Auch Obergföll und weitere Deutsche gehackt
Köln - Die russische Hacker-Gruppe Fancy Bear hat weitere Details über medizinische Berichte von Top-Athleten veröffentlicht. Zu der 25 Sportler umfassenden Gruppe gehören erstmals auch deutsche Athleten: die Leichtathleten Robert Harting und Christina Obergföll sowie die Schwimmer Christian vom Lehn, Franziska Hentke und Christian Reichert.
"Natürlich ist das ätzend. von Hackern durchleuchtet zu werden", sagte die ehemalige Speerwurf-Weltmeisterin Obergföll dem SID und erklärte: "Es ist nicht schön, aber auch nicht wirklich schlimm, weil ich nichts zu verbergen habe."
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Dopingvergehen hat keiner dieser Athleten begangen, da für die aufgeführten verbotenen Substanzen Ausnahmegenehmigungen vorlagen beziehungsweise kein Dopingtatbestand vorlag. "Aus diesen Daten lassen sich beim besten Willen keine Dopingfälle konstruieren, nicht mal ansatzweise", sagte Doping-Experte Fritz Sörgel dem SID.
Den Vorgang bestätigte die Welt Anti Doping Agentur WADA, dessen Datenbank die Gruppe gehackt hatte. Unter den 25 Athleten aus acht Nationen sind auch die beiden britischen Tour-de-France-Sieger Christopher Froome und Bradley Wiggins zu finden.
Die WADA entschuldigte sich bei den betroffenen Sportlern und verurteilte den "kriminellen Angriff" scharf. WADA-Generalsekretär Oliver Niggli forderte die russische Regierung auf, "alles in ihrer Macht stehende zu tun, die kriminellen Aktivitäten zu stoppen". Fortgesetzte Cyber-Attacken würden den Wiederaufbau eines regelkonformen Anti-Doping-Systems in Russland "ernsthaft untergraben", sagte Niggli.
Der russische Sportminister Witali Mutko bestritt nach den ersten Attacken am Mittwoch eine Beteiligung russischer Behörden und dass die Cyber-Attacken überhaupt russischen Ursprungs seien. Fancy Bear hatte bereits Daten der viermalige Turn-Olympiasiegerin Simone Biles, der Tennis-Stars Serena und Venus Williams sowie von Basketball-Olympiasiegerin Elena Delle Donne (alle USA) veröffentlicht.
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Die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) forderte von der WADA am Donnerstag "konkrete Handlungsanweisungen zum weiteren Vorgehen im Umgang mit ADAMS durch Athletinnen und Athleten." Deutsche Sportler müssen weiterhin ihre Aufenthalte über das Meldesystem ADAMS angeben, "es herrscht verständlicherweise großes Misstrauen", sagte NADA-Vorstand Lars Mortsiefer dem SID.
Die NADA kündigte zudem an, staatliche Ermittlungsstellen einzuschalten. Man habe Ansprechpartner beim Bundeskriminalamt, Zoll sowie bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft. "Der Tatort liegt zwar nicht in Deutschland, doch deutsche Bürger sind betroffen", sagte Mortsiefer.
Sportmediziner Perikles Simon zeigte sich nicht überrascht, dass die Datensicherheit der WADA kein Top-Niveau habe, er verglich die Behörde mit einem "kleinen mittelständischen Unternehmen". "Der olympische Sport, der Milliarden umsetzt, muss sich überlegen, was ihm die Sicherheit seiner Athleten wert ist. Im Moment sind es gerade mal ein paar Pfennige", sagte Simon dem SID.