75 Minuten für Klinsmann
Oliver Kahn möchte bei seinem Abschiedsspiel am Dienstag (20 Uhr, ZDF live) nicht für den DFB spielen. Am Montag wird er sich deshalb bei den Bayern vorbereiten - mit Sepp Maier.
MÜNCHEN Oliver Kahn möchte für Jürgen Klinsmann spielen. Unbedingt. Na ja, das stimmt so nicht ganz. Oliver Kahn (39) möchte unbedingt für den FC Bayern auflaufen bei seinem Abschiedsspiel am Dienstag in der Allianz Arena (20 Uhr, ZDF live) – einen Einsatz im Dress der deutschen Nationalmannschaft hat er entschieden abgelehnt.
Was für einige Verwirrung beim DFB sorgte. Schließlich hat der Verband eine Ausnahme gemacht, da es solche Fairwell-Spiele eigentlich nicht mehr gibt – egal, wie viele Verdienste der Geehrte hat, egal wie viele Länderspiele er gemacht hat. „Olli Kahn hat den Wunsch, dass er nur für Bayern spielt. Warum, weiß ich auch nicht“, sagte Bundestrainer Joachim Löw auf Anfrage. Und auch Kahn selbst, der 86 Mal für Deutschland spielte, blieb eine schlüssige Antwort schuldig, sagte in „BamS“ nur: „Nein, nur für Bayern. Und nach 70, 75 Minuten ist dann endgültig Schluss.“
Dann geht Kahn raus, übergibt an seinen Nachfolger Michael Rensing, die neue Nummer eins der Bayern. „Für mich wäre es fantastisch, wenn er bei Bayern ein, zwei Jahre konstant hält, und es dann auch in die Nationalelf schafft“, sagte Kahn und meinte: „Was gibt es Schöneres, als einen Nachfolger, mit dem man selbst noch gearbeitet hat?“ Über Jens Lehmann, den Klinsmann vor der WM 2006 anstelle von Kahn zur neuen Nummer eins gemacht hatte, sagte er so etwas nie. Im Tor der Nationalelf wird am Dienstag der Nachfolger vom Nachfolger stehen: Robert Enke von Hannover 96, eine Halbzeit darf Werders Tim Wiese ran. Leverkusens René Adler ist noch verletzt, fehlt auch in den beiden ersten WM-Qualifikationsspielen in Liechtenstein am Samstag und vier Tage später in Finnland. Kahn hat keinen Favoriten, sagte: „Nach mir und dem Rücktritt von Jens Lehmann ist jetzt eine Situation entstanden, bei der ich noch keine eindeutige Nummer 1 sehe. Ich finde es richtig, dass Jogi Löw sich noch nicht festlegt, dass erst mal ein Konkurrenzkampf entsteht.“
Wirklich ernst nimmt Löw das Servus-Olli-Spiel am Dienstag nicht. Treffpunkt für die Nationalspieler ist erst am Spieltag um 13 Uhr in der Sportschule Oberhaching. „Wir freuen uns auf dieses Spaßspiel. Es soll ein schönes Fest werden, bei dem das Ergebnis völlig nebensächlich ist“, erklärte Löw und betonte: „Hauptsache ist, dass wir Oliver Kahn einen schönen Abschied bereiten und die Zuschauer auf ihre Kosten kommen. Zudem soll sich keiner verletzen.“ Für welches Team die bayerischen Nationalspieler Klose, Schweinsteiger, Podolski und Lahm beim Kahn-Abschied zum Einsatz kommen, ist noch nicht geklärt.
Beim letzten Vergleich Bayern gegen den Rest der Republik zur Eröffnung der Allianz Arena am 31. Mai 2005 siegte der Rekordmeister – angetreten in voller Mannschaftsstärke – mit 4:2, es war auch ein Sieg Kahn gegen Lehmann, der sich mit einer rüden Aktion gegen Bastian Schweinsteiger die Wut der Fans zugezogen hatte. Damals spielte Kahn gegen Klinsmann, morgen für ihn. Wie bei seinem letzten der 86 Länderspiele im Spiel um Platz drei der WM 2006, als Klinsmann Kahn die Partie gegen Portugal (3:1) schenkte.
Nun darf Klinsmann den Keeper auf sein endgültig letztes Spiel einschwören. „Ich habe weder mit Jürgen noch mit Jogi ein Problem“, sagt Kahn nun, „die WM 2006 ist längst Vergangenheit. Das ist so weit weg, was damals war, ist längst ad acta gelegt.“ Die Milde des Entspannten. Damit er einen guten Eindruck hinterlässt, trainiert Kahn heute noch einmal an der Säbener Straße mit Sepp Maier. Rentner macht Frührentner fit. Zuletzt hatte sich Kahn mit Golfen und Laufen fit gehalten. „Öfter sogar als früher“, sagte er und scherzte: „Wahrscheinlich habe ich jetzt bessere Ausdauerwerte als während meiner Profizeit.“
Patrick Strasser