40 Tage Leiden für 15 Minuten ganz oben

Am 29. Mai feierte Nepal zum neunten Mal den Tag des Mount Everest. Nach zwei Katastrophenjahren war es ein Fest der Erleichterung. Doch der Schmerz der vergangenen Jahre hallt nach.
Kathmandu - Der höchste Berg der Welt hat nichts von seiner Faszination eingebüßt. Im Schnitt 40 Tage schinden selbst erfahrene Bergsteiger ihre Körper, klettern ständig zwischen verschiedenen Camps hin und her, um sich an die extremen Bedingungen zwischen 4000 und mehr als 8000 Metern Höhe zu gewöhnen.
Alles in Erwartung der wenigen Tage im Jahr, in denen das Wetter auf dem Gipfel des Mount Everest überhaupt gut genug ist, dass ein Mensch dort aus eigener Kraft hinauf steigen kann. Selbst dann ist auf dem 8848 Meter hohen Spitze vom Dach der Welt, wie die Region metaphorisch genannt wird, die Luft dünn: so sehr, dass jeder Atemzug ohne Sauerstoffgerät nur ein Drittel des Sauerstoffs in die Lunge befördert, an den ein Mensch eigentlich gewöhnt ist. Immer wieder werden Bergsteiger während des Aufstiegs schwer krank oder kommen sogar zu Tode.
2015 schaffte es keiner auf den Gipfel
Als das nepalesische Tourismusministerium am 29. Mai 2016 zum neunten Mal den Tag des Mount Everest feierte, war auch eine große Erleichterung zu spüren. Denn erstmals seit zwei katastrophalen Jahren schafften es Bergsteiger wieder, überhaupt den Gipfel zu erklettern.
Im vergangenen Jahr waren alle Everest-Expeditionen abgesagt worden, nachdem ein Erdbeben der Stärke 7,8 große Teile Nepals und auch das Basislager des Mount Everest verwüstet hatte. 19 Bergsteiger kamen damals ums Leben, zum ersten Mal seit Jahrzehnten stand kein Mensch auf dem Gipfel. Im Jahr zuvor starben 16 Menschen, als eine Lawine den gefährlichen Khumbu-Eisbruch verschüttete. Danach erreichte zwar die Chinesin Wang Jing den Gipfel, jedoch war ihr Aufstieg umstritten. Sie hatte sich in einem Helikopter über den verschütteten Khumbu-Eisbruch fliegen lassen und so den Gipfel erreicht.
"Die erfolgreichen Besteigungen in diesem Jahr lassen all dies vergessen und haben unserem Bergtourismus geholfen, sich fast wieder auf das vorherige Niveau zu erholen", sagte Prem Rai, Vorsitzender des Organisationskomitees für den Tag des Mount Everest. Mehr als 400 Menschen erreichten laut Ministerium den Gipfel, womit rund zwei Drittel der Aufstiege erfolgreich verliefen. Lizenzen hatte die Behörde für 289 Ausländer vergeben, dazu kamen noch rund 400 Nepalesen, die ebenfalls den Berg bezwingen wollten. Im Jahr 2013 fanden mit 539 erfolgreichen Besteigungen die meisten Menschen den Weg bis zum Gipfel.
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Für Nepal ist der Mount Everest auch finanziell sehr wichtig. Mehrere zehntausend Arbeitsplätze hängen von Expeditionen auf den Berg ab. Zu den wichtigsten Einnahmequellen gehören die Gebühren für die Lizenzen, den Berg zu besteigen. Knapp 10 000 Euro zahlt ein ausländischer Bergsteiger umgerechnet nur für die Genehmigung, den Aufstieg bis zum Gipfel zu versuchen.
Seit dem Jahr 2008 hat Nepal den 29. Mai zum offiziellen Tag des Mount Everest ausgerufen. Im Jahr 1953 erreichten an diesem Datum der Neuseeländer Edmund Hillary und der Nepalese Tenzing Norgay als erste Menschen den Gipfel des Berges. Die beiden Männer hielten es wegen der extremen Wetterbedingungen gerade einmal 15 Minuten auf dem Gipfel aus, bevor sie sich wieder an den Abstieg machten. Sie waren die einzigen Teilnehmer einer größeren Expedition, die es bis zum Gipfel schafften.
Auch 2016 haben Menschen ihr Leben am Mount Everest verloren
Auch heute noch ist der Aufstieg auf den Everest eine Gemeinschaftsleistung. Neun Nepalesen hatten in diesem Jahr die letzten 800 Höhenmeter für die übrigen Bergsteiger mit Seilen befestigt und so den Aufstieg gesichert. Sie standen auch im Mittelpunkt der Feier, als Premierminister K.P. Sharma Oli ihnen für diese Leistung einen Preis überreichte.
"Die gute Saison in diesem Jahr hat uns viel Mut gemacht", sagte Ang Tshering Sherpa, Präsident des nepalesischen Bergsteiger-Verbandes und betonte einen positiven Ausblick. "Wir freuen uns auf lebhafte Klettersaisons in der Zukunft." Ohne Todesopfer war aber auch die Saison 2016 nicht geblieben. Drei Inder, ein Niederländer, eine Australierin und ein Nepalese verloren 2016 auf dem Mount Everest ihr Leben. Nachdem die Todesfälle bekannt geworden waren, hatte Gyanendra Shrestha, Sprecher des Tourismusministeriums, gesagt: "Rettungseinsätze und auch Todesopfer sind am Mount Everest nichts Ungewöhnliches."