Auch Milram mag nicht mehr!

Das Unternehmen will aufgrund der anhaltenden Doping-Diskussion aus den Verträgen, die noch bis 2010 laufen, "baldmöglichst" aussteigen. Milram hat seine Anwälte eingeschaltet, um alle Rechtsmöglichkeiten auszuschöpfen.
Jetzt zeigen sich die ersten Spätfolgen des jahrelangen Dopingmissbrauchs. Ein Rennstall nach dem anderen segnet das zeitliche. nach Team Telekom und Gerolsteiner droht nun Team Milram, dem letzten noch verbliebenen deutschen Elite-Rennstall, das gleiche Schicksal. Aufgrund der anhaltenden Dopingdiskussionen plant Milram möglichst bald den Ausstieg aus dem gebeutelten Sport. Das bestätigte eine Konzern-Sprecherin. Das letzte verbliebene deutsche ProTour-Team steht somit nur wenige Wochen nach dem Ausverkauf bei Gerolsteiner ebenfalls vor dem Aus. Für den deutschen Profi-Radsport wäre dies wohl der Todesstoß.
„Ich habe von Seiten Milrams noch nichts gehört. Fakt ist, dass ich einen Zweijahresvertrag habe und meine Saison weiter so plane wie bisher“, sagte Linus Gerdemann. Zuvor hatte die Nordmilch AG, Mutterkonzern der Marke Milram, einen Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bestätigt. Demnach prüfen die Rechtsanwälte derzeit, wie schnell Nordmilch aus dem bis 2010 laufenden Vertrag aussteigen kann.
Teamchef Gerry van Gerwen zeigte sich von den aktuellen Entwicklungen bei seinem Geldgeber völlig überrascht. „Ich habe davon nichts mitbekommen“, sagte der Niederländer. Selbst nach dem Ausstieg von ARD und ZDF von der Liveübertragung der Tour de France hatte Milrams Marketing-Vorstand Martin Mischel bekräftigt, sich zumindest bis Ende 2009 weiter zu engagieren.
Allerdings hatte sich der Milchkonzern Anfang November von Mischel getrennt. Laut Pressemeldungen waren „unterschiedliche Auffassungen über die weitere Geschäftspolitik des Unternehmens“ der Grund. Nun scheint das Radsport-Sponsoring in dem Konzern mit der Person Mischel zu fallen. Wie der Aufsichtsratsvorsitzende Otto Lattwesen bestätigte, habe es stets Vorbehalte gegen den Radsport gegeben. „Wir sind das einzige deutsche Radteam, aber keiner schaut mehr hin“, sagte Lattwesen der FAZ. Allerdings warnte er gleichzeitig vor einer Überreaktion seitens der Konzernspitze: „Ich würde nicht raten, sofort zu sagen, wir springen da raus.“ Derzeit werden alle Möglichkeiten geprüft, man brauche eine saubere Vorlage. Eine dieser Vorlagen könnte eine Verkürzung des Engagements um ein Jahr bis Ende 2009 sein. Zudem sollen die finanziellen Leistungen um die Hälfte gekürzt werden. Ein ProTour-Team kostet je nach Anspruch zwischen sechs und zehn Millionen Euro pro Jahr. Den Großteil davon tragen die Hauptsponsoren, die gleichzeitig als Namensgeber fungieren.
Welche juristischen Tricks die Nordmilch-Anwälte auch immer für einen Ausstieg finden werden, fest steht wohl, dass es spätestens ab 2010 kein erstklassiges deutsches Radteam mehr geben wird. Die von der Operacion Puerto 2006 losgetretene und unter anderem vom Geständnis des früheren Telekom-Profis Bert Dietz im Mai 2007 beschleunigte Lawine scheint den Sport in Deutschland elf Jahre nach Jan Ullrichs Tour-Sieg endgültig unter sich zu begraben. Den Anfang hatte T-Mobile Ende 2007 nach zahlreichen Doping-Geständnissen früherer Fahrer gemacht. Hans-Michael Holczer fand in diesem Jahr für seine stets als Saubermann-Team verkaufte Gerolsteiner-Equipe keinen neuen Geldgeber mehr. Prompt folgten positive A-Proben der beiden Stars Stefan Schumacher und Bernhard Kohl. Milram blieb von Dopingfällen bisher verschont. Genützt hat es offenbar nichts.