Wenn das Gepäck am Flughafen nicht ankommt: Diese Rechte haben Sie
München - Anfang Dezember 2023: Es war kein Wintermärchen. Zumindest nicht am Flughafen München. Das Schnee-Chaos in Bayern führte tagelang zum Stillstand, zu gecancelten Flügen und zu wochenlangem Koffer-Wirrwarr.
Zahlreiche Flugpassagiere jagten ihren Gepäckstücken hinterher, von denen keiner so recht zu wissen schien, wo sie abgeblieben waren.
Eine Ausnahmesituation, klar. Aber auch sonst kommt es ab und zu vor, dass der Koffer nicht dort landet, wo er soll. Die Versicherer von Allianz direct haben dazu insgesamt 1000 deutsche Passagiere befragt: Welche Erfahrungen gibt es mit verspäteten Gepäckstücken? Wie lang mussten sie darauf warten? Und an welchen Flughäfen kommt es häufiger vor?
Die gute Nachricht: Grundsätzlich gaben 61,1 Prozent an, dass ihr Gepäck immer am Zielflughafen angekommen ist.
So schneidet München im Ranking ab
Die in der Umfrage höchste Quote an verspätetem Gepäck hat der Flughafen Saarbrücken. Hier ging den betroffenen Befragten zufolge auf rund 17 Prozent der Reisen das Gepäck verloren. Allerdings bezieht sich dieses Ergebnis auf lediglich neun Passagiere, die ab Saarbrücken geflogen sind und an der Umfrage teilgenommen haben.
Allianz direct weist darauf hin, dass die Stichproben proportional über die Bundesländer nach ihrer Größe verteilt sind. Dadurch sei die Stichprobengröße für bestimmte Flughäfen vergleichsweise klein.

Dahinter liegen Hannover (rund 14 Prozent) und Dresden (13 Prozent). Und München? Platz 6! Hier liegt die Quote bei 9,61 Prozent. Auf Nachfrage der AZ heißt es von den Studienmachern: Insgesamt 99 Passagiere hätten bei der Umfrage Auskünfte über ihre Erfahrungen in München gemacht.
Rund zwei Tage mussten Passagiere in München warten
Im Vergleich zu Saarbrücken ist das Passagieraufkommen in München deutlich größer. Hier tummelten sich 2023 rund 37 Millionen Passagiere, in Saarbrücken lediglich 310.734.
Ein weiteres Ergebnis: Betroffene Passagiere mussten in München im Schnitt 2,39 Tage auf das verlorene Stück warten. Am längsten dauerte es in Dresden (4,48 Tage).

Von denjenigen, bei denen das Gepäck schon mal abhandengekommen ist, gaben insgesamt 41,95 Prozent an, ein bis zwei Tage auf das Gepäck gewartet zu haben. Bei 30,87 Prozent waren es drei bis vier Tage. Die durchschnittliche Wartezeit lag bei 2,79 Tagen. Innerhalb von sieben Tagen hatten rund 96 Prozent ihr Hab und Gut zurück.
Besonders ärgerlich ist es freilich für die 1,32 Prozent der Betroffenen, die ihr Gepäck überhaupt nicht mehr wiederbekommen haben.
Nach 21 Tagen gilt ein Koffer als verloren
Nach 21 Tagen Verspätung gilt ein Koffer als verloren. Taucht er innerhalb von drei Wochen wieder auf, ist er lediglich verspätet. Wichtig: Grundsätzlich ist in solchen Fällen nicht der Flughafen, sondern die jeweilige Airline zuständig.
Was muss man als Fluggast unternehmen?
Julia Zeller von der Verbraucherzentrale Bayern erklärt für die AZ: "Wichtig ist es in diesem Fall, umgehend – aus Beweisgründen – dies der Fluggesellschaft zu melden." Bei einer Pauschalreise sollte zusätzlich auch der Reiseveranstalter informiert werden. "Wichtig ist zudem, alles ordnungsgemäß zu dokumentieren und auch die Unterlagen, wie beispielsweise den Gepäckschein, den man bei Aufgabe des Gepäcks bekommt, aufzuheben."
Die Meldung sollte Zeller zufolge am besten noch vor Ort am Schalter der jeweiligen Fluggesellschaft erfolgen. "Ist dies nicht möglich, stehen in der Regel online Formulare zur Verfügung." Zudem sollte am Schalter der Airline unbedingt der Property Irregularity Report (abgekürzt PIR) ausgefüllt werden, so ihr Rat.
Für den Nachtransport des Gepäcks ist der Verbraucherschützerin zufolge die Airline zuständig. "Diese muss auch für Kosten aufkommen, die dadurch entstehen. Zum Beispiel, wenn man erneut zum Flughafen fährt."
Wer im Urlaub ohne Habseligkeiten dasteht, darf sich Ersatz besorgen. Entscheidend: Was notwendig und angemessen ist. Etwa Unterwäsche, Kleidung, Toilettenartikel. Ein Beispiel: Ein einfacher Badeanzug ist bei einem Badeurlaub in Ordnung, aber nicht mehrere oder teure Markenartikel. "Oftmals erhalten Reisende übrigens auch von der Airline ein ‚Notpaket' mit Drogerieartikeln und gegebenenfalls Ersatzwäsche."
Der Ersatz muss angemessen sein
Auch die Lufthansa erklärt dazu: "Sie sind verpflichtet, die Kosten für Ersatzartikel im Falle einer Gepäckverspätung so gering wie möglich zu halten." Die Lufthansa werde sich "unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit an den Kosten beteiligen".
Dabei gelte: Artikel, die man im Anschluss weiterhin verwenden kann, zum Beispiel Kleidung, würden zu 50 Prozent erstattet, "während Hygieneartikel oder Artikel zum einmaligen Gebrauch zu 100 Prozent erstattet werden".
Wenn die eigenen Sachen erst später am Urlaubsort eintreffen, kann sich das auch auf den Preis der Reise auswirken, wie Zeller erläutert. "Reisende können im Rahmen einer Pauschalreise gegenüber dem Reiseveranstalter den Reisepreis für den Zeitraum mindern, in dem das Gepäck am Reiseziel nicht zur Verfügung steht, auch dann, wenn es wieder auftaucht."
Die Höchstgrenze der Haftung liegt aktuell bei 1600 Euro
Meist stünden ihnen zwischen fünf und 50 Prozent des Tagesreisepreises pro Tag ohne Gepäck zu. "Fehlt das Gepäck während des ganzen Urlaubs, sind nach der Rechtsprechung bis zu 50 Prozent des Gesamtreisepreises zu erstatten."

Die Haftungshöchstgrenze (wenn es nur um einen gebuchten Flug geht und nicht um eine Pauschalreise) für Zerstörung, Beschädigung oder Verspätung von Gepäck liegt der Verbraucherzentrale Bayern zufolge derzeit bei ungefähr 1600 Euro pro Passagier - explizit nicht pro Gepäckstück.
Am besten vorab den Kofferinhalt fotografieren
Aber automatisch bekommt man diesen Betrag nicht. Betroffene müssen darlegen, welcher Schaden entstanden ist, und gegebenenfalls auch Beweise dafür anführen. Deshalb der Rat: den Inhalt des Koffers vor Abflug fotografieren. Dann ist man auf der sicheren Seite.
Die Lufthansa erklärt dazu auf ihrer Seite: "In dem seltenen Fall, dass Ihr Gepäck auch innerhalb von fünf Tagen nach der Verspätungsmeldung nicht zugeordnet werden kann, benötigen wir eine genaue Beschreibung Ihres Gepäcks und seines Inhalts, um eine detaillierte Suche einzuleiten."
Dabei würden die eingegebenen Informationen, "einschließlich der Inhaltsliste, mit den von uns erfassten Informationen verglichen, um Ihr Gepäck unter den noch nicht zugeordneten Gepäckstücken zu finden".
Was nicht in den aufgegebenen Koffer gehört
Übrigens will die Lufthansa auf AZ-Nachfrage nicht offenlegen, wie viele Gepäckstücke pro Jahr bei ihnen zu spät ankommen oder gar verloren gehen. Stichwort: interne Statistiken. Nur so viel: Aktuell gebe es am Standort München kein verspätetes Gepäck bei der Lufthansa.
Es gibt übrigens wenige Ausnahmen, in denen die Airline oder der Veranstalter unbegrenzt haften: wenn nachweisbar ist, dass die Fluggesellschaft den Schaden absichtlich oder leichtfertig verursacht hat. Zeller aber teilt zu diesem Anspruch mit: "Was kaum jedoch in der Praxis gelingen dürfte."
Was unabhängig davon gilt: Wertsachen oder lebenswichtige Medikamente gehören nicht ins aufgegebene Gepäck. Der Verbraucherschützerin zufolge wird die Haftung dafür in den Beförderungsbedingungen von Fluggesellschaften sogar regelmäßig ausgeschlossen.