Bart hoch, Jungs!

Nur Platz 4 nach einem 26:36 gegen Frankreich. Trainer Heiner Brand spricht von einer »Demütigung«. Nun will er nur noch an Peking denken – und Lillehammer schnell vergessen.
von  Abendzeitung
Trauriger Schnauzer: Der Bart des Heiner Brand - einst war er das Erfolgssymbol der deutschen Handballer.
Trauriger Schnauzer: Der Bart des Heiner Brand - einst war er das Erfolgssymbol der deutschen Handballer. © az

Nur Platz 4 nach einem 26:36 gegen Frankreich. Trainer Heiner Brand spricht von einer »Demütigung«. Nun will er nur noch an Peking denken – und Lillehammer schnell vergessen.

Aufraffen wollten sie sich noch einmal, hart kämpfen um die Bronzemedaille. Und dann wurde es doch nicht nur eine Niederlage, sondern eine schmerzhafte Blamage. Nach dem knappen Halbfinal-Aus (25:26) gegen Dänemark, das sich am Sonntag durch ein 24:20 über Kroatien den EM-Titel sicherte, erlebten Deutschlands Handballer gestern ein Fiasko, 26:36 hieß es am Ende gegen Frankreich.

Mehr als das Minimalziel Halbfinale war nicht drin für den Weltmeister, für eine Wiederholung des Wintermärchens von 2007 reichte es nicht. Nun müssen sie auf Olympia hoffen. „Wir müssen im Hinblick auf die Spiele das Positive mitnehmen“, sagte Weltmeister und TV-Experte Christian Schwarzer.

Sie müssen wieder freudiger auftreten, mit ihrem Trainer Heiner Brand, der mit seinem nach unten hängenden Schnauzer immer so traurig aussieht. Darum: Bart hoch.

Dass es gestern aber noch trauriger schaute als sonst, war verständlich. „Das war eine Demütigung“, sagte der sichtlich mitgenommene Bundestrainer nach dem Debakel, bei dem seine Handballer schon früh 2:10 hinten lagen, „so etwas habe ich noch nicht erlebt. Ich habe immer wieder auf die Uhr geschaut und gehofft, dass die Zeit schneller vorbeigeht.“ Aber das tat sie nicht. So musste sich Brand beim Anblick des Spiels nicht nur länger quälen als ihm lieb war, es blieb ihm auch genug Zeit, das Spiel zu analysieren. Bevor er dann mit seinen Spielern härter ins Gericht ging als jemals zuvor. „Klar, wir hatten einen enormen Kräfteverschleiß während des Turniers, aber mir hat auch die Besessenheit gefehlt. Da waren keine dabei, die mit ihrer Körpersprache zeigen: Da geht’s lang. Wenn ich in die Gesichter geschaut habe, kam nichts. So schnell werde ich das nicht verarbeiten können.“

Verflogen war die gute Laune und die Lockerheit, als man nach dem Einzug ins Halbfinale den Abend im McDonald’s ausklingen ließ.

Am Ende wurde die EM nicht zum üppigen Maxi-XXL-Menü. Sondern zur halbgaren Sparversion, die Heiner Brand im Hals stecken blieb. Ob Brand jetzt wieder weniger der gute Kumpel sein wird, als vielmehr der harte Schleifer, der er damals bei Amtsantritt 1997 war, wie Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar in der „WamS“ schilderte: „Da gab es Regeln, die waren schlimmen als beim Militär. Um elf Uhr abends war Bettruhe, und Heiner saß auf dem Flur und hat kontrolliert. Brand war da absolut militant.“

Sehr deutlich war Brand in seiner Ansage Richtung Olympia. „Kein Spieler soll sich sicher sein, ich will Konkurrenzsituationen schaffen.“ Brand machte klar, dass er auf erfahrene Kräfte zählt. Auf Markus Baur, der nach der EM Trainer im Lemgo wird, für Olympia aber reaktiviert werden soll, und auch für Christian Schwarzer, den 38-Jährigen auf Abruf. Brand will nur noch an Peking denken – und Lillehammer vergessen.

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