Alles Gute, Günter! Sepp Maier gratuliert Netzer in der AZ zum 75.

Gladbach-Legende Günter Netzer wird an diesem Samstag 75 Jahre alt. Die AZ blickt mit Sepp Maier auf seine große Karriere zurück.
München - Für Günter Netzer nimmt man sich gerne Zeit. Auch wenn man gerade im schönen Südtirol im Urlaub ist und eigentlich Besseres zu tun hat. Egal, über seinen ehemaligen Mitspieler redet Sepp Maier mit Vergnügen: "Jetzt hat er mich endlich eingeholt, der Günter", ruft er ins Telefon, "ich bin ja schon seit Februar 75."
Günter Netzer: Deutschlands erster Fußball-Popstar
In der Tat: Günter Netzer feiert an diesem Samstag 75. Geburtstag. Der Mann, der nicht nur einer der besten Mittelfeldspieler war, der mit langen Pässen viele Spiele seiner Teams prägte. Netzer war auch: Deutschlands erster Fußball-Popstar, coole Stil-Ikone, Genie, Rebell, Aufsässiger, blond wehende Langhaarmähne, Besitzer von 20 Ferraris und einer Diskothek namens "Lovers Lane", verheiratet mit einem Fotomodell, in den 70ern Herausgeber der noch heute existierenden Stadionzeitung "Fohlenecho", zielsicher mit fünf Treffern an der Torwand des "Sportstudios", Grimme-Preisträger mit Gerd Delling, in Gladbach als Bronze-Figur verewigt, mit den Ex-Mitspielern Berti Vogts und Herbert "Hacki" Wimmer. Und damit wieder zu Sepp Maier.

Günter Netzer, der Weltmeister, der sich nicht als einer fühlt
"Der Hacki hat heute zwei künstliche Hüften", erzählt die Bayern-Legende, "weil er immer alles für den Günter mitlaufen musste. Das Kämpferische, das war nicht so seins. Anders als beim Wolfgang Overath. Der Günter war eher so ein Techniker wie der Beckenbauer. Aber diese Spielübersicht und die Freistöße: Das war schon großartig für die Zeit damals." Seine beste Zeit auf dem Rasen erlebte Netzer wohl bei der EM 1972. Wenn es darum geht, welche deutsche Nationalmannschaft wohl den schönsten Fußball gespielt hat, dann wird stets die 72er-Elf genannt – mit dem Regisseur Netzer.
Doch zwei Jahre später bei der Heim-WM hieß der Regisseur Overath, und Netzer saß fast nur auf der Bank, spielte während des Turniers lediglich rund 20 Minuten und fühlt sich daher bis heute nicht als Weltmeister. Konkurrent Overath sagte über ihn: "Egal, wie er sich gekleidet, welche Autos er gefahren oder was er alles erreicht hat: Er ist immer ein ganz feiner Mensch geblieben." Und Maier sagt: "In der Nationalmannschaft konnte er nie richtig Fuß fassen, aber für Gladbach war er unersetzlich."
Mit der Borussia wurde Netzer Pokalsieger und zwei Mal deutscher Meister. Vier weitere Titel holte er mit Real Madrid, wo er der erste deutsche Spieler der Vereinsgeschichte war und das für damalige Verhältnisse unfassbare Jahresgehalt von 295.000 DM verdiente. Die Ablösesumme: 720.000 DM.

Selbst-Einwechslung und Sensationstor zum Abschied
Torschütze des Jahres war der Mann mit der 10 auf dem Trikot zwei Mal in Folge, und jeder nur halbwegs Fußballinteressierte kennt die Geschichte zu dem Winkelknaller von 1973: In seinem letzten Spiel für Gladbach im Pokalfinale gegen den Lokalrivalen 1. FC Köln verzichtete Trainer Hennes Weisweiler zunächst auf seinen Spielmacher, doch als es in die Verlängerung ging, wechselte sich Netzer selbst ein und erzielte per sensationellem Linksschuss das 2:1-Siegtor – und verabschiedete sich somit Richtung Madrid.
Legendär auch Netzers Humor. "Der Günter ist ein lustiger Mensch", erzählt Maier, der sich mit Späßen auskennt, "er hat so einen verschmitzten Humor." Möge ihm das Lachen und Scherzen so schnell nicht vergehen!
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