann immer: „Freitag ist es wieder soweit, Lisa kommt!“ Sie spielt in Mainz Hockey-Bundesliga. Ich schreibe ihr pro Tag 15 SMS und telefoniere eine Stunde mit ihr.
Ihr Trainer hat früher die Spieler abends kontrolliert. Habt Ihr eine Rufumleitung vom Festnetz aufs Handy?
GÜNTHER: Nein nein. Das muss er diese Saison nicht. Früher ist auch mal einer vor einem Spiel feiern gegangen. Jetzt gehen wir unter der Woche nicht weg und leben absolut professionell. Wir sind abends gern zu Hause, spielen X-Box oder schauen DVD.
TILLE: Aber die Jungs aus der Mannschaft kommen ab und zu zu uns, weil wir die größte Wohnung haben.
Ein Wort zum Trainer: Sie haben mal gesagt „Mihai Paduretu ist wie Klinsmann – nur erfolgreicher". Sehen Sie das immer noch so?
GÜNTHER: Scheint so (lacht). Mihai hat es auch leicht, weil wir jede Veränderung annehmen. Wir sind nicht wie die ganzen Diven bei Bayern, die alles durch diskutieren müssen. Wir nehmen das „Konzept Paduretu" an. Zum Dank schenkte Mihai jedem Spieler für den Pokalsieg ein individuelles Bild, auf dem jeder einen Titel verpasst bekam. Ich bin „Il Simpatico“ (der Sympathische, d. Red.), Ferdl ist „Il Perfetto“ (der Perfekte, d. Red.). Das zeigt, wie viel dem Trainer an der Mannschaft liegt.
Interview: Reinhard Franke