Riester-Rente: Vorteile, Nachteile, attraktiv für wen?
Seit der Riester-Rentenreform von 2001 wirbt die Bundesregierung intensiv für die ergänzende private Altersvorsorge. Staatliche Zulagen und Steuervorteile sollen das Sparen attraktiv machen und vor allem Familien und Geringverdienern den Aufbau kapitalgedeckter Rentenansprüche erleichtern. Für sie ist das Fördermodell auch zweifelsohne attraktiv. Denn wie viel Zuschuss der Staat spendiert, hängt vor allem vom Familienstand ab. Pro Sparer gibt es eine Grundzulage von 154 Euro pro Jahr. Gehört Nachwuchs zum Haushalt, kommen für jedes kindergeldberechtigte Kind, das vor 2008 geboren wurde, 185 Euro Kinderzulage hinzu, für später geborene Kinder gibt es sogar 300 Euro.
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Berufseinsteiger fördert der Staat besonders: Wer mit dem Riester-Vertrag noch vor dem 25. Geburtstag beginnt, erhält einen „Berufseinsteiger-Bonus“ von einmalig 200 Euro. Der Bonus wird zudem nicht auf den Sonderausgaben-Höchstbetrag von 2100 Euro angerechnet, der Besserverdienern zusätzliche geldwerte Steuervorteile bringt. Denn Riester-Sparer können ihren gesamten Vorsorgeaufwand, der aus den eigenen Beiträgen plus der staatlichen Zulagen besteht, bis zum förderfähigen Höchstbetrag von 2100 Euro pro Sparer als Sonderausgaben von ihrem zu versteuernden Einkommen abziehen. Wie beim Kindergeld prüft der Fiskus dann, ob dem Sparer neben der Zulage noch eine Steuererstattung zusteht.
Um in den Genuss der vollen Förderung zu kommen, müssen Sparer vier Prozent ihres Bruttoeinkommens vom Vorjahr in einen förderfähigen Riester-Vertrag einzahlen. Bei niedrigeren Beiträgen verringern sich Grund- und Kinderzulage sonst entsprechend. Allerdings müssen Riester-Sparer den Vorsorgeaufwand nicht allein bestreiten. Die staatlichen Zulagen werden auf die notwendige Sparleistung angerechnet. Grund und Kinderzulagen verringern daher den Eigenanteil am Vorsorgeaufwand.
Von diesem Fördermodell profitieren vor allem Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen und mehreren Kindern. Sie erwerben bereits mit geringem Aufwand Anspruch auf staatliche Förderung.
Beispiel: Ein alleinstehender Arbeitnehmer mit einem zwölfjährigen Sohn und 30000 Euro Bruttojahreseinkommen im Jahr 2012 muss 2013 exakt 1200 Euro in seinen Vorsorgevertrag einzahlen. Das ist die erforderliche Sparleistung, um in den Genuss der vollen Förderung zu kommen. Da ihm der Staat in diesem Fall aber für 2013 insgesamt 154 Euro Grundzulage plus 185 Euro für das Kind, also zusammen 339 Euro an Zulagen spendiert, verringert sich sein Eigenanteil auf 861 Euro im Jahr oder 71,75 Euro im Monat. Das ist der Betrag, den er aus seinem Nettoeinkommen in diesem Jahr auf den Vertrag einzahlen muss. So wird gerechnet (Kasten):
Riester-Rente fast zum Nulltarif: Bei Sparern mit knappem Budget ist das Einkommen bisweilen so niedrig oder die Summe der Zulagen – beispielsweise bei kinderreichen Familien – so hoch, dass der volle Förderbetrag die Mindestsparleistung sogar übersteigt. In solchen Fällen sieht der Gesetzgeber vor, dass der Vorsorgesparer lediglich einen Sockelbetrag von fünf Euro pro Monat oder 60 Euro jährlich aus eigner Tasche in den Vertrag einzahlt. Den Rest zahlt der Staat.
Beispiel: Eine angestellte Raumpflegerin mit zwei schulpflichtigen Kindern hatte 2012 ein Bruttoeinkommen von 12800 Euro. Um die volle Förderung zu erhalten, muss sie 4 Prozent des Gehalts oder umgerechnet 512 Euro Mindesteigenbeitrag zahlen. Zugleich aber hat sie Anspruch auf eine Grundzulage von 154 Euro und zwei Kinderzulagen von je185 Euro. Macht zusammen 524 Euro. Theoretisch wäre die Mindestsparleistung allein durch die staatlichen Zulagen übererfüllt. Deshalb muss sie lediglich 60 Euro im Jahr aus eigenem Mittel aufbringen. Dann zahlt der Staat 524 Euro Zulagen dazu, macht insgesamt 584 Euro, die auf den Vertrag fließen. Das gilt aber nur, solange die Kinder auch kindergeldberechtigt sind, also mindestens bis zu deren 18.Lebensjahr oder bis 25, falls die erste Ausbildung so lange dauert. Anschließend muss sie ihren Eigenbeitrag um die weggefallene Kinderzulage erhöhen, wenn sie weiterhin die volle Grundzulage erhalten will.
Sonderregelungen: Auch wer nicht förderberechtigt, aber verheiratet ist, kann als Ehepartner mit 60 Euro Mindestbetrag plus staatliche Zuschüsse eine eigene Riester-Rente aufbauen. Dazu müssen beide Eheleute allerdings jeweils einen eigenen Riester-Vertrag abschließen.
Der berufstätige bzw. förderberechtigte Ehepartner bespart dann seinen Vertrag mit eigenen Mitteln, der andere füllt seinen Vertrag mit Mindestbeitrag plus staatlicher Förderung, wobei die Kinderzulagen üblicherweise dem Konto der Frau gutgeschrieben werden.
Die Attraktivität einer solchen Vorsorge liegt auf der Hand: Eine Hausfrau mit zwei Kindern bekommt zum Beispiel pro Jahr insgesamt 524Euro Zuschuss, solange die Kinder kindergeldberechtigt und damit förderfähig sind. Sind die Kinder nach 2007 geboren, gibt es sogar 754 Euro an Zulagen. Auch wenn die Kinder später aus der Förderung fallen, erhält sie auf ihren Riester-Vertrag noch jährlich 154 Euro Grundfreibetrag.
Doch auch der berufstätige Ehepartner profitiert: Er kann den Beitrag für seinen eigenen Riester- Vertrag um die Zulagen für beide Verträge mindern. Er zieht von seinem – je nach Einkommen – erforderlichen Mindestaufwand nicht nur die eigene Grundzulage ab, sondern auch die Zulagen, die auf den Vertrag der Ehefrau fließen. Trotzdem erhält er die volle Förderung.
Wichtig: Wer in Elternzeit geht, muss auch während der dreijährigen Kindererziehungszeit mindestens den Sockelbetrag von 60 Euro überweisen, um weiterhin die volle Förderung zu erhalten.
Weitere Förderregeln: In den Genuss der Förderung kommen in erster Linie Arbeitnehmer, darunter aber auch Minijobber, die eigene Beiträge zur Rentenversicherung zahlen, sowie Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst. Auch wer Angehörige zuhause mindestens 14 Stunden die Woche pflegt, kann seine Rente vom Staat mit einer privaten Riester-Rente aufbessern.
Förderfähig sind Anlageformen, die im Alter eine steigende oder zumindest gleichbleibende, lebenslange Monatsrente garantieren und so die gesetzliche Rente oder Beamtenpension aufbessern helfen. Das können spezielle private Riester- Rentenversicherungen, Riester-Fondssparpläne oder Riester-Banksparpläne mit Auszahlplan, aber auch betriebliche Angebote wie Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds sein. Auch wer sein Einkommen später nicht durch eine Riester-Rente, sondern durch mietfreies Wohnen im Eigenheim aufbessern will, kann profitieren, wenn der Bau oder Kauf der Immobilien mit Riester-Bausparverträgen und/oder Riester-Darlehen finanziert wird. Für diese Form der Vorsorge steht der Begriff „Wohn-Riester.
Doch egal, für welche Anlageform sich Riester-Sparer entscheiden: Bei allen Produkten müssen die Anbieter zusichern, dass das eingezahlte Kapital zusammen mit den erhaltenen Zulagen zu Rentenbeginn in voller Höhe zur Verfügung steht („Kapitalerhaltsgarantie“). Außerdem gibt es die Förderung nicht umsonst. Die spätere Auszahlung, je nach Produkt Riester-Rente oder Eigenheimrente genannt, muss voll versteuert werden.
Attraktive Förderung, mangelhafte Produkte: Keine Frage: Die Förderung der Riester-Rente ist attraktiver als ihr Ruf. Vor allem Familien mit Kindern können hohe Förderquoten erhalten. So würde eine Familie mit zwei kleinen Kindern, bei denen nur ein Elternteil rentenversicherungspflichtig beschäftigt ist und ein Bruttoeinkommen von 30000 Euro hat, eine Förderquote von 68 Prozent ihres Eigenbeitrags erzielen. Eine teilzeitbeschäftigte Mutter mit drei Kindern und 15000 Euro Bruttogehalt käme sogar auf eine Förderquote von stolzen 93 Prozent.
Das klingt attraktiv. Dennoch ist die Riester-Rente nicht unbedingt für jeden Sparer mit hohem Förderanspruch geeignet. Wer von vornherein einkalkuliert, dass er in Notlagen eventuell vorzeitig auf das angesparte Kapital zurückgreifen muss, sollte sich den Abschluss eines Riester-Vertrags gut überlegen.
Denn ohne Fördernachteil gibt es das Geld nur im Alter zurück und zwar überwiegend in Form einer lebenslangen Rente. Lediglich 30 Prozent des Kapitals können zu Rentenbeginn auf einen Schlag entnommen werden. Ansonsten wird jede vorzeitige Kapitalentnahme mit dem Verlust der Förderung bestraft. Sie muss dann komplett zurückgezahlt werden.
Wer eine liquide Anlage mit staatlicher Förderung sucht, ist mit Sparanlagen für vermögenswirksame Leistungen daher besser bedient. Obendrein werden Sparer mit kleinem Geldbeutel große Probleme haben, ein kostengünstiges und leistungsstarkes Riester-Produkt zu finden.
Denn längst nicht jeder Anbieter hat seine Riester-Produkte für Sparer mit niedrigem Einkommen und/oder vielen Kindern gestrickt. Wer nur den gesetzlich erforderlichen Mindestbetrag von fünf Euro pro Monat aus eigenen Mitteln aufbringen kann, steht bei vielen Versicherern vor verschlossener Tür. Denn deren Riester- Tarife schreiben einen Mindesteigenbeitrag von wenigstens 20, 30 oder sogar 50 Euro im Monat vor. Das ist zwar höchst ärgerlich, aber rechtlich zulässig.
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