Armstrongs Attacke
Der Amerikaner fährt auf der 3. Tour-Etappe die Team-Hierarchie über den Haufen, düpiert Teamchef Contador, sprintet zur Nummer 1 bei Astana und kann sich am Dienstag das Gelbe Trikot holen.
LA GRANDE-MOTTE Husarenstreich und Rebellion gegen den Teamchef zugleich: Pokerface Lance Armstrong rollte über den Zielstrich und lachte sich ins Fäustchen. Dem siebenmaligen Champion ist bei der 3. Tour-Etappe der große Coup geglückt. Mit einem Schlag ist der Texaner zur Nummer 1 im Astana-Team aufgestiegen und hat seinen Rivalen Alberto Contador düpiert und zum großen Verlierer degradiert.
„Mir ist das ganze Drama und das Gerede um die Kapitänsrolle egal. Ich habe sieben Mal die Tour gewonnen, ich verdiene etwas Respekt“, sagte Armstrong süffisant, nachdem er in einer 27-köpfigen Spitzengruppe insgesamt 41 Sekunden auf nahezu alle Favoriten herausgefahren hatte.
Da neben Contador auch die Astana-Fahrer Andreas Klöden und Levi Leipheimer im Feld wertvolle Zeit einbüßten, könnte der 37-jährige US-Boy am Dienstag im 39 km langen Mannschaftszeitfahren sich sogar das gelbe Trikot schnappen. Dafür müsste Armstrong, der nun Dritter ist, insgesamt 40 Sekunden mit seinem Team auf den Führenden Fabian Cancellara aufholen.
Rolf Aldag ist davon fest überzeugt: „Diese Etappe hat dafür gesorgt, dass der gute alte Lance Armstrong ins Gelbe Trikot fahren wird.“
Nach einer 160 km langen Bummelfahrt überschlugen sich die Ereignisse. Urplötzlich entstand zwischen dem Columbia-Zug und dem Peloton ein Loch. Armstrong bewies den richtigen Riecher und stürmte mit der Führungsgruppe davon. Ohne seinen Kapitän Contador.
Im Astana-Team dürfte deshalb für reichlich Zündstoff gesorgt sein. Armstrong sowie seine beiden Teamkollegen Haimar Zubeldia und Jaroslaw Popowitsch beteiligten sich sogar an der Führungsarbeit der Fluchtgruppe. Für Contador ein Affront. Damit ist Armstrong nun in der Position, die er sich immer gewünscht hatte. 19 Sekunden vor Contador liegend kann er nun eigene Führungs-Ansprüche geltend machen.
„Dass Contador zurückfällt, war nicht mein Ziel. Es war keine Attacke, es ist einfach passiert. Von mir war es gute Positionsarbeit, Erfahrung und Glück“, beschrieb Armstrong die Schlüsselszene.
Wer’s glaubt. Es ist kein großes Geheimnis, dass es im Astana-Team längst zwei verfeindete Gruppen gibt. Der Amerikaner Levi Leipheimer und der Ukrainer Jaroslav Popowitsch stehen Armstrong näher. Andreas Klöden, der Spanier Haimar Zbeldia und der Portugiese Sergio Paulinho machen gemeinsame Sache mit Contador. Armstrong, so heißt es bei Astana, habe sich bei seinem Comeback ohnehin kaum Freunde gemacht. Seine taktischen Hinweise hätten ebenso für Irritationen gesorgt, wie seine Forderung nach obligatorischem Englischunterricht für alle Astana-Fahrer. H.S, K.B.
- Themen:
- Lance Armstrong