Achterbahnfahrer mit Ball

Das ewige Talent: Die wechselhafte Karriere des Türken Berkant Göktan – beim TSV 1860 wirft ihn nun eine Krankheit zurück.
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Berkant Göktan war einst das größte Talent des deutschen Fußballs. Bei den Löwen wollte er seine letzte Chance nutzen. Das ging nur bis 2008 gut. Dann stürzte er total ab, nahm Kokain, floh nach Thailand. Nun ist er wieder zurück in München.
sampics/Augenklick Berkant Göktan war einst das größte Talent des deutschen Fußballs. Bei den Löwen wollte er seine letzte Chance nutzen. Das ging nur bis 2008 gut. Dann stürzte er total ab, nahm Kokain, floh nach Thailand. Nun ist er wieder zurück in München.

Das ewige Talent: Die wechselhafte Karriere des Türken Berkant Göktan – beim TSV 1860 wirft ihn nun eine Krankheit zurück.

MÜNCHEN Die Löwen-Kiebitze vermissen ihn. Jeden Morgen schauen sie auf den Trainingsplatz, ob Berkant Göktan zumindest wieder einmal vorbei schaut an der Grünwalder Straße. Auch wenn Trainer Marco Kurz sagt: „Berki wird schon wieder kommen.“ Die Fans rätseln: Wann? Und: Wie schwer ist seine Virus-Infektion, sein Müdigkeits- und Erschöpfungssyndrom?

Doch irgendwie passt die aktuelle Situation, die Ungewissheit, zur wechselhaften Karriere des Türken. Mal ist Göktan gut drauf, mal schlecht. Er ist eine Art Achterbahnfahrer mit Ball. Derzeit liegt er wieder einmal flach. „Er wird gegen Mainz ausfallen – und auch in Ahlen nicht zur Startelf gehören“, sagt Kurz. Ein schwerwiegender Ausfall. Denn Göktan, dieses ewige Talent, ist einer der wichtigsten Spieler des Zweitligisten.

Damit war nicht zu rechnen, als die Löwen 2006 den Türken wieder entdeckten. Im Englischen Garten. Bei den Freizeitkickern. „Eigentlich war meine Karriere schon vorbei“, sagte der 27-Jährige damals zur AZ. Über die 1860-Amateure stieg er zum Publikumsliebling auf – weil Göktan mit Toren alles andere als geizte: In 37 Zweitligaspielen erzielte er 20 Tore.

Franz Beckenbauer, der Fußball-Kaiser, hatte Göktan einst zum größten Bayern-Talent aller Zeiten gekürt, als der Spaßfußballer 1998 mit gerade mal 17 sein Debüt in der Champions League gab. Gegen Manchester United. Beckenbauer: „Göktan ist das größte Talent, das ich je gesehen habe.“ Auch der damalige Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld lobte: „Das ist ein Riesentalent. Der wird es schaffen.“ Er schaffte es nicht.

Göktan konnte damit nicht umgehen, dass er über Nacht ein Star wurde. Die Bayern schoben ihn ab nach Gladbach. Auch dort und bei Arminia Bielefeld scheiterte er. Dann ging Göktan im Jahr 2000 zu den Bayern-Amateuren in die Regionalliga zurück. Mehr war für ihn nicht mehr drin.

Schließlich wechselte Göktan zum türkischen Rekordmeister Galatasaray Istanbul. Er wurde Meister, Pokalsieger – und verzauberte die heißblütigen Gala-Fans. Seinen größten Auftritt hatte Göktan als 22-Jähriger beim 2:0 der Türken am 4. November 2003 über Juventus Turin. Er ließ Weltstars wie Edgar Davids schlecht aussehen. Doch auch in Istanbul war es für Göktan bald vorbei. Immer wieder war von Disziplinlosigkeiten die Rede.

Er ging zurück nach Deutschland. Nach Kaiserslautern. Bayerns früherer Co-Trainer Michael Henke holte Göktan 2005 in die Pfalz. Doch Henke wurde entlassen – und bei Nachfolger Wolfgang Wolf war Göktan ohne Chance. Der Vertrag wurde aufgelöst. „Es war dort eine absolut deprimierende Situation für mich“, erinnert sich Göktan. Wieder Umzug statt Durchbruch. Wieder war Göktan auf Vereinssuche. Sogar die SpVgg Unterhaching lehnte eine Verpflichtung des begnadeten Fußballers ab. „Ich war damals im Büro von Manager Norbert Hartmann“, sagte Göktan, „aber die wollten mich nicht.“

Zum Glück für 1860: Ernst Tanner, der Jugend-Boss der Löwen, sah Göktan im Englischen Garten. Als er Monate später wieder mal dort vorbeischaute, sagte Göktan melancholisch: „Das war hier mein Wembley.“ Doch Göktan schaffte es sogar wieder in die Allianz Arena, bekam Icke Häßlers Nummer 10: „Darauf bin ich sehr stolz.“

Die turbulente Zeit schien beendet. „Ich bin ein neuer Mensch“, sagte Göktan, „die Löwen sind meine neue Familie. Ich bin ihnen sehr dankbar.“

Reinhard Franke

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