25 Jahre Tyson vs. Holyfield: Biss zur Legende

Vor genau 25 Jahren beißt Mike Tyson in Las Vegas Evander Holyfield ein Stück Ohr ab – ein Skandal, der die Welt erschüttert. Doch am Ende verdient "Iron Mike" mit der Attacke sogar noch Geld.
Matthias Kerber
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Tatort MGM Grand Hotel in Las Vegas: Am 28. Juni 1997 beißt Box-Ungeheuer Mike Tyson (Mitte) Evander Holyfield ein Stück Ohr ab, Ringrichter Mills Lane bricht daraufhin den Skandal-Kampf ab.
Tatort MGM Grand Hotel in Las Vegas: Am 28. Juni 1997 beißt Box-Ungeheuer Mike Tyson (Mitte) Evander Holyfield ein Stück Ohr ab, Ringrichter Mills Lane bricht daraufhin den Skandal-Kampf ab. © picture alliance / dpa

Der bösartigste Mensch auf dem Planeten Erde reißt sein Maul sperrangelweit auf, raubtiergleich exponiert er seine Zähne, das Gesicht verzerrt sich zu einer Fratze des Hasses – dann mutiert Mike Tyson wieder zum Kannibalen des Boxrings. Seine Zähne, das Ohr – ein Bild voll irrsinniger Animalität, das sich in das kollektive Bewusstsein der Welt eingebrannt hat.

"Fantastisch, tausend Dank, Champ", sagt der Mann, dessen Ohr den Schneidezähnen des Monsters, der Bestie, des Kannibalen, der für einen der größten Skandale der Box-, nein, der Sportgeschichte gesorgt hat, so nahegekommen war.

Da hat er mich gebissen! Holyfield nach der Attacke.
Da hat er mich gebissen! Holyfield nach der Attacke. © picture-alliance / dpa

Mike Tyson stellt Szene in Einkaufszentrum nach

Das war Ende der 2000er Jahre. In Las Vegas gab Tyson in einem der glamourösen Einkaufszentren eine Autogrammstunde. Er hielt den Fans für Fotos die Faust unters Kinn, ließ sich dafür bezahlen, den Ohrbiss vom Rematch gegen Evander Holyfield, der am 28. Juni 1997 nur wenige hundert Meter entfernt im MGM Grand die Welt erschüttert hatte, für Anhänger mit besonders skurrilem Humor nachzustellen.

"Iron Mike", der durch seine Beißattacke seine Würde verloren hat, drohte zur Witzfigur, zu seiner eigenen Karikatur zu werden. Es tat weh, Tyson, der vier Jahre zuvor Privatinsolvenz anmelden musste, weil er über 500 Millionen Dollar verpulvert hat, so zu sehen. Ich machte damals Urlaub in Las Vegas, war zufällig an diesem Tag zu dieser Zeit in diesem Einkaufszentrum.

Der Mann, der mir manch schlaflose Nacht beschert hatte, weil ich für seine Kämpfe aufgeblieben war, stand plötzlich vor mir. In seinen Augen war kein Hass, sondern die tiefe Trauer eines Mannes, der weiß, dass, wenn er auf den Bodensatz blicken will, er nach oben schauen muss.

Mike Tyson: "Ich verdiene es nicht, Champ genannt zu werden"

"Warum machst du das, Champ?", fragte ich den Mann über das entwürdigende Schauspiel. "Bitte, nenne mich nicht Champ. Ich verdiene es nicht, Champ genannt zu werden. Ali war ein Champ. Ich bin nur ein großes Stück Scheiße", flüsterte Tyson, der damals - wie er erst viel später zugab - unter schweren Depressionen litt: "Warum ich das tue? Ich brauche schlicht das Geld."

Dann drehte er sich um. Der nächste Fan, das nächste Foto. Zähne, Ohr. Jeder Mann hat eben seinen Preis. Auch einer, dem mal die Welt zu Füßen lag.

Drei Millionen Dollar Strafe hatte Tyson nach seinem Ohrbiss – eigentlich waren es zwei – gegen Holyfield bezahlen müssen. Für eine geplante, vorsätzliche Tat, einen Racheakt für die Kopfstöße, die Holyfield ihm zuvor verpasst hatte und für eine große Platzwunde am Augenlid gesorgt hatten. Vor der dritten Runde hatte Tyson absichtlich den Mundschutz nicht reingetan, Ringrichter Mills Lane schickte ein in die Ecke zurück, um die Protektion zu holen.

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Noch im Ring ging Tyson auf Polizisten los

Später in der Runde der erste Biss, kurze Zeit später der zweite. Der Kampf wurde abgebrochen, Tyson disqualifiziert, noch im Ring rastet der 30-Jährige aus, ging auf Polizisten los.

Ein Tiefpunkt des Sports, des Lebens von Tyson. "Ich wollte ihm mehr wehtun, als er mir mit seinen Kopfnüssen. Ich gab ihm welche zurück, aber er machte weiter, also hab ich ihn gebissen", sagte Tyson: "Ich hätte das nicht tun sollen, aber ich war blutig und sauer."

Eine Aktion, die ihn nicht berühmt, nur berüchtigt gemacht hat – und am Ende sogar reich. "Wenn ich daran denke, denke ich nur an das viele Geld, das ich damit gemacht habe. Ich musste drei Millionen Strafe zahlen, aber mit den Fotos habe ich so viel mehr verdient. Irgendwie ist es witzig. Nicht der Biss an sich, aber dass mich das, was mich viel hätte kosten sollen, mir Geld in die Taschen gebracht hat", sagte Tyson, der sich vor Jahren mit Holyfield ausgesöhnt hat, im Podcast "Hotboxin' With Mike Tyson" kürzlich.

Mike Tyson und Evander Holyfield.
Mike Tyson und Evander Holyfield. © imago images/Apress

Frcúchtgummi-Öhrchen "Mike Bites"

Und weiter bringt. Tyson, der mit einer Cannabis-Plantage in Kalifornien wieder Millionen verdient, brachte kürzlich Fruchtgummi-Öhrchen zum Verzehr auf den Markt. Wie bei Holyfield, der sein Abermillionen-Vermögen ebenfalls durchgebracht hat, fehlt ein Stück Ohr.

Genau die Ecke, die Tyson abgebissen und verächtlich auf den Ringboden gespuckt hat. "Mike Bites" heißen die Gummi-Ohren. Schon 2012 hatte Tyson, für Holyfields Barbecue-Sauce "Real Deal BBQ" Werbung mit dem Spruch "mit der Soße hätte Evanders Ohr viel besser geschmeckt" gemacht.

Die Beteuerung, dass das Gummiohr-Produkt "nichts", mit dem Biss zu tun hat, glaubt Tyson sich sicher nicht mal selbst. "Das ist nicht Evanders Ohr", behauptete Tyson grinsend. Stimmt, es ist Fruchtgummi - aber geschmacklos ist es alle mal.

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