Abraham oder Sturm – wer ist der wahre König?
BAMBERG - Beide verteidigten gerade ihre WM-Titel. Zum Duell der Mittelgewichtler aber wird es nicht kommen. Die AZ sagt, wer der bessere Boxer ist.
Weltmeister Arthur Abraham, selbsternannter King Arthur, blieb bei der Titelverteidigung gegen Raul Marquez die Krönung zum K.o.-König versagt. Sein Gegner gab nach der sechsten Runde einfach auf. „Ich habe Familie, habe Kinder, habe eine Karriere als Kommentator sicher. Ich musste mich schützen“, sagte der 37-Jährige, der ein harmloses Cut auf der Augenbraue zum Anlass nahm, nicht weiter zu boxen. IBF-Champ Abraham war sauer: „Marquez hat mir und den Fans den Kampf geklaut.“
Dafür kann Abraham den Fans einen anderen Kampf schenken. Das Duell gegen WBA-Champion Felix Sturm, der vor acht Tagen seinen WM-Titel im Mittelgewicht gegen Sebastian Sylvester verteidigt hatte: „Ich bin bereit, gegen Sturm zu kämpfen.“ Auch der hat Interesse bekundet. Trotzdem wird es wohl ein Phantom-Kampf bleiben. Fünf bis sechs Millionen würde der Fight allein an Börsen kosten. „Ich sehe die Chance auf eine Realisierung als gering an, das rechnet sich einfach nicht“, sagte Abraham-Promoter Wilfried Sauerland. Und Sturm-Manager Klaus-Peter Kohl stichelte: „Sauerland ist weder finanziell noch mit Boxern so gut ausgestattet. Er hat ja nur Abraham und Nikolai Walujew, die interessieren. Da wird er nicht riskieren, dass Abraham gegen Sturm verliert.“ Aber wer ist der wahre König des Mittelgewichts? Die AZ analysiert die Kontrahenten.
Mentale Stärke
Beide Boxer haben ein extrem ausgeprägtes Selbstbewusstsein, das zuweilen an Arroganz grenzt. Sturm hat mehr Erfahrung, hat sich auch gegen einen Superstar wie Oscar de la Hoya keine Blöße gegeben. Er ist gegen Topgegner immer in Topform. Der ungeschlagene Abraham hält sich für unbesiegbar. Besonders sein Blutkampf gegen Edison Miranda, als er mit doppeltem Kieferbruch sieben Runden weiterkämpfte und gewann, hat ihn darin bestärkt. Vorteil Abraham
Boxerische Fähigkeiten
Es wäre das klassische Duell Puncher gegen Boxer. Sturm ist ein Finesse-Kämpfer, mit einem enormen Schlagrepertoire. Hat eine nahezu perfekte Deckung. Einziges Manko: die Schlagkraft. Die wiederum ist Abrahams Stärke. Er hat links und rechts „Steine statt Fäusten“, so sein Trainer Ulli Wegner. Abraham boxt aber sehr offen, kommt schwierig in den Kampf. Nimmt sich Pausen, da er oft Probleme hat, das Gewichtslimit zu bringen. Vorteil Sturm
Fanbasis
Sturm ist schon länger im Geschäft, hat sich gerade durch seinen Superkampf gegen de la Hoya, bei dem ihm die Ringrichter den Sieg nahmen, viele Sympathien gewonnen. Die er sich mit vorlauten Sprüchen aber auch wieder kaputt macht. Sein zuweilen vorsichtiger Kampfstil elektrisiert die Massen nicht immer. Abraham ist ein spektakulärer Fighter. Gerade der Miranda-Kampf hat ihn berühmt gemacht. Doch seine Mätzchen im Ring, die dauernden Provokationen der Gegner, kommen nicht immer gut an. Außerdem ist sein Image undurchsichtig. Jahrelang trat er als – teilweise belächelter – Schlumpfboxer auf, jetzt protzt er plötzlich mit Krone und Umhang als König Arthur. Unentschieden
Vermarktbarkeit
Sturm hat eine kesse Lippe und den Körper eines Adonis, den er auch gerne präsentiert. Dadurch hat er den Schritt aus dem reinen Sport-Bereich geschafft. Er hatte Fotostrecken in Männer-Magazinen und war gerade bei Gottschalks „Wetten dass?“ und davor bei Stefan Raabs „TV total“. Abraham ist noch nicht im Mainstream angekommen. Da reicht es nicht, dass TV-Comedian Oliver Pocher Abrahams Gürtel in den Ring trug. Seit kurzem versucht sich eine professionelle Agentur, deren Mitarbeiter sich früher um die Klitschkos kümmerten, an seiner Vermarktung. Doch die PR-Maschine kommt erst jetzt ins Rollen. Vorteil Sturm
Matthias Kerber
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