AZ-Check: Spitzingsee - kleiner Berg, volles Programm

Wenn es frisch geschneit hat, dann gibt's für pulververliebte Münchner kein besseres Ziel als den Spitzingsee. Das überschaubare aber dafür umso abwechslungsreichere Skigebiet im AZ-Check.
Wie soll man einen objektiven Testbericht beginnen, wenn einem der Pulverschnee gefühlt noch immer mannshoch um die Ohren staubt und der der Zug aus den Wadln noch gar nicht ganz wieder raus ist. Zunächst: Wir waren in Spitzingsee-Tegernsee. Das ist eines der vier münchennahen Skigebiete im Alpen-Plus-Verband, die wir unter anderem in dieser Serie unter die Lupe nehmen – und Wetter und Schneelage hätten besser nicht sein können.
Hier geht's zu Teil 1: "Wenn's pressiert, dann ab ins Brauneck"
Fixe Anreise, wenn man nicht im Berufsverkehr steckt
Wir machen uns am frühen Mittwochmorgen auf den Weg, diesmal mit dem Auto. Mit BOB und Bus geht's übrigens auch (Infos hier), und wer es eilig und nicht allzu viel zu transportieren hat, dem sei diese Möglichkeit ans Herz gelegt. Bis wir nämlich das Auto beladen und uns durch den erbarmungslosen Münchner Berufsverkehr auf die A99 Richtung Süden durchgekämpft haben, ist der Skitag schon um eine Stunde ärmer.
Anfahrt: Nachdem der Münchner Verkehrskollaps überstanden ist, braucht man eine gute Stunde nach Spitzingsee.
Von da an geht dann alles reibungslos auf der A8 bis Weyarn, durch Miesbach durch und am Schliersee vorbei. Nach einer weiteren guten Stunde biegen wir bei traumhaftem Wetter auf den Parkplatz direkt an der Stümpflingbahn, einem 4er-Sessel, der die Wintersportler fix auf knapp 1.500 Meter bringt. Wer im Tal schon etwas früher abbiegt, wird mit dem Kurvenlift (einem schier endlosen Schlepplift) gen Berg transportiert. Snowboarder (Schmerzen) oder nicht ganz so sichere Wintersportler (Stürze) sollten sich das allerdings gut überlegen. Auf der anderen Seite, bei Rottach-Egern, gibt es die Suttenbahn, ebenfalls ein 4er-Sessellift, der allerdings nur über eine Maut-Straße zu erreichen ist.
Bei Neuschnee geht Tourengehern und Freeridern das Herz auf
Schnell angezogen und die 20 Meter zum Lift marschiert, sagt uns die nette Dame an der Kasse, was wir bereits ahnen: "An guadn Dog habt's eich ausg'sucht". Am Stümpfling (1.484m) geht's links weg, auf die rote Talabfahrt, an deren Anfang ein 2er-Sessel (nur bei genügend Schnee) ganz nach oben auf den Rosskopf-Gipfel (1.580m) führt. Wir haben Glück: Nach den Niederschlägen der letzten Tage wurde die Abfahrt einen Tag vor unserer Ankunft als letzte im Gebiet geöffnet.
Für Tiefschnee-Liebhaber ist die dort abgehende, 3,5 Kilomter lange und nicht präparierte Grünsee-Abfahrt ein multipler Hochgenuss mit sich abwechselnden weiten Schneefeldern und Waldpassagen. Immer wieder begegnen einem Tourengeher – und die tun einem fast Leid, denn bis die oben sind, ist der ganze schöne Pulverschnee verspurt.
Hinter dieser Schneewolke hat ein AZ-Redakteur eine Mordsgaudi.
Gemütliche Einkehr zum fairen Preis
Wenn nach einigen Abfahrten der Magen knurrt, gibt's im Skigebiet genügend Hütten, dass man auch am Wochenende immer ein Platzerl findet. Wir sind in der Jagahütt'n, oben an der Stümpflingbahn eingekehrt. Hier gibt's Bedienung und kein SB, die Einrichtung ist gemütlich und nicht auf Massentourismus getrimmt, die Preise sind fair. Klassiker wie Germknödel (6,90 €), Gulaschsuppe (5,90 €) oder Brotzeit für Zwei (19,90 €) gibt's ebenso wie ausgefallenere Sachen. Die Spareribs mit Ofenkartoffel (13,50 €) und die Tricolore, also Spinatknödel und Nudeln mit zweierlei Soßen (12.50 €) jedenfalls schmecken hervorragend. Für die "Zwergerl" gibt's auf der Karte unter anderem Schnitzel (8,20 €) und Pommes (4,90 €)
Überschaubare 20 Pistenkilometer - viele Schlepplifte
Nach dem Mittagessen geht es auf den präparierten Pisten weiter. Hier finden sowohl Anfänger und Kinder (8,5 Kilometern blaue Pisten, Skischulen, Kids-Park, Übungshang) wie auch Fortgeschrittene und begnadete Ski- und Snowboardfahrer (7,5 Kilometer rote und 4 Kilometer schwarze Pisten) Hänge, die den eigenen Fertigkeiten entsprechen. Auch ein Funpark ist vorhanden, aber bei unserem Besuch noch nicht geöffnet.
Lustig: Am Kinderlift absolvierte auch eine Gebirgsjäger-Einheit der Bundeswehr Skikurs.
Die Gesamtgröße von 25 Kilometern Pistenlänge ist im Vergleich zu größeren Skigebieten überschaubar und an einem Tagesausflug vollständig zu erkunden. Es ist halt Geschmackssache, ob man sich lieber auskennt, oder lieber Entdecker spielt und dafür auch mal den Verlust der Orientierung in Kauf nimmt.
Einen kleinen Minuspunkt gibt's für die Liftanlagen. Die sind zwar clever platziert (kaum lästige Ziehwege!), jedoch handelt es sich bei den Liften hauptsächlich um Schlepper.
Après Ski? Schwierig.
Eine Après-Ski-Bewertung an einem Mittwoch außerhalb der Ferien kann ohnehin nur unter Vorbehalt erfolgen. Dennoch ist das klassische Après-Ski-Angebot mit Musik, Party und Heiterkeit stark begrenzt. Zumindest auf der Spitzingsee-Seite steht am Rande des Parkplatzes lediglich ein kleines gelbes Zelt, in dem bei unserem Besuch um 16.30 Uhr ca. acht Menschen stehen und sich in Zimmerlautstärke unterhalten. Als Sportler macht uns das aber nichts aus. Das isotonische Weißbier schmeckt und ist nicht tourimäßig überteuert. Ein rundum gelungener Skitag mit traumhaften Bedingungen geht zu Ende.
Fazit: Vor allem bei Neuschnee weiß das kleine aber dafür unglaublich abwechslungsreiche Spitzingsee-Skigebiet zu begeistern. Bei weniger guten Bedingungen schließen wir nicht aus, dass es Wintersport-Profis und Party-Löwen irgendwann fad werden kann. Für einen Tagesausflug für Münchner ist der Spitzingsee optimal gelegen, die Preise sind mehr als fair (siehe unten) und die Atmosphäre ist im Gegensatz zu vielen großen Touristen-Gebieten familiär und gemütlich. Wir kommen wieder.
AZ-Sternebewertung für die Skiregion Spitzingsee-Tegernsee: 4,5 von 5 Sterne
- Entfernung von München: knapp 70 Kilometer
- Anfahrtsdauer: 1 - 1,5 Stunden mit dem Auto, 1,5 Stunden mit Bahn und Bus
- Anfahrt: Mit dem Auto über die A8 Richtung Salzburg, Ausfahrt Weyarn oder Irschenberg. Mit der BOB im Stundentakt ab/an München zu den Bahnhöfen Tegernsee bzw. Fischhausen-Neuhaus. Von dort geht es mit dem Bus weiter zu den Talstationen.
- Kosten: Treibstoffkosten rund 15 Euro, Bahnfahrt pro Person 28,80 Euro oder Kombi-Tickets mit Tagesskipass für 48 Euro
- Staugefahr: Auf derRückfahrt auf der Bundesstraße Richtung Miesbach
- Tagesskipass: 33 Euro
- Pistenkilometer: 20 km Piste, 3,5 Kilometer unpräpariert
- Schneehöhen: 90 cm (Tal) 115 cm (Berg)
- Ausleih-Möglichkeiten: Anlaufstellen an den Talstationen Suttenbahn und Stümpflingbahn
- Mit Kindern: Übungshang mit Seillift
- Après-Ski-Level: Überschaubar
- Extra: Immer Mittwochs ist Lady's Day (ermäßigte Tagestickets für Damen für 18,50 Euro), Donnerstag und Freitag von 18:30 - 21:30 Uhr, Rodeln ab der Oberen Firstalm
- Mehr Infos zum Skigebiet unter: www.alpenbahnen-spitzingsee.de