Stromrechnung nicht bezahlt - Leitung abgeklemmt

Offene Rechnung – Versorger klemmen pro Jahr 300000 Kunden die Leitung ab
von  Susanne Stephan

 

MÜNCHEN Kein Licht, kein Elektroherd, kein Fernseher: Wegen unbezahlter Stromrechnungen wird vielen Kunden der Saft abgedreht. Bundesweit waren es 2011 rund 300000 Haushalte, berichtet die Bundesnetzagentur. Für München nennen die Stadtwerke keine Zahlen – das sei Betriebsgeheimnis, heißt es. Gestern entschied Der Bundesgerichtshof (BGH): Energieversorger dürfen säumigen Zahlern auch künftig den Strom abstellen.

Im aktuellen Fall hatte ein Schreibwarenhändler aus Protest gegen Preiserhöhungen 2008 seine Jahresabrechnung in Höhe von 1300 Euro nicht beglichen.

Andere Kunden würden zahlen, wenn sie genügend Geld auf dem Konto hätten. Auch in der Landeshauptstadt sind finanzielle Engpässe wegen hoher Stromrechnungen ein Thema, berichtet das Sozialreferat. Im Schnitt, so die Bundesenetzagentur, werde Verbrauchern bei einem Rückstand von 120 Euro eine Sperre angedroht.

Menschen, die wegen geringer Einkünfte auf HartzIV-Leistungen oder die Grundsicherung im Alter angewiesen sind, können sich, wenn es brennt, an das Sozialamt beziehungsweise die Jobcenter wenden. Allerdings ist die Stadt nicht verpflichtet, ihnen unter die Arme zu greifen. Denn in der Grundsicherung ist die Versorgung mit Strom enthalten. In Einzelfällen kann aber die Hilfe aus einem Härtefallfonds in Anspruch genommen werden. Die Stadt bietet außerdem bedürftigen Bürgern kostenlose Energieberatung. Einig sind sich die Experten des Sozialreferats darüber, dass die im Hartz -IV-Satz und der Grundsicherung enthaltene Strompauschale oft nicht ausreicht, die tatsächliche Stromkosten zu decken. Damit es nicht immer wieder zu Zahlungsrückständen kommt, ziehen die Jobcenter und das Sozialreferat zum Teil die Stromabschlagszahlungen direkt von der Sozialhilfe ab.

Die juristischen Regeln

Grundsätzlich gilt: Stromversorger dürfen laut Gesetz ab einem Rückstand von 100 Euro den Strom abstellen. Zuvor müssen sie säumige Kunden abgemahnt und die Sperrung angedroht haben. Die Maßnahme muss außerdem verhältnismäßig sein. Wer mit seiner Stromrechnung nicht einverstanden ist, sollte keinesfalls die ganze Abschlagszahlung einstellen, sondern den Betrag überweisen, der unstrittig ist. Dies empfiehlt Günter Hörmann von der Verbraucherzentrale Hamburg. Haben Kunden eine Einzugsermächtigung erteilt, können sie diese widerrufen. Dann müssen sie selbst den fälligen Beitrag überweisen. Eine andere Möglichkeit ist, die erhöhten Beiträge unter Vorbehalt zu zahlen. Voraussetzung in allen Fällen: „Sie sollten den Versorger schriftlich davon in Kenntnis setzen.“ Am besten verwenden Kunden dazu ein Einschreiben. Begründet werden kann ein Widerspruch unter anderem mit mangelnder Transparenz. „Eine Preiserhöhung muss nachvollziehbar sein“, erklärt der Verbraucherschützer. Allein der Hinweis auf gestiegene Kosten ist nicht immer ausreichend. „Versorger sparen unter Umständen an anderer Stelle ein.“

 

 

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