Straffreiheit im Diskurs

Steuer-Selbstanzeige: Jetzt noch die geltende Rechtslage nutzen
Das Klima für in Deutschland steuerpflichtige Steuersünder hat sich wesentlich geändert. Zum einen steigt das Entdeckungsrisiko aufgrund von Steuer- bzw. Auskunftsabkommen mit vormaligen "Steueroasen". Zum anderen hat sich auch das steuerstrafrechtliche Umfeld in jüngster Zeit erheblich verschärft. Neben der Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre in besonders schweren Fällen und der Erhöhung des Strafmaßes, werden aktuell die Anforderungen an Selbstanzeigen zur Erlangung der Straffreiheit erhöht.
Änderung des politischen Umfelds für strafbefreiende Selbstanzeigen
Der von der SPD in den Bundestag eingebrachte Gesetzesentwurf spricht sich für eine vollständige Abschaffung des Instruments der strafbefreienden Selbstanzeige aus. Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP halten zwar weiterhin an der strafbefreienden Selbstanzeige fest. Im aktuellen Entwurf des Jahressteuergesetzes 2010 sind aber Verschärfungen vorgesehen.
Abschaffung der Teilselbstanzeige
Künftig sollen Steuersünder durch eine Teil-Selbstanzeige, in welcher nur ein Teil der Steuerquellen offen gelegt wird, keine Straffreiheit mehr erlangen können. Ein Taktieren, mit dem der Steuerpflichtige bislang verborgene Steuerquellen je nach aktuellem Entdeckungsrisiko nur scheibchenweise offen legt, soll hierdurch unterbunden werden.
Maßnahmen zur Verschärfung der Anforderungen an strafbefreiende Selbstanzeigen
Auch das Zeitfenster, in dem reuige Steuerpflichtige eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung einreichen können, wird künftig enger.
Nach dem Gesetzesentwurf ist der Weg in die Straffreiheit a) mit Tatentdeckung oder b) mit Einleitung eines Straf- oder Bussgeldverfahrens bzw. c) mit Absendung einer Prüfungsanordnung im Falle von Betriebsprüfungen versperrt. Bisher kam es zusätzlich darauf an, dass im Fall a) der Täter von der Tatentdeckung wusste oder damit rechnen musste, im Fall b) die Einleitung des Verfahrens an den Steuerpflichtigen bekanntgegeben worden war und im Fall c) der Betriebsprüfer beim Steuerpflichtigen in Prüfungsabsicht erschienen war.
Verteuerung der strafbefreienden Selbstanzeige
Schließlich ist eine Verteuerung der Selbstanzeige vorgesehen: Es soll künftig ein Zuschlag in Höhe von 5 % auf den Hinterziehungsbetrag gelten. Dieser tritt neben die nachzuentrichtende Steuer und die Hinterziehungszinsen von 6 % p.a.
Auswirkungen für den Steuerpflichtigen
Die Verlässlichkeit, mit welcher reuige Steuerpflichtige die strafrechtlichen Folgen einer Selbstanzeige abzuschätzen können, wird durch die geplante Neuregelung stark beeinträchtigt. Steuerpflichtige, welche reinen Tisch machen wollen, sollten daher möglichst die derzeit noch gültige Rechtslage nutzen. Ob hinsichtlich Auslandsanlagen in der Schweiz mit einer Neuauflage einer "Steueramnestie durch die Hintertüre" zu rechnen ist und ob diese dann tatsächlich auch Straffreiheit gewähren würde, dürften die nächsten Wochen zeigen, für die Einzelheiten zum Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz erwartet werden.
Jasmin Weinert, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin, WSWP Weinert GmbH, München
Dr. Gregor Geimer, Rechtsanwalt und Steuerberater, Acuris Rechtsanwälte, München