Armin Achilles: Der bekannteste Freizeitsportler
Achim Achilles, wie wird man Deutschlands bekanntester Freizeitsportler?
Ich hab’ ja schon früh etwas vorgemacht, was im Sport eher ungewöhnlich war: Ich konnte über mich und mein Treiben lachen. Das Laufen wird oft wahnsinnig ernsthaft betrieben. Mit Trainingsplänen und Befehlen wie: Hört auf zu essen, hört auf zu trinken, hört auf Menschen zu treffen! Dabei ist Laufen doch viel mehr als systematisches Trainieren. Laufen ist Lifestyle, auch ein gesellschaftliches Ereignis. Auch Männer zeigen, dass sie Mut zum Epilieren haben und sich die Beine rasieren. Die Schuhe, die Klamotten, das ganze Zubehörzeug: Das ist Lifestyle, Fashion. Betrieben von Menschen, die längst nicht mehr alle auf die Uhr schauen. Die auch über sich lachen können. Das hat Achilles kultiviert, damit kokettiert er.
Achilles muss sich nichts über Leistungen und beweisen?
Ich habe mich freigemacht von diesem Zeitmist. Das quält einen nur. Andererseits bin ich eine multiple Persönlichkeit. Wenn ich keine Chance hab, sag ich immer, die Zeit ist egal. Wenn ich sehe, hier geht was, ist die Zeit plötzlich total wichtig. Wir Freizeitsportler sind situative Ethiker: wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt.
Keinen Ehrgeiz mehr?
Mein größter Ehrgeiz ist der, nicht mehr verletzt zu sein. Ich hatte in der Anfangszeit immer was: Mal ziepte das Knie, dann die Achillessehne, Muskelfaserriss, immer irgendwas. Die Erklärung ist einfach: Ich wollte zu schnell zu viel. Es ist für einen Anfänger keine gute Idee, dreimal die Woche Tempozeugs zu machen, Intervalle. Okay, man wird schneller, aber der Körper kommt nicht mit. Man tut so, als sei man Spitzensportler, aber der Körper sagt: Du bist es nicht. Meine Grundregel heißt heute: eine Stunde Sport am Tag, am Wochenende zwei. Da zähle ich mit dazu, wenn ich mit dem Fahrrad durch die Stadt fahre.
Eine Stunde Sport am Tag? Wer kriegt das schon hin?
Das höre ich immer: Wie machst Du das denn? Ich sage: Einfach loslaufen! Wer mir dann sagt, er hätte nicht die Zeit dafür und im nächsten Satz erzählt, was gestern im Fernsehen kam, dem sage ich: Wenn Dir die Glotze wichtiger ist als Deinen Hintern zu bewegen, kann ich auch nichts tun. Ich schaue kein Fernsehen. Ich mache Sport.
Ist Laufen für Sie eine Sucht?
Ich bin ein klassischer ADHS-Kandidat, ADHS im Alter. Ich muss mich austoben. Ich habe den Hang zur Bewegung. Wenn ich zwei Tage im Büro bin, dauernd Meetings habe, Konzepte schreibe: Da werde ich ganz unleidig. Meine Frau sagt dann immer: Hör auf hier zu Hause rumzupesten, geh vor die Tür, tob dich aus! Ich bin wie ein Hund, den man nach draußen jagt.
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Wie viel Kunstfigur ist Achim Achilles? Oder wie sehr sind Sie das wirklich selbst?
Ganz schön viel. Der Politik-Journalist Schumacher...
...Ihr erstes Ich...
...sollte sich ja irgendwo im Seriösen bewegen, während Achim Achilles auch hemmungslos rumpöbeln darf. Das tue ich auch gerne. Laufen ist wie Männerumkleide nach dem Sport, da gelten andere Gesetze – die des ungehobelten Kerls. Man darf fluchen, heulen, motzen, kotzen. Man denkt ja immer, Sport ist fair – völliger Quatsch! Sport ist total animalisch. Und Achilles ist das Tier in mir. Mir hat mal ein Psychologe gesagt, das ist total reinigend, lass es raus!
Sie sind 50 geworden – Läufern sagt man gern eine Midlife Crises nach.
Klar, das ist ja ein langer Prozess. Mit 30 fängst du an, eine Familie zu gründen, um die 40 hast du beruflich Deinen Höhepunkt erreicht, und wenn Du dann 10, 15 Jahre eine Familie hast, kommen die ersten Routinephasen. Und das Laufen ist ein Teil Verarbeitung, Bewältigungsstrategie. Das hat etwas Reinigendes.
Was meinen Sie?
Das Gefühl körperlicher Erschöpfung ist super, gerade für Büromenschen. Sport ist ganz einfach, ganz elementar: Boah, ich bin kaputt, ich hab Durst, bin verschwitzt, genieße es unter der Dusche zu stehen und den ganzen Dreck einfach abzuwaschen. Das hat so etwas Archaisches - wie Hollywood: Wie wenn Clint Eastwood alle seine Feinde abgeknallt hat und dann unterm Wasserfall steht und sich aller Sünden entledigt.
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