Unfall auf Weg zur Arbeit: Wann zahlt die Versicherung?

München - Ganz egal ob die Ursache einer Verletzung ein Treppensturz oder ein Unfall im Straßenverkehr ist – wenn sich der Vorfall auf dem Arbeitsweg oder am Arbeitsplatz ereignet, ist ein Arbeitnehmer über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Damit die Unfallversicherung die Kosten für eine Behandlung, Reha und gegebenenfalls eine Rente auch übernimmt, sollten Beschäftigte auf ihrem Arbeitsweg aber keine Umwege machen.
„Abgesichert ist immer nur der direkte – unmittelbare – Weg zwischen Arbeit und Wohnort“, erklärt Jurist Peter Schmitz von der Gewerkschaft Verdi. „Das muss nicht immer der kürzeste Weg sein – zum Beispiel im Fall von Staus oder Baustellen auf der Strecke“, sagt Eberhard Ziegler von der Deutschen Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV).
Wer einen Umweg macht, hat keinen Versicherungsschutz
Allerdings mache es einen Unterschied, ob man die direkte Fahrt von oder zur Arbeit zum Beispiel zum Einkaufen unterbreche oder ganz von dem Weg abweiche, erklärt Schmitz. Im Supermarkt an der Strecke sei der Arbeitnehmer nicht abgesichert, weil er in diesem Moment privat handelt. „Vorher und nachher, wenn er sich wieder auf dem Arbeitsweg befindet, ist er aber abgesichert“, sagt Schmitz. Die Unterbrechung darf aber nicht länger als zwei Stunden dauern, sonst endet der Versicherungsschutz. Wer eine günstigere Tankstelle ansteuert und dafür einen Umweg von 30 Kilometern in Kauf nimmt, ist mit Beginn der Abweichung vom direkten Weg nicht mehr durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt.
Nicht immer erkennen die Berufsgenossenschaften den Vorfall als Arbeitsunfall an. Versicherte können dann mit Hilfe eines spezialisierten Anwaltes Klage beim Sozialgericht einreichen.
Die Rechtslage ist nur schwer überschaubar
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sei schwer überschaubar, sagt Schmitz. Das zeigt auch ein Urteil des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen: Zwei Beschäftige verfuhren sich bei der Überführung eines Fahrzeuges und näherten sich nach mehreren Umwegen dem Firmensitz aus einer anderen Richtung als üblich. Auf der Strecke ereignete sich ein Unfall. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte die Kostenübernahmen ab. Die Richter stimmten zu und argumentierten, die Kläger hätten sich aus persönlicher Unachtsamkeit – durch ein Gespräch abgelenkt – verfahren und nicht aus betrieblichen Gründen. Der Umweg sei zu weit vom direkten Arbeitsweg abgewichen.
Eine gesetzliche Ausnahme ist der Transport von Kindern: „Wenn Eltern auf ihrem Arbeitsweg einen Umweg machen, um den Nachwuchs zur Kita oder zur Schule zu bringen oder wieder abzuholen, stehen sie unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung“, sagt Ziegler.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der im Gesetz explizit erlaubt ist, sind Fahrgemeinschaften. „Zu einer versicherten Fahrgemeinschaft können sich auch Mitarbeiter verschiedener Firmen zusammenschließen“, sagt Ziegler. Die Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung zahlt der Arbeitgeber. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag sei für den Versicherungsschutz nicht relevant, sagt Ziegler (DGUV). Im Ernstfall sollte der Arbeitgeber so schnell wie möglich informiert werden. „Er schickt dann eine Unfallanzeige an die zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse“, sagt Ziegler.
Im Fall einer Verletzung sei es außerdem wichtig, sobald wie möglich einen Durchgangsarzt aufzusuchen. „Der Durchgangsarzt stellt die Erstdiagnose und entscheidet mit Ihnen zusammen über den weiteren Handlungsverlauf“, erklärt Ziegler. Versicherte finden ihn über ihren Hausarzt oder die gesetzliche Unfallkasse. Behandelt werde selbstverständlich jeder, der sich auf dem Arbeitsweg verletze, sagt Schmitz. „Die Frage ist nur, welcher Sozialversicherungsträger die Kosten trägt – die Krankenkasse oder die gesetzliche Unfallversicherung“, so der Jurist. Der Schutz der Unfallversicherung sei umfassender, „denn beispielsweise sieht die Krankenversicherung keinen Rentenanspruch vor“, erklärt Schmitz.