Augsburg-Fan Johannes Rydzek: Mit Fußballern will ich nicht tauschen

Der 27-jährige Johannes Rydzek ist Doppel-Olympiasieger und sechsmaliger Weltmeister in der Nordischen Kombination. Im AZ-Interview verrät der Allgäuer, wieso sein Herz für Augsburg schlägt – und nicht für den FC Bayern.
von  Florian Kinast
Johannes Rydzek im AZ-Interview.
Johannes Rydzek im AZ-Interview. © imago/Minkoff

AZ: Herr Rydzek, warum schlägt das Herz eines Erfolgskombinierers für den FC Augsburg und nicht für den erfolgsverwöhnten FC Bayern?
Johannes Rydzek
: Ich bin in Oberstdorf aufgewachsen, im schönen Allgäu, da bist du eben Schwabe und nicht Oberbayer. Augsburg war immer viel präsenter als München. Dann fing auch noch meine Freundin und jetzige Frau Lissi in Augsburg ihr Studium an. 2011, genau im Aufstiegsjahr in die Bundesliga. Das ergab sich einfach so, dass mein Herz eher für den FCA schlägt als für den FCB.

Waren Sie in Ihrer Jugend auch ein guter Fußballer?
O nein, ich war überhaupt nicht begnadet und hab mich früh auf Wintersport spezialisiert.

Rydzek: "War von klein auf immer an der Schanze dabei"

Ihr Vater spielte Eishockey beim EC Oberstdorf, wäre das nichts gewesen?
Mit meiner Figur? Da hätte ich ein bisschen mehr an meiner Statur arbeiten müssen. Für Eishockey fehlt mir die Masse.

Wie kamen Sie zu Ihrem Sport? Ihr Kindheitstraum war sicher nicht: mal Nordischer Kombinierer zu werden.
Meine Eltern haben bei der Vierschanzentournee immer im Skiklub mitgeholfen, ich war von klein auf immer an der Schanze dabei, bin damit groß geworden und habe irgendwann angefangen selbst zu springen. Mit acht bekam ich dann auch noch Langlauf-Ski geschenkt und als ich gemerkt habe, dass mir beides ganz gut taugt, lag die Entscheidung für die Kombination auch nahe.

In München erkenne den Doppel-Olympiasieger keiner

Was das Gehalt angeht, die Aufmerksamkeit und Prominenz, würden Sie da mit einem Fußball-Profi tauschen?
Wirklich nicht. Mir geht es finanziell gut, mir fehlt es an nichts. Ich bin sehr dankbar dafür, nicht so im Rampenlicht zu stehen und mich frei bewegen zu können. Als Fußballer könnte ich ja nicht mal mehr unerkannt zum Einkaufen gehen. Hier in Oberstdorf kann ich zum Bäcker, und wenn mich Leute ansprechen, dann ist das auch nicht aufdringlich, sondern ehrlich. Manchmal beglückwünschen sie mich, wenn ich einen Erfolg hatte, und wenn es mal nicht gut lief, dann richten sie dich wieder auf. Man kennt sich hier einfach. Oberstdorf ist nicht so groß. Wenn ich durch München gehe, kennt mich keiner.

Die Kombination führte im Wintersport lange ein Schattendasein, hat an Stellenwert zuletzt aber enorm dazugewonnen. Trotzdem, ist da nicht noch Luft nach oben?
Doch, man kann immer mehr machen. Dass die Zuschauer manchmal zwischen Springen und Langlauf sechs, sieben Stunden vor Ort sein müssen, nur weil es dem Fernsehen so besser passt, ist wenig hilfreich. Gleich von der Schanze rein in die Langlaufski, das zeitlich zu komprimieren, würde die Kombi sicher attraktiver machen.

Wie steht es eigentlich mit der Gleichberechtigung? 2022 bei Olympia sind noch immer keine Frauen am Start, warum ist die Kombi immer noch eine reine Männerdomäne?
Weiß ich auch nicht. Die ganzen Argumente und Vorurteile, dass Skisprung nichts für Frauen ist, sind ja schon veraltet.

Karriereende noch nicht in Sicht

Die Heim-WM im übernächsten Winter wird sicher ein Karriere-Höhepunkt. Was denken Sie denn, wenn Sie wie neulich die Grusel-WM der Leichtathleten in Katar sehen, oder mit Ihren Erfahrungen der stimmungslosen Winterspielen in Pyeongchang 2018?
Für mich als Sportler ist das sehr traurig und schwer zu verstehen, warum Großereignisse an solchen Orten ausgetragen werden müssen. Auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit und die Umwelt. Aber es geht eben nur ums Geld, wir Athleten kommen da an allerletzter Stelle. Es ist nur sehr schwer, etwas dagegen zu tun. Ich kann als Leistungssportler ja nicht sagen, ich fahre da nicht hin, weil mir Olympische Spiele an dem und dem Standort nicht passen. Wenigstens sind unsere Weltmeisterschaften immer an den richtigen Orten. Zuletzt Seefeld, Oslo, Falun, Lahti, jetzt dann Oberstdorf, da gehört der Sport auch hin. Und Mailand und Cortina als Ausrichter von Olympia 2026 ist ja auch der Schritt in die richtige Richtung.

Sind Sie dann noch dabei? Denken Sie manchmal schon ans Karriereende?
Ich mag mich da nicht festlegen, lasse das auf mich zukommen und hoffe, den richtigen Moment zu erwischen. So lang es mir noch Spaß macht und ich mithalten kann, bin ich dabei, und irgendwann wird sicher der Tag kommen, an dem ich sage: War eine coole Zeit, aber es reicht jetzt auch. Ich studiere Wirtschaftsingenieurwesen, vielleicht lässt sich das später auch mit dem Sport verbinden, ich sehe das entspannt. Im Moment schreibe ich gerade an meiner Bachelor-Arbeit.

Wann ist Abgabe?
Ende März. Langweilig wird’s mir im nächsten Winter sicher nicht.

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