Bad Boy für Bauermann

Endlich haben die Bayern einen neuen Center: Chevon Troutman kommt aus Italien – und saß dort nach einem Autounfall schon einmal im Gefängnis. Zudem bleibt die Hoffnung auf einen NBA-Star.
von  Julian Galinski
Chevon Troutman im Trikot von Ex-Klub Lyon, er hat auch schon in Frankreich gespielt.
Chevon Troutman im Trikot von Ex-Klub Lyon, er hat auch schon in Frankreich gespielt. © imago

Endlich haben die Bayern einen neuen Center: Chevon Troutman kommt aus Italien – und saß dort nach einem Autounfall schon einmal im Gefängnis. Zudem bleibt die Hoffnung auf einen NBA-Star

München - Würden die Basketballer des FC Bayern ihre Spieler per Stellenanzeige suchen, bei den verpflichtenden Anforderungen stünde ganz bestimmt Folgendes: „Herausragende menschliche und sportliche Qualität”.

Es ist eine der bevorzugten Formulierungen von Trainer Dirk Bauermann, um seine Spieler zu beschreiben, genauso gerne nennt er sie, vom College–Absolventen bis zum dreifachen Familienvater, „gute Jungs”. Wer für Bauermann spielen möchte, der braucht ein erstklassiges Führungszeugnis.

Mit dem neuen Center Chevon Troutman, der am Dienstagmorgen in München gelandet ist und von den Bayern nach bestandenem Medizincheck bis zum Ende der Saison unter Vertrag genommen wird, verhält es sich da auf den ersten Blick etwas anders: Weil der Verein nach dem Abgang von Leistungsträger Sharrod Ford dringend Bedarf nach einem spielstarken Center hatten, haben sie mit Troutman einen Spieler verpflichtet, der bisher eher nicht dafür bekannt war, älteren Frauen über die Straße zu helfen.

Im Mai 2010 waren Troutman (29) und sein Teamkollege Dee Brown in Italien mit einem E-Klasse-Mercedes viel zu schnell unterwegs und rammten einen entgegenkommenden Fiat Punto mit zwei Insassen. Wie sich später herausstellte, hatten beide getrunken. Nach dem Unfall, bei dem glücklicherweise niemand lebensgefährlich verletzt wurde, lieferten sie sich ein Handgemenge mit den Polizisten, über das sogar Italiens Sporttageszeitung Nummer 1, die seriöse „Gazetta dello Sport“ ausführlich berichtete und das jetzt in den deutschen Basketballforen heiß diskutiert wird. Auch weil Troutman und Brown damals vorübergehend mit dem Leben im Gefängnis Bekanntschaft machten.
 Bayerns Neuer – 2,02 Meter groß, muskelbepackt, manchmal trägt er Dreadlocks, manchmal Afro-Pferdeschwanz – ist also mehr Bad Boy und weniger guter Junge. Aber für den Verein gibt es gute Gründe, das Risiko einzugehen. Zumal Troutman per Twitter mitgeteilt hatte, in München „ein neues Leben” anfangen zu wollen.

Mit Ford, der wegen privater Probleme zurück in die USA ging, hatte der FC Bayern seinen besten Rebounder, Athleten und Verteidiger auf den großen Positionen unter dem Korb verloren.

In seinem letzten Spiel für seinen Ex-Verein Avallino in der starken italienischen Liga machte Troutman in 30 Minuten 18 Punkte und holte neun Rebounds. Das war gerade erst am 9. Oktober – die Bayern, die wohl ein Gehalt im Bereich von rund 500000 zahlen werden, konnten ihn offenbar loseisen, weil Avallino finanzielle Probleme hat. Im Schnitt schaffte Troutman, der aus Williamsport in Pennsylvania stammt und in der Kohlearbeiterstadt Pittsburgh das College besucht hat, in der vergangenen Saison in Italien 14,6 Punkte und 8,3 Rebounds.

Trotz seiner relativ geringen Körpergröße für einen Center ist er körperlich sehr präsent und verteilt auch den ein oder anderen Ellenbogen, wenn es sein muss. Das kann er schon am Mittwoch gegen Tübingen (19.30 Uhr, Audi Dome) zeigen.

Mit Troutman ist der Kader der Bayern wohl vorerst komplett. Weitere Neuverpflichtungen sind allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen. Am Montag wurde der Saisonstart der US-Profiliga NBA wegen des Streits um die Gehaltsobergrenze zwischen Gewerkschaft und Teambesitzern um zwei Wochen verschoben.

Scheitern weitere Gespräche zwischen den derzeit weit voneinander entfernten Parteien, ist auch ein Ausfall der Saison, ein kompletter Lockout, möglich. Damit steigen auch die Chancen für Auslandseinsätze von Stars wie den Nationalspielern Dirk Nowitzki (Dallas Mavericks) und Chris Kaman (Los Angeles Clippers). Nowitzki hatte zwar erklärt, nicht in Deutschland spielen zu wollen, aber eine höchst medienwirksame Verpflichtung Kamans ist weiterhin nicht ausgeschossen. „Chris ist ein hochinteressanter Spieler. Wenn die Saison ausfallen würde, müsste man darüber nachdenken”, hatte Bauermann betont. 

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