Ali: „Er traf nach Belieben“

Heute vor 50 Jahren gab Cassius Clay, der als Muhammad Ali zur Legende werden sollte, sein Debüt als Profi-Boxer. Seit 25 Jahren kämpft er ebenso tapfer gegen die Parkinsonsche Krankheit.
von  Abendzeitung
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Heute vor 50 Jahren gab Cassius Clay, der als Muhammad Ali zur Legende werden sollte, sein Debüt als Profi-Boxer. Seit 25 Jahren kämpft er ebenso tapfer gegen die Parkinsonsche Krankheit.

FRANKFURT Im Muhammad Ali Center in Louisville, Kentucky, wird heute eine Ausstellung des kubanischen Malers Carlos Gomez de Francesco unter dem Titel „The Last Words of Louis XVI“ eröffnet. Die Thematik habe eine besondere Bedeutung für die Stadt, heißt es in der Ankündigung, verdanke sie doch ihren Namen eben jenem französischen König Louis, dessen Soldaten 1780 im Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten für die Amerikaner kämpften.

Der 29. Oktober ist aber weiß Gott auch ein Jubiläumsdatum zur Erinnerung und Würdigung eines historisch weitaus bedeutenderen Ereignisses für die Stadt und das Kulturzentrum, das den Namen des Jubilars trägt: Heute vor fünfzig Jahren, also am 29.Oktober 1960, gab Cassius Clay in seiner Heimatstadt sein Profidebüt. An jenem Herbsttag betrat der 18-jährige Olympiasieger von Rom im Halbschwergewicht erstmals die Bühne, die ihn als Muhammad Ali zum wohl berühmtesten Sportler auf dem Planeten erheben sollte.

In der Freedom Hall von Louisville besiegte Clay im ersten seiner 61 Profikämpfe den Polizisten und zweifachen Familienvater Tunney M. Hunsaker aus der Kleinstadt Fayetteville, West Virgina über sechs Runden überlegen nach Punkten. 6000 Besucher sahen zu, wie die flinken Fäuste des Debütanten das Gesicht des elf Jahre älteren Haudegen blutig schlugen. Ab der vierten Runde waren beide Augen Hunsakers fast zugeschwollen.

Clay wog 87,1 Kilogramm, 3,3 Kilogramm mehr als sein überforderter Gegner, und erhielt eine Börse von 2000 Dollar. Ein gewisser Fred Stoner, ein lokaler schwarzer Boxtrainer, hatte den kessen Teenager drei Wochen lang auf das Debüt vorbereitet und stand auch als Sekundant in der Ecke. Erst danach wurde Angelo Dundee Clays Trainer und das berühmte 5th Street Gym in Miami seine Ausbildungsstätte. Elf weiße Geschäftsleute der Stadt, die „Louisville Sponsoring Group“, unter Führung des hünenhaften und millionenschweren Besitzers einer Whisky-Brennerei, William Faversham, hatten Cassius Clays Management übernommen.

Als Tunney M. Hunsaker anlässlich der Produktion des monumentalen, 800 Seiten dicken und 34 Kilo schweren Buches „GOAT“ 2003 von einem Reporter besucht wurde, überreichte der Senior seine doppelseitige Visitenkarte. „Youngest Police Chief in State of West Virginia - 1954. National Police Hall of Fame - May 5, 1990. Auf der Rückseite stand: „Muhammad Ali's First Professional Opponent Louisville, KY - October 29, 1960. Lost a 6 Round Decision.“ Hunsaker erinnerte sich: „Clay war nervös. Eben noch ein Junge. Doch was immer ich auch versuchte, er geriet nie in Verlegenheit. Mich jedenfalls traf er nach Belieben aus allen Positionen.“

Fünfzig Jahre nach dem Debüt ist Muhammad Ali schwer von der Parkinsonschen Krankheit gezeichnet. Seit einem Vierteljahrhundert erduldet der größte Boxer aller Zeiten und prominenteste aller Wehrdienstverweigerer sein Schicksal. Den sich ständig verschlechternden Gesundheitszustand erträgt er ergeben, geduldig, demütig – und dennoch aktiv.

Seine Frau Lonnie und sein Freund Howard Bingham bringen ihn trotz seines Leidens regelmäßig unter Menschen, ob zur Amtseinführung Barack Obamas, auf Weltreisen wie im Sommer 2009 nach England und Irland oder zu Boxkämpfen wie zuletzt zwischen Floyd Mayweather und Shane Mosley im März dieses Jahres in Las Vegas.

Der dreimalige Weltmeister im Schwergewicht ist geistig hellwach, kann sich aber nicht artikulieren und kaum fortbewegen. „Muhammad genießt jede Minute unter Menschen. Er ist entgegenkommend, zugänglich, zeigt stets ein Lächeln. Es treibt ihn, jeden Tag aufzustehen", sagt Lonni Ali. Und Tunney M. Hunsaker? Er starb im April 2005 mit 75 Jahren an den Folgen von Alzheimer.

Hartmut Scherzer

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