Begeisterter Empfang in München: Magdalena im Blitzlicht

MÜNCHEN - Die Biathletin Magdalena Neuner wird mit vielen Kameras und Blasmusik in München empfangen. München feiert sie und die anderen Sportler wie die Fußballer am Marienplatz.
Die kleine Magdalena Neuner war in dem Trubel am Einfachsten zu orten: dort, wo die Masse am dichtesten und die meisten Kameras und Mikros unterwegs waren. Wer sich in dieses Gewühl hinein begab, der sah: Die Doppel-Olympiasiegerin genoss den Empfang in der Heimat nicht wirklich. Es war alles ein bisschen zu viel. Natürlich marschierte sie schnurstracks hinaus aus dem Terminal, hin zur heimischen Blaskapelle, die gleich freudig aufspielte. Doch schon nach wenigen Takten wurde das Gedränge um die erfolgreichste deutsche Olympionikin bei den Spielen in Vancouver so heftig, dass ein Ordner rief „Jetzt reißt’s euch halt mal am Riemen“, bevor Magdalena Neuner die Flucht ergriff.
Dabei hatten es die Fans ja nur gut gemeint. Ein paar Hundert hatten sich zur Mittagszeit auf den Weg zum Flughafen gemacht, um die restlichen 60 von 153 Olympia-Helden zu empfangen. Um kurz nach eins setzte der Flug LH 968 aus Frankfurt auf. Dort hatte Magdalena Neuner nach der Landung im Cockpit gesessen, der Kapitän hielt eine kleine Bundesflagge aus dem Fenster. Das deutsche Team wurde mit roten Rosen empfangen, musste aber im Sicherheits-Check sämtliche Medaillen auspacken, weil die zu heftigem Piepsen geführt hatten, und das dauerte.
Doch die Münchner im Ankunftsbereich von Terminal zwei bewiesen Geduld. Der Andre-Lange-Fanclub hielt erwartungsfroh ein großes Plakat in die Höhe, ebenso wie die Bundespolizei Bad Endorf. Helmut Geisenberger wartete auf seine Tochter Natalie, die Rodlerin: „Die wird saumüde sein. Mit all den Sportlern im Flieger – da wird keiner geschlafen haben.“ Am Donnerstagabend gibt es im heimischen Miesbach einen Festzug durch die Gemeinde – „den ersten Festzug für einen Sportler seit Christa Kinshofers Medaille in Calgary 1988“, erzählt Jochen Holzkamm, der Sportreferent Miesbachs. Und Papa Geisenberger fügt stolz an: „Die Natalie ist die einzige Münchner Medaillengewinnerin! Und 2018 ist sie vielleicht auch noch dabei.“ Ein paar Meter neben ihm steht Paul Neuner, der Papa, im Trachtenornat samt prächtigem Gamsbart, Blumenstrauß in der Hand. Daneben: Werner Brombach, Chef einer ortsansässigen Weißbierbrauerei, ebenfalls mit einem Strauß für Neuner.
Um 13.28 Uhr dann endlich die ersten Frauen und Männer im knatschbunten Bogner-Zivil. Sehr müde sahen sie aus, die Helden. DOSB-Chef Thomas Bach im roten Trainingsanzug wirkte noch am fittesten. Anni „Akrobatik“ Friesinger: Schal um den Hals, mühsam lächelnd. Bob-Anschieber Kevin Kuske: schulterte erst mal das Töchterchen. Tobi Angerer: bekam von seinen Traunsteinern gleich die nächste Medaille umgehängt, eine Kombination aus Würsten und Brezn. Evi Sachenbacher: packte eine Medaille nach der anderen aus dem Rucksack, bis es nur so glitzerte. Um 13.51 Uhr wird es wieder laut: Andre Lange, der erfolgreichste Bobfahrer der Welt. „Bravo, Thüringen!“ rufen ein paar. Lange sagt: „Ich bin jetzt Bob-Pensionär. Irgendwann werd’ ich’s genießen.“
Zwei Minuten nach ihm: die Neuner, endlich! Mit Mühe bringen Papa Paul und Werner Brombach ihre Sträuße an die Frau, bevor das große Gedränge über sie herein bricht. Flott strebt Neuner dem Ausgang zu, treibt rückwärts laufende Kameramänner vor sich her, die gewarnt werden müssen: „Vorsicht, da kommt 'ne Säule!"
Draußen versammelt sich das komplette DSV-Team nochmal, Autogramme werden geschrieben, Fotos geschossen. Tobi Angerer stellt sich mit zwei verschüchterten Buben zum Erinnerungsfoto auf: „Dürfts’s schon anlangen“, sagt er und hält ihnen seine Silbermedaille hin, „traut’s euch ned?“ Die Jungs trauen sich, ein bisschen wenigstens.
Thomas Becker