Richtig Vererben: Die größten Fehler bei Nachlass und Testament

Wer seinen Nachlass regeln will und ein Testament verfasst, macht schon mal was richtig. Trotzdem kann bei Erblasser und Erben noch viel schiefgehen. Die AZ stellt die gravierendsten Irrtümer vor.
Sandra Ketterer, Otto Zellmer |
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Wer Geld, Haus oder Gold erbt, kann sich eigentlich nicht beschweren. Probleme gibt’s, wenn der Erblasser Schulden hinterlässt.
AZ-Montage/imago Wer Geld, Haus oder Gold erbt, kann sich eigentlich nicht beschweren. Probleme gibt’s, wenn der Erblasser Schulden hinterlässt.

Rund 400 Milliarden Euro – so viel Vermögen wird einer neuen Studie zufolge in den Jahren 2012 bis 2027 in Deutschland vererbt.

Doch wenn’s um die Erbschaft geht, gibt fast die Hälfte der Menschen in der Bundesrepublik zu, sich bei diesem Thema nicht gut genug auszukennen. Vor allem bei der Erbschaftsteuer und dem Testament fühlen sich viele Befragten unsicher. Wer nicht ausreichend informiert ist, tappt oft in Erbfallen – das kann sich auch nachteilig für die Erben auswirken.
Die AZ zeigt zehn Irrtümer:

Eigentlich brauche ich doch überhaupt kein Testament

Viele Deutsche beschäftigten sich nur ungern mit dem Thema Erbe. Liegt kein Testament vor, gilt die gesetzliche Erbfolge. Bei Eheleuten mit zwei Kindern, die keinen Ehevertrag abgeschlossen haben, bedeutet das etwa, dass der Ehepartner zur Hälfte und die beiden Kinder jeweils zu einem Viertel erben. Das passt nicht jedem.

Wer sein Testament eigenhändig aufsetzen will, muss zu Papier und Stift greifen. Der PC oder die Schreibmaschine sind tabu. Wichtig: nicht zu lange mit dem Testament warten. Oft können auch Jüngere – etwa aufgrund eines Unfalls – dazu nicht mehr in der Lage sein.

Auf juristische Begriffe im Testament kommt’s am Ende gar nicht an

Auch wenn dem Erblasser beim Schreiben klar erschien, was er meinte, kann ein unglücklich gewähltes Wort im Erbfall viel Verwirrung stiften. Denn bei ungenauen Formulierungen kommt es am Ende auf die Auslegung durch Gerichte an.
Zwei Beispiele:

Vermächtnis vs. Erbe:

"Ich vermache meinem einzigen Sohn mein Haus" – Formulierungen wie diese tauchen in vielen Testamenten auf. Das Erbe ist damit aber noch nicht geregelt.

Jemandem etwas zu vermachen, heißt nicht, ihn zum Gesamterben zu machen. Doch was ist mit dem Rest wie dem Geld oder dem Auto?

Ein Vermächtnisnehmer bekommt nur den einen ihm zugewiesenen Teil des Erbes. Nur der Erbe ist der Gesamtrechtsnachfolger. Wer also etwa seinen Sohn als Erben einsetzen will, sollte das auch schreiben.

Bar- vs. Kapitalvermögen:

In Testamenten ist oft von Barvermögen die Rede. Damit ist nicht nur das Bargeld in der Geldbörse oder im Sparschwein gemeint – zumindest für Juristen. Denn dieser Begriff kann so ausgelegt werden, dass damit auch Vermögen gemeint ist, das kurzfristig verflüssigt werden kann – wie bei der Bank liegende Wertpapiere.

Das verfasste Testament nach Jahren erneuern? Das braucht’s nicht!

Das Testament sollte alle drei bis fünf Jahre geprüft werden. Denn mit der Zeit können sich die Umstände verändern. "Man stelle sich vor, der Erblasser hat früher jemanden als Erben eingesetzt, der heute bereits gestorben ist", sagt Erbexperte Thomas Wachter von der Hypovereinsbank. Auch Vermögenswerte können sich ändern.

Oft verschwinden Testamente, weil sie dem Finder nicht passen. Wachter rät, das Testament an einem sicheren Ort aufzubewahren: "Etwa beim Notar oder dem Amtsgericht."

Wichtig: Das Erbrecht ist kompliziert. Gerade bei größeren Vermögen hilft Beratung.

Nach dem Tod des Gatten erbt der andere automatisch alles

"Das ist der gröbste Irrtum", sagt Erbrechts-Expertin Stephanie Herzog. Viele denken, die Kinder würden erst nach dem Tod des zweiten Partners erben. Dabei bedeutet die Rangfolge laut Gesetz, dass Kinder automatisch bedacht werden. "Fehlt ein Testament oder ein Erbvertrag, dann erben Kinder die Hälfte des Nachlasses", sagt Herzog.

Michael Sittig von der Stiftung Warentest rät Partnern, die den jeweils anderen zunächst als Alleinerben einsetzen wollen, zu einem Berliner Testament. Hiermit können sie festlegen, dass die Kinder erst nach dem Tod des zweiten Partners erben. Aber: Dieses Testament können nur beide Partner gemeinsam ändern.

Meinen Kindern will ich nichts geben – ich kann sie enterben

Falsch. Enterben bedeutet, man hat die Person als Erbberechtigten ausgeschlossen. Allerdings haben Kinder einen Anspruch auf einen Anteil des Vermögens. Dieser Pflichtteil ist ihnen nicht zu nehmen. Die Erfahrung zeigt, dass Nachkommen, die sich mit den Eltern zerstritten haben, vehement diesen Pflichtteil fordern – ohne Rücksicht auf Miterben.

Wenn ich nicht erben will, muss ich einfach nichts tun

Ebenfalls nicht richtig. "Es gibt den Irrtum, dass ich mich nur nicht melden muss, und damit bin ich dann nicht Erbe", sagt Herzog. Die gesetzliche Erbfolge sei schließlich festgelegt. "Wer ein Erbe ausschlagen will, muss dies innerhalb von sechs Wochen tun, entweder beim Nachlassgericht oder bei einem Notar." Die Frist beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem der Erbe vom Todesfall und der Tatsache, dass er Erbe ist, erfährt.

Ich verteile einfach Wertgegenstände und vermeide so Streit

"Ein Anfängerfehler", sagt Sittig. Oft denken Erblasser, wenn sie möglichst detailliert ihren Besitz bestimmten Personen vermachen, sei alles geregelt. Sie vergessen häufig, einen Erben zu benennen. "Der Erblasser muss einen Rechtsnachfolger bestimmen", sagt Sittig.

"In der ersten Stufe sollte in einem Testament der Erbe oder eine Erbengemeinschaft benannt werden. In einer zweiten Stufe kann ich dann meinen Nachlass verteilen", rät Sittig. Herzog gibt zu bedenken: "Das Gesetz sieht nur Quoten als Erbteile vor, keine Gegenstände." Im Streitfall muss also geklärt werden, wie viel ein einzelner Gegenstand wert ist.

Dem Neffen vermache ich eine hohe Summe – dann wird er reich

Die Partner könnten bis zu 500.000 Euro (Freibetrag) erben, ohne Erbschaftsteuer zahlen zu müssen, Kinder bis zu 400.000 Euro und Enkel bis zu 200.000 Euro. Aber Geschwister, Nichten, Neffen und andere können nur 20.000 Euro steuerfrei erben.
Alternative: den Begünstigten zu Lebzeiten in Etappen Geld zukommen zu lassen.

Zu Lebzeiten übers Erbe sprechen? Das ist doch überhaupt nicht nötig.

Freilich kann es für den Erblasser sinnvoll sein, nicht alle Details im Testament mit den Angehörigen noch zu Lebzeiten zu besprechen. Doch meistens lohnt es sich laut HVB-Experte Wachter, mit den potenziellen Erben über Dinge zu sprechen. So lassen sich früh Missverständnisse aus dem Weg räumen – und posthume Überraschungen vermeiden.

Ich habe Schulden, die verheimliche ich aber besser

Wer das tut, bringt die Erben möglicherweise in Schwierigkeiten. "Mit Schulden als Nachlass wird eine Erbschaft plötzlich zum Fluch", sagt Experte Wachter. "Schließlich übernimmt der Erbe nicht nur Vermögen, sondern Verbindlichkeiten des Erblassers."

Lesen Sie auch: Tod, Sterben und Beerdigung - Richtig erben – und vererben: Der große AZ-Ratgeber

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