Auf eigene Faust

Weltmeister Felix Sturm hat sich unabhängig gemacht. Nun verteidigt er erstmals nach der Trennung vom Boxstall Universum seinen Titel.
KÖLN Mit seinem Namen, der eigentlich nur sein Künstlername ist, lassen sich schöne Wortspiele formulieren. „Sturm über Köln“ titelt das Fachblatt „Boxsport“. „Sturmwarnung in Sat.1“ verheißt der Privatsender, als ziehe ein Tief „Felix“ über dem Rhein.
Felix Sturm alias Adnan Catic, so der eigentliche Name des gebürtigen Leverkuseners, boxt nach 14 Monaten wieder. Am Samstag geht es gegen Giovanni Lorenzo um den Titel (22.15 Uhr, Sat.1 live). So ändern sich die (Fernseh)-Zeiten. Das ZDF zeigt seit dem 31. Juli keine „Universum Champions Night“ mehr. Neben den Sparzwängen war es für das ZDF einer der Hauptgründe, nach acht Jahren und rund 150 Millionen Euro den Vertrag mit dem Universum-Boxstall von Promoter Klaus-Peter Kohl (66) nicht mehr zu verlängern, da Kohl keinen Sturm mehr zu bieten hatte.
Der Mittelgewichts-Champion hat sich selbstständig gemacht und gibt am Samstag in der Kölner Lanxess Arena sein Comeback gegen Giovanni Lorenzo (28), einen in New York lebenden Dominikaner.
14 Monate hat Sturm nicht mehr geboxt, weil er nicht mehr für Kohl boxen wollte. Der Fighter hat sich schließlich freigekauft, ist jetzt Veranstalter, Hauptkämpfer, Manager und Quotenbringer in einer Person. Und er ist trotz der langen Pause immer noch Weltmeister, „Super Champion“ sogar nach der Diktion der World Boxing Association (WBA). Der Verband betrachtet Sturm als Aushängeschild und drängte ihn nicht, die längst fällige Pflichtverteidigung anzutreten. Herausforderer Giovanni Lorenzo, Siebter der WBA-Weltrangliste, hat von 31 Kämpfen zwei verloren.
Rund eine Million Euro dürfte Sturm die Selbstständigkeit, die sich einst auch die Klitschkos für Geld bei Kohl erkaufen mussten, gekostet haben. Der Weltmeister meint, das sei es Wert gewesen. „Ich kann mich endlich selbst verwirklichen“, sagte er. Doch für ihn wird das nun auch ein „Tanz auf der Rasierklinge“ („Boxsport“). Der Fighter trägt nicht nur das sportliche, sondern auch das große finanzielle Risiko. Sturm sagt daher: „Das ist der schwerste Kampf meines Lebens.“
Er muss einen attraktiven Kampf liefern. Denn nur dann wäre der nächste Auftritt bei Sat.1 gesichert. „Verträge werden nur erfolgsabhängig abgeschlossen, denn nur wer Marktanteile bringt, bleibt unser Partner“, stellt Sat.1-Sportchef Sven Froberg klar.
Ein halbes Jahr lang hatte der Weltmeister das Nichtstun und die Ruhe, das Familienleben mit Ehefrau Jasmin und dem im Herbst geborenen Sohn Mahir genossen – und 15 Kilo zugenommen. Aber dann packte Sturm seine Eigenständigkeit an. Er gründete das Unternehmen PlusOne, mit seinem Manager Roland Bebak als Geschäftsführer. Dessen Institut für Fitness und Ernährung in Köln-Süd ließ der Boxer in sein privates Gym umbauen. Auch dieser Teil der Selbstverwirklichung kostete. Rund 350000 Euro, heißt es. Ein Fitness-Trainer, Clive Salz, sorgte dafür, dass der so körperbewusste Boxer wieder einen Body mit Waschbrettbauch bekam. Und Fritz Sdunek (63) sprang als Trainer ein. Der Coach, der einst etwa Dariusz Michalczewski zum Weltmeister machte und sich aktuell noch um Vitali Klitschko kümmert, ist nach einer Hüftoperation fit und frei, seinen neuen Schützling in der Endphase der Vorbereitung feinzuschleifen. „Vitali hat nichts dagegen“, sagt Sdunek, „aber er bleibt natürlich meine Nummer eins.“
Hartmut Scherzer