Axel Schulz: Es war der beste Kampf meines Lebens
AZ: Herr Schulz, heute feiern Sie sozusagen die Silberne Hochzeit Ihrer Ring-Ehe mit Box-Legende George Foreman.
Axel Schulz: (lacht) So habe ich das noch nie gesehen oder formuliert gehört, aber das gefällt mir, werde ich selbst verwenden.
Ein Kampf, der auch Ihr Leben versilbert hat.
Sicher, ja. Schade, dass wir die Goldene Hochzeit wohl nicht schaffen, George ist ja schon 71, dann wäre er 96 und bis dahin bin ich wahrscheinlich selber in der Kiste. Schade, sonst hätten wir es vergolden können. Aber Spaß beiseite, natürlich hat mir dieser Kampf die Türen geöffnet, ich habe für damalige Verhältnisse gutes Geld erhalten, 500.000 D-Mark. Alles, was danach kam, wäre ohne diesen Kampf nie passiert. Aber man muss dazu sagen, nicht der Fight an sich hat mein Leben verändert, sondern der Verlauf des Kampfes, dass ich gegen eine Ring-Legende den besten Kampf meines Lebens gemacht habe. Denn der Fight war ja ein Risiko. Wäre ich in der ersten Runde peinlich ausgeknockt worden – wie ja fast jeder erwartet hat –, wäre meine Karriere kaputt gewesen. Wenn es so gekommen wäre, hätte ich wohl die Karriere beendet, wäre wieder normal arbeiten gegangen. Vor dem Kampf kam ja der Promoter Bob Arum in die Kabine und fragte mich, ob ich zumindest drei Runden durchhalten würde, damit die Fans nicht wütend werden. Da rutscht das Herz nochmal in die Hose.
Schulz hat das erste Angebot abgelehnt: "Was soll ich mit so einer Legende?"
Es kam ganz anders, Sie setzten Foreman gewaltig zu, punkteten ihn aus. Nahezu alle Experten sahen Sie klar vorne, sahen Sie als den Sieger.
Ich mich auch (lacht). Aber ich bin nicht verbittert. Wenn man im Ausland boxt und zudem gegen so eine Legende, musst du durch Knockout gewinnen. Ich war aber nie der große K.o.-Schläger, deswegen habe ich ihn nicht geknackt. Das war ja der Grund, warum George, er hatte ja schon Vorverträge für sehr lukrative Kämpfe unterschrieben, mich als Gegner ausgesucht hat. Er hatte keinerlei Angst, dass ich ihm nur im geringsten gefährlich werden könnte. Für ihn war ich nur Fallobst, ein Zeitvertreib, aber kein echter Gegner.
Sie wollten gegen Foreman ja zuerst auch gar nicht boxen.
Das stimmt. Das erste Angebot habe ich abgelehnt. Ich habe mir gedacht, was soll ich denn mit so einer Legende im Ring? Er war ja dafür bekannt und gefürchtet, dass er mit den härtesten Schlag überhaupt im Boxsport hatte. Haben Sie Bilder von mir damals gesehen?

Ja.
Ich war doch nur ein Bubi. Kein Wunder, dass er keine Angst vor mir hatte, so wie ich aussah. Mein Promoter Wilfried Sauerland hat mir dann die Zeit gelassen, über das Angebot nochmal nachzudenken. Mit meinem damaligen Trainer Manfred Wolke haben wir dann die Kämpfe von Foreman nach seinem Comeback analysiert, eine Strategie entwickelt. Und irgendwann waren wir sicher: Wenn wir auf Schnelligkeit, auf Kondition, auf Jugend setzen und im Rückwärtsgang boxen, habe ich eine echte Chance. Ich war mir sicher, dass ich gewinnen kann. Also haben wir angenommen.
Wladimir Klitschko war der härteste Puncher für Schulz
Wie war dieser Moment, als Sie der Legende Foreman dann im Ring gegenüberstanden?
Er ist schon imposant. Als er dann von den Fans vor dem Kampf so gefeiert wurde, war ich so aufgedreht, dass ich mir gesagt habe: "Ich pfeife auf den Kampfplan. Ich gehe voll in den Fight. Nichts da mit Rückwärtsgang." Ich greife also an und wir sind aufeinandergeprallt. Er hat mich nur so weggeschubst, nicht mal geschlagen. Da merkte ich: "Scheiße, was hat der für Kräfte. Der Ausgangsplan ist doch besser, ich lege den Rückwärtsgang ein." Und ich muss sagen, Foreman hatte eine der besten Linken, die ich je erlebt habe. Die kam völlig ansatzlos – und hart.
War er der härteste Puncher, mit dem Sie je im Ring waren?
Nein, das war Wladimir Klitschko. Dessen linker Haken war noch viel härter. Aber man kann die Situationen nicht vergleichen. Gegen Foreman war ich voller Selbstbewusstsein. Den Kampf gegen Wladimir wollte nur ich, sonst keiner im Team. Und ich hatte richtig Muffensausen, da spürst du Schläge noch ganz anders.

Wie sehr schmerzt die Niederlage gegen Foreman noch?
Gar nicht. Es war der Kampf meines Lebens, ich habe eine Legende geärgert. Nach dem Fight habe ich mir ein Taxi genommen, um mit meinen Kumpels zu feiern. Der Taxifahrer sagte zu mir: "Du bist gerade beschissen worden, die Fahrt geht auf mich." Da wusste ich, mein Leben hat sich gerade verändert. Was wirklich schmerzt, ist die Niederlage im WM-Kampf gegen Frans Botha.
Der, wie später rauskam, gedopt war. Erst Jahre später hat man Ihnen den WM-Gürtel für den Kampf überreicht.
Ja, aber das ist nicht das Gleiche. Die Geschichtsbücher werden deswegen nicht umgeschrieben. Max Schmeling wird trotzdem überall der einzige deutsche Schwergewichtsweltmeister bleiben.
"Foreman hat nie zu mir gesagt, dass er gegen mich verloren hat"
Haben Sie noch Devotionalien von dem Foreman-Kampf?
Den Mantel habe ich einem guten Freund geschenkt. Die Handschuhe, die ich damals getragen habe, wurden mir vor zwei Jahren bei einem Fotoshooting leider geklaut. So ein Arsch. Aber selber Schuld, meine Frau hat mich damals schon beschimpft: "Warum nimmst du zu so was die echten Handschuhe mit?" Aber ich will eben immer authentisch sein.
Hat Foreman je zugegeben, dass er gegen Sie verloren hat?
Nie. Er hat das nie zu mir gesagt. Aber für ihn bin ich auch nur einer von vielen Gegnern. Wir wollten uns jetzt in den USA treffen, aber dann kamen leider das Coronavirus und das Einreiseverbot dazwischen.
Dann hätten Sie ja ein Wettessen machen können, Sie machen beide in Grills.
Das wäre witzig. Aber beim Burgerwettessen hätte ich keine Chance. Das wäre ein klarer Sieg, bei dem es sicher keine Kontroversen drüber geben würde, wer Sieger ist. (lacht)
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