Befreit von alten Fesseln

ÖSTERSUND - Biathlon-Ass Michael Greis, frisch liiert mit der Kollegin Kathrin Hitzer, startet glücklich in den letzten Karriere-Abschnitt.
katja Lotter, die frühere Freundin von Michael Greis, war zum Zuschauen nur manchmal vor Ort. Wenn die Biathlon-Rennen in der Nähe waren, Ruhpolding, Hochfilzen, Antholz in Südtirol. Michael Greis sprach oftmals von den Schwierigkeiten einer Beziehung, wenn man so viel unterwegs sei wie er. Das ist jetzt anders. Denn wenn am Mittwoch in Östersund die neue Weltcup-Saison startet, hat er ab sofort seine neue Freundin immer dabei. Denn die ist selbst eine der weltbesten Biathletinnen. Kathrin Hitzer.
Besonders war die Beziehung der beiden schon immer. „Früher konnten wir uns überhaupt nicht ausstehen", sagt Greis zur AZ, „wir gingen uns immer aus dem Weg." Für rechthaberisch und besserwisserisch hielt er sie, das ging sogar soweit, dass sie bewusst gemeinsame Termine für ihren Sponsor vermieden und dass Greis seinen Start in der Schalke-Arena kurz vor Silvester absagte, weil er da mit Hitzer hätte laufen müssen. „Da war eine Spannung zwischen uns", sagt Greis. Eine Spannung, die sich entlud, als es zwischen den beiden funkte.
Im letzten Winter bat Hitzer Greis um eine persönliche Aussprache, für einen halbwegs vernünftigen geschäftlichen Umgang. „Und dann ging alles ganz schnell“, sagt Greis. Aus der dienstlichen Annäherung wurde bald auch eine private, und so folgte bald die Trennung von seiner Jugendliebe Katja, die er schon als Kind daheim in Nesselwang kennengelernt hatte, mit der er im Frühling immer Abenteuerreisen unternahm durch Vietnam, den Himalaya, nach Mexiko. Ein schwerer Schritt sei das gewesen, sagt er, und die Katja sei auch immer noch ein toller Mensch.
Aber vermutlich war es einfach das Jahr, in dem sich Greis befreien musste von alten Fesseln. Privat und auch in seinem Sport. Denn bei den Biathleten geht Greis nun seine eigenen Wege. Nach einem Machtkampf mit Bundestrainer Frank Ullrich. Ganz offen hatte Greis den Führungsstil von Ullrich kritisiert und vom „DDR-Training" gesprochen. Ein Vorwurf, der den 50-jährigen Ullrich hart traf, hatte er damals als Aktiver besonders zu leiden unter dem Drill in Ostdeutschland. Als seine junge Frau mit Krebs im Endstadium todkrank in der Klinik lag, verboten ihm Trainer und Sportminister die Abreise zum Besuch ins Krankenhaus. Kurz darauf starb seine Frau.
In den vergangenen Wochen bemühten sich Ullrich und Greis nun um einen gemäßigten Umgang, „Das Verhältnis zwischen Frank Ullrich und mir ist auch wieder besser als zuvor", sagte Greis gestern. Greis wird aber weiter eigenständig trainieren, fernab von Ullrich, zusammen mit seinem Spezl Andi Birnbacher, daheim in Ruhpolding.
Dort, wo Greis sich im Sommer ein Haus gebaut hat, wohin auch Kathrin Hitzer von ihrer Heimat in der Schwäbischen Alb umgesiedelt ist. „Zusammengezogen sind wir aber noch nicht“, sagt Greis, „damit lassen wir uns noch Zeit." Auch bei den Biathlon-Weltcups, die Frauen und Männer, anders als die Alpinen, immer zur gleichen Zeit am gleichen Ort veranstalten, sind sie getrennt. Greis schläft mit Birnbacher im Zimmer. Und Hitzer mit Magdalena Neuner.
Greis meint noch, dass er es immer vermeiden wollte, eine Beziehung mit einer Biathletin zu haben, weil man da so viel über den Beruf reden würde. Jetzt stört ihn das nicht mehr, nun posiert er sogar mit seiner Freundin bei Werbeshootings für den gemeinsamen Sponsor Erdinger Weißbier. Glücklich wirkt er, mit sich im Reinen. Mit 32 geht er in den bald letzten Abschnitt seiner Karriere. Ein emanzipierter Einzelgänger, frisch verliebt. Florian Kinast