Sex- und Blaulichtsteuer

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Die klammen Kommunen suchen immer neue Wege, ihre Kassen zu füllen.
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Prostituierte wartet auf Freier
dpa Prostituierte wartet auf Freier

BERLIN - Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Die klammen Kommunen suchen immer neue Wege, ihre Kassen zu füllen.

Sexsteuer, Bräunungssteuer, Zockersteuer: Die Städte und Gemeinden steuern auf ein Rekorddefizit zu – und suchen in ihrer Not immer neue Einnahmequellen. Besonders erfinderisch sind die Kommunen in Nordrhein-Westfalen, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab. Gerade erst hat Essen eine Steuer auf Sonnenbänke eingeführt, da zieht Köln mit der „Bettensteuer“ nach.

Trotz rechtlicher Unsicherheiten verlangt Köln seit dem 1. Oktober eine „Kulturförderabgabe“ von fünf Prozent auf Hotelübernachtungen. Die Einnahmen sollen in den Kulturetat fließen; die Stadt hofft auf sieben Millionen Euro pro Jahr. Ersonnen hatte die Steuer, die es in Weimar schon seit 2005 gibt, der frühere Stadtkämmerer und heutige nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), der 2004 schon die „Sexsteuer“ für Prostituierte und Bordelle in Köln eingeführt hatte.

Die Kommunen haben großen Gestaltungsspielraum: Sie können sich alle möglichen Steuern ausdenken, müssen sie aber vom Land genehmigen lassen. Borjans gilt in dieser Hinsicht als Vordenker. Allein die „Bettensteuer“ könnte nach seinen Berechnungen jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag in die kommunalen Kassen spülen, wenn sie landesweit eingeführt würde.

Auch wenn der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga bereits eine Klage gegen die Kölner Abgabe angekündigt hat, ist das Interesse anderer Kommunen groß. Mehr als 20 Städte und Gemeinden in ganz Deutschland stellen inzwischen ähnliche Überlegungen an.

So will das hoch verschuldete Berlin seine Besucher mit einer „City Tax“ zur Kasse bitten. Auch Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) erwägt, eine Abgabe auf Hotelbetten oder Übernachtungen zu erheben.

Hamburg hat beschlossen, 2011 eine „Kulturtaxe“ einzuführen, die wie in Köln etwa fünf Prozent der Hotelrechnung betragen und rund zehn Millionen Euro pro Jahr einbringen soll. Zudem will der schwarz- grüne Senat Unfallverursacher, die bei einem Unfall ohne Personenschaden die Polizei rufen, künftig mit 40 Euro zur Kasse bitten. Geschätzte Einnahmen der „Blaulichtsteuer“: 1,6 Millionen Euro pro Jahr.

Viele Kommunen sehen neue Steuern als letzten Ausweg aus ihrer Misere. Den Städten und Gemeinden geht es so schlecht wie nie. Der Deutsche Städtetag erwartet dieses Jahr eine Verdopplung des kommunalen Defizits auf fast 15 Milliarden Euro. Umso besser, wenn sich neue Abgaben dann auch noch politisch rechtfertigen lassen.

So hat Essen vergangene Woche als bundesweit erste Stadt eine „Bräunungssteuer„ beschlossen. Die Besitzer von Solarien sollen künftig eine Abgabe von 20 Euro pro Sonnenbank und Monat zahlen - auch aus Gründen des Gesundheitsschutzes, wie die Stadt betont.

Berlin wiederum will die Betreiber von Spielsalons stärker zur Kasse bitten und die Vergnügungssteuer für das Automatenspiel von 11 auf mindestens 15 Prozent anheben. Damit soll auch die Zahl der Spielautomaten reduziert werden, die sich seit 2005 verdoppelt hat. Viele andere Städte haben das schon vorgemacht, Spielhallensteuern gibt es inzwischen quer durch die Republik.

Andere Steuerpläne dagegen sind längst wieder in der Schublade verschwunden. So hat Stuttgart kürzlich das Vorhaben gekippt, eine Waffensteuer von 100 Euro für jedes Gewehr und jede Pistole einzuführen. Die rechtlichen Bedenken waren zu groß. Auch mit der Windradsteuer im brandenburgischen Luckau wird es wohl nichts werden; die Landesregierung hat schon abgewunken. Auch die in Ellwangen geplante Pferdesteuer war letztlich nicht durchsetzbar. (dpa)

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