Adidas droht offenbar mit Ausstieg bei IAAF
Berlin - Der krisengeplagte Leichtathletik-Weltverband IAAF steht offenbar auch von Sponsorenseite massiv unter Druck und muss sich wenige Monate vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro womöglich auf Einbußen in Millionenhöhe einstellen.
Nach einem Bericht der BBC will der deutsche Sportartikel-Hersteller Adidas seinen bis 2019 laufenden Vertrag wegen des Doping- und Korruptionsskandals kündigen und habe dies dem Verband vor wenigen Tagen auch bereits schriftlich mitgeteilt. Weder das Unternehmen noch die IAAF bestätigten am Montag allerdings die Trennung.
"Adidas hat eine klare Anti-Doping-Politik. Wir stehen in engem Kontakt mit der IAAF, um mehr über den Reformprozess zu erfahren", teilte ein Adidas-Sprecher mit. Auch die IAAF erklärte, "in engem Kontakt" mit "allen Sponsoren und Partnern" zu stehen.
Bei Adidas-Ausstieg droht Millionenverlust
Der sofortige Ausstieg des größten Sponsors könnte die IAAF teuer zu stehen kommen, nach Angaben der BBC würde der Verlust für die IAAF rund 27,7 Millionen Euro betragen. In dem Bericht, der sich auf anonyme Quellen berief, hieß es, dass Adidas die von der unabhängigen WADA-Kommission festgestellte Korruption und Dopingvertuschung innerhalb der IAAF als Vertragsbruch ansähe. Anwälte des Sportartikel-Herstellers würden sich auf eine mögliche gerichtliche Auseinandersetzung mit der IAAF vorbereiten.
2008 hatte Adidas einen Elfjahres-Vertrag mit dem Weltverband abgeschlossen. Nun scheint ein möglicher Imageverlust allerdings zu schwerwiegend. Die unabhängige Untersuchungskommission der WADA hatte Mitte November massive Dopingverfehlungen in der russischen Leichtathletik festgestellt. Dies soll der Auslöser für das Umdenken bei Adidas gewesen sein.
Im Anschluss an die WADA-Enthüllungen war der russische Verband ARAF aus der IAAF ausgeschlossen worden. Zudem suspendierte die WADA die russische Anti-Doping-Agentur RUSADA und entzog dem Moskauer Anti-Doping-Labor die Akkreditierung.
Korruption tief in der IAAF verwurzelt?
Im zweiten Teil des Berichts der WADA-Kommission war der IAAF ein Komplettversagen vorgeworfen und besonders Sebastian Coes Vorgänger als IAAF-Präsident, Lamine Diack, schwer belastet worden. Korruption sei "in der Organisation verwurzelt", hieß es in dem Report.
Auch die Mitglieder des IAAF-Councils hätten von den verdächtigen Vorgängen rund um positive Dopingproben russischer Leichtathleten wissen müssen. Coe sitzt seit 2003 in der "Weltregierung" der Leichtathletik und war ab 2007 IAAF-Vizepräsident.
Für Coe wäre der Rückzug von Adidas ein Rückschlag. Allerdings scheint Adidas am Erfolg der Reformbemühungen mindestens zu zweifeln. Immerhin dürfte sich der finanzielle Verlust für den Verband bei einem Ende der Sponsorentätigkeit jedoch auffangen lassen.
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Übernimmt Nike den Platz von Adidas?
Höchstwahrscheinlich würde ein Konkurrent des deutschen Sportartikelherstellers den Platz einnehmen, sollte es wirklich zu einer Trennung kommen. Vor allem der US-Ausrüster Nike wird bereits als möglicher Nachfolger gehandelt.
Coe arbeitete bis zum vergangenen November als Markenbotschafter des Unternehmens. Erst nach langer öffentlicher Kritik beendete er das Geschäftsverhältnis. Zudem findet Mitte März die Hallen-WM in Portland statt - unweit des Nike-Hauptsitzes in Beaverton.
Auch die Freiluft-WM 2021 wird in der Nähe der Nike-Zentrale stattfinden: Ohne Bewerbungsverfahren hatte die IAAF der US-Stadt Eugene, Gründungsort des Unternehmens, die WM zugesprochen. Inzwischen beschäftigt sich auch die französische Justiz mit dem Fall. Gegen Coe waren im Zuge der Vergabe Lobbyismus-Vorwürfe laut geworden, die der Brite allerdings vehement zurückwies.