Testament-Knigge: Diese Fehler gefährden den Frieden in der Familie

Wie schaut das perfekte Testament aus? Für einen Münchner Experten so: Es sorgt für Frieden in der Familie und spart zugleich Steuern. Wie das klappt.
von  Rosemarie Vielreicher
Wer ein Testament aufsetzt, sollte die Anzahl der Erben darin möglichst gering halten. Wer mehrere Personen bedenken möchte, kann diese alternativ als Vermächtnisnehmer einsetzen.
Wer ein Testament aufsetzt, sollte die Anzahl der Erben darin möglichst gering halten. Wer mehrere Personen bedenken möchte, kann diese alternativ als Vermächtnisnehmer einsetzen. © Christin Klose/dpa-tmn

München - Keiner beschäftigt sich gern damit, ist der letzte Wille doch unweigerlich mit der eigenen Sterblichkeit verbunden. Doch um ein Testament sollte man sich rechtzeitig kümmern. Schließlich ist man auch als junger Mensch nicht vor einer schweren Krankheit oder einem Unglück gefeit.

Was ist zu beachten? Wie gelingt das perfekte Testament? Für den Münchner Fachanwalt für Erbrecht, Anton Steiner, trifft das in diesem Falle zu: "Inhaltlich ist das perfekte Testament dasjenige, welches gerecht ist, Frieden in der Familie stiftet und Steuern spart."

Das perfekte Testament: Gerechtigkeit spielt eine große Rolle

Der Begriff Gerechtigkeit sei "natürlich subjektiv und einzelfallbezogen", so der Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht. ,"In der Regel wird hierunter Gleichbehandlung verstanden." Aber es gebe Ausnahmen, "wenn beispielsweise ein Sohn Fußballstar ist und deshalb vielfacher Millionär, dann wird man verstehen, wenn die anderen Kinder mehr aus dem Nachlass erhalten". Was es rund ums Thema (perfektes) Testament zu wissen gibt:

Warum braucht es ein Testament? Sprich: Was passiert, wenn man keines macht? "Dann greift die gesetzliche Erbfolge. Gerade bei Alleinstehenden hat das nicht selten zur Folge, dass Personen erben, die der Erblasser nicht einmal kannte", teilt Steiner mit. Er rät dazu, ein Testament ab dann dringend zu verfassen, sobald man ein Vermögen zu hinterlassen hat. Alle fünf bis zehn Jahre sollte man überprüfen, ob der geäußerte Letzte Wille noch aktuell ist.

Gesetzliche Erbfolge: Wer in diesem Fall erbt

Was sieht die gesetzliche Erbfolge vor? Das Bundesjustizministerium erklärt dazu: "Nach dem deutschen Erbrecht erben grundsätzlich nur Verwandte, also Personen, die gemeinsame Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, aber auch noch entferntere gemeinsame Vorfahren haben." In dem Sinne nicht als Verwandte gelten Verschwägerte, sie sind von dieser Erbfolge ausgeschlossen.

Adoptierte Kinder werden wie leibliche Kinder behandelt. Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Verwandten-Erbfolge besteht für Ehegatten. Eingetragene Lebenspartnerschaften sind ihnen erbrechtlich gleichgestellt.

Testament-Tipps: Wer in welchen Reihenfolge erbt

Unterschieden wird grundsätzlich zwischen den Verwandten erster Ordnung (Kinder, Enkel, Urenkel), zweiter Ordnung (die Eltern des Verstorbenen und deren Kinder und Kindeskinder, also die Geschwister und die Neffen und Nichten des Erblassers), dritter Ordnung (Großeltern und deren Kinder und Kindeskinder (Tante, Onkel, Cousin, Cousine usw.) und fernerer Ordnungen.

Für die Enkel vorsorgen - das wollen viele Großeltern.
Für die Enkel vorsorgen - das wollen viele Großeltern. © Westend61/imago

Für die Ehegatten gilt laut Justizministerium: Sie sind "unabhängig vom jeweiligen Güterstand neben Abkömmlingen zu ein Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung und neben Großeltern zur Hälfte gesetzliche Erben".

Was man in einem Testament alles regeln kann

Weiter gilt: "Haben die Eheleute im 'gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft' gelebt, so erhöht sich der oben angegebene Erbteil um ein Viertel." Gibt es keine Verwandten erster oder zweiter Ordnung mehr, bekomme der Ehegatte die ganze Erbschaft.

Was kann man in einem Testament regeln? Das Bundesjustizministerium hält fest: "In einem Testament können Sie grundsätzlich völlig frei bestimmen, wer was unter welchen Umständen aus Ihrem Vermögen bekommen soll."

Auch Vermächtnisse können angeordnet werden

Ein paar Beispiele: Man kann abweichend von der gesetzlichen Erbfolge einen oder mehrere Erben bestimmen. Es können dafür auch die Kirche, Vereine oder wohltätige Organisationen benannt werden.

Man kann auch Vermächtnisse anordnen, das bedeutet, einzelne Nachlassgegenstände oder bestimmte Geldbeträge bestimmten Personen zuwenden. "Die Vermächtnisnehmer werden dann nicht Erben, sondern haben gegen den oder die Erben einen Anspruch darauf, das aus dem Nachlass zu erhalten, was im Testament bestimmt ist."

Tipps fürs Testament: Was der Experte dringend empfielt 

Fachanwalt Steiner empfiehlt: "Eine klare Aufteilung durch Teilungsanordnung ist sehr sinnvoll." Er führt auf AZ-Nachfrage aus, wie eine solche beispielhaft aussehen kann: "Meine Kinder A, B und C sind Erben zu je 1/3. A bekommt meine Eigentumswohnung in der Müllerstraße 24, B die Ferienwohnung am Gardasee und C mein Wertpapier-Depot bei der XY-Bank." Und weiter: "Wertunterschiede sind auszugleichen, sofern sich die Erben hierüber nicht einigen, entscheidet ein von der Industrie- und Handelskammer München zu bestellender Sachverständiger."

Ein weiterer Tipp: "Oft empfiehlt es sich auch, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen, der als Puffer zwischen potenziell streitenden Erben wirkt."

Welche Kriterien muss der Letzte Wille formell erfüllen? "Das Testament muss entweder von einem Notar beurkundet werden oder man schreibt es handschriftlich von A bis Z nieder und unterschreibt es", teilt Steiner mit. Ehegatten könnten auch ein gemeinschaftliches Testament verfassen, "bei dem einer schreibt und beide unterschreiben".

Wer ein Testament aufsetzt, sollte die Anzahl der Erben darin möglichst gering halten. Wer mehrere Personen bedenken möchte, kann diese alternativ als Vermächtnisnehmer einsetzen.
Wer ein Testament aufsetzt, sollte die Anzahl der Erben darin möglichst gering halten. Wer mehrere Personen bedenken möchte, kann diese alternativ als Vermächtnisnehmer einsetzen. © Christin Klose/dpa-tmn

Fehler beim Testament vermeiden: Worauf man achten muss

Das Bundesjustizministerium betont in einer Broschüre zum Thema: Man sollte mit ganzem Namen, also Vor- und Familienname unterschreiben, "damit kein Irrtum über die Person, die das Testament erstellt hat, aufkommen kann".

Ebenso sei es "dringend zu empfehlen, die Zeit und den Ort der Niederschrift im Testament festzuhalten". Warum? Um bei mehreren Testamenten feststellen zu können, welches das Neueste ist und damit gilt.

Schafft man das allein oder braucht man fachliche Unterstützung? Steiner findet: "Das Erbrecht ist voller Tücken, weshalb fachliche Unterstützung eingeholt werden sollte." Er führt ein Beispiel an: "Ehegatten setzen sich wechselseitig zu Alleinerben ein und die Kinder zu Erben des Längstlebenden."

Was jeder Laie beim Testament vergisst

Die Tücke: "Jeder Laie vergisst zu regeln, ob der Überlebende dieses Testament noch ändern kann oder nicht."

Kann man jemanden enterben? Steiner: "Enterben können Sie, wie Sie wollen" - es gibt allerdings ein Aber: "Engen Verwandten, insbesondere den Kindern und dem Ehegatten, verbleibt der Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils." Eine Entziehung sei nur dann möglich, "wenn sich der Betreffende Erhebliches zu Schulden hat kommen lassen, beispielsweise Ihnen nach dem Leben getrachtet hat".

Fehler beim Testament vermeiden: Welche Problematik man entschärfen sollte

Wie wichtig ist die Regelung rund um den Pflichtanteil? Das Deutsche Forum für Erbrecht hat schon in früheren Ratgebern darauf aufmerksam gemacht: "Der Pflichtteil ist immer ein Geldanspruch, kann den Erben, der den Pflichtteil zahlen muss, also in größte Liquiditätsprobleme stürzen". Etwa dann, wenn zum Nachlass "nur" eine Immobilie zählt.

Der Rat: "Man sollte daher auf jeden Fall versuchen, diese Problematik zu entschärfen, zum Beispiel durch lebzeitigen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag, durch Testamentsklauseln oder Anrechnungsklauseln bei Schenkungen an den späteren Pflichtteilsberechtigten oder durch rechtzeitige Schenkungen an andere Personen."

Der Münchner Fachanwalt für Erbrecht, Anton Steiner, ist Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht.
Der Münchner Fachanwalt für Erbrecht, Anton Steiner, ist Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht. © C. Müller

Welche Formulierungen beim Testament vermieden werden sollten

Gibt es Formulierungen, die man meiden sollte? Der Münchner Fachanwalt sagt: "Hierüber ließen sich ganze Bibliotheken schreiben." Ein Beispiel: "Meine Tochter erhält das Geld bei der HypoVereinsbank, mein Sohn die Eigentumswohnung."

Der Einwand des Anwalts: "Was ist, wenn beim Erbfall die Wohnung verkauft wurde und das Geld auf das Konto bei der HypoVereinsbank geflossen ist?" Oder: "Was ist, wenn man die Bank gewechselt hat?" Eine klare Erbeinsetzung sei dringend nötig: "Meine Tochter ist Erbin zu 1/2, mein Sohn zu anderen Hälfte. Für die Aufteilung des Erbes ordne ich an: …"

So lassen sich Steuern beim Erben sparen

Weitere Formulierungen, die unwirksam sind: "Derjenige, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat, soll der Alleinerbe sein." Ähnlich: Diejenige Person soll Erbe sein, "die sich bis zu meinem Tode um mich kümmert". Hintergrund ist dem Forum für Erbrecht zufolge, dass der Erblasser im Testament den Erben bestimmen soll, nicht nachträglich ein anderer.

Wie kann man Steuern sparen? Steiner teilt der AZ dazu mit: "Steuern lassen sich beispielsweise durch geschickte Gestaltung im Testament sparen. Insbesondere durch das Enkelkindvermächtnis, denn jedes Enkelkind hat einen Freibetrag von 200.000 Euro."

Eine mögliche Formulierung könnte sein: "Jedes meiner Enkelkinder erhält ein Vermächtnis von 200.000 Euro." Dies biete sich insbesondere dann an, "wenn die Freibeträge der eigenen Kinder durch den Nachlass schon überschritten werden".

Verschiedene Steuerfreibeträge für die Verwandten

Dazu muss man wissen: Der Steuerfreibetrag bei den eigenen Kindern liegt bei 400.000 Euro; bei Ehegatten: 500.000 Euro.

Wann ist ein Testament ungültig? Zum Beispiel, wenn der Erblasser testierunfähig war, als er das Testament verfasst hat, etwa wegen Altersdemenz. Das Justizministerium nennt weitere Gründe: "Ist das Testament mit Schreibmaschine oder Computer geschrieben worden oder fehlt die Unterschrift oder ist es etwa auf Band gesprochen worden, so ist das Testament ungültig mit der Folge, dass nur die gesetzlichen Erben zum Zuge kommen."

Lothar Heidepeter: Was tun, wenn jemand stirbt? Handbuch für den Trauerfall; 18   Euro

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