Richtig (ver-)erben: Sieben Fallen im Testament

Richtig erben und vererben: Die AZ schildert sieben häufige Fehler im Testament und erklärt, wie Sie diese vermeiden und für den Todesfall richtig vorsorgen.
Vanessa Assmann |
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Richtig erben und vererben – damit das Vermögen bei dem ankommt, für den es gedacht war, sollten Sie die hier geschilderten Fehler nicht machen.

Jahr für Jahr vererben die Deutschen mehrere hundert Milliarden Euro. Ob das Erbe aber auch denen zukommt, für die es vorgesehen ist, ist alles andere als sicher.

„Viele Vermögenswerte landen dort, wo sie vom Erblasser nicht gewünscht wurden“, weiß Anton Steiner, Fachanwalt für Erbrecht und Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht. Das kann passieren, wenn der letzte Wille nicht schriftlich formuliert wurde. Schuld sind aber auch unvernünftige oder fehlerhafte Testamente.

Streit und Enttäuschung unter den Hinterbliebenen sind programmiert.

Die AZ stellt sieben Problem-Szenarien aus dem Alltag von Erbrechtsexperten vor – und erklärt, wie sich die Fehler vermeiden lassen.

Fall 1: Veronika und Bernd M. sind seit 40 Jahren verheiratet und kinderlos. Ein Testament haben sie nie gemacht. Ihre Annahme: Stirbt einer von uns, geht der Besitz automatisch an den anderen.

Als Bernd M. stirbt, meldet sich plötzlich der Schwager und stellt Ansprüche. Das Haus muss verkauft werden. Witwe M. ist verzweifelt: „Das hätte mein Mann nie gewollt.“

Der Fehler: Ehepaar M. verzichtete auf ein Testament. Dadurch tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Weil Ehepaar M. keine Kinder hat und die Eltern des Verstorbenen ebenfalls bereits tot sind, erbt der Bruder mit.

So hätte der Erbstreit vermieden werden können: „Durch ein kurzes und einfaches Testament wäre der Witwe diese Tragik erspart geblieben“, sagt Rechtsanwalt Steiner. Die einfachste Lösung wäre, wenn sich beide Ehepartner gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Das sollte auch in Betracht gezogen werden, wenn nur wenig zu vererben ist: Ansonsten muss das Wenige im Zweifel noch geteilt werden.

Fall 2: Auch Ehepaar D. hat keine Kinder. Ihnen ist wichtig, dass der länger lebende Ehepartner abgesichert ist. Deswegen haben sie in ihrem Testament verfügt: „Wir setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein.“

Als beide bei einem Verkehrsunfall sterben, kommt zur Trauer der Angehörigen ein Erbstreit hinzu: Weil die Frau noch kurze Zeit länger lebte als der Mann, geht das gesamte Erbe an ihre Familienangehörigen.

Der Fehler: Ehepaar D. hat keine Regelung für den Tod des Zweiten getroffen. Dadurch geht die Familie des zuerst Verstorbenen im Todesfall leer aus.

So hätte der Erbstreit vermieden werden können: Mit dem so genannten „Berliner Testament“ bestimmen sich Ehepartner gegenseitig als Alleinerben und regeln den zweiten Todesfall.

Ein kinderloses Ehepaar kann auf diese Weise das Vermögen jeweils zur Hälfte an die Familien des Mannes und der Frau vererben. Auch Freunde können so berücksichtigt werden.

Fall 3: Wie wichtig Erbregelungen auch für junge Familien sind, zeigt dieser Fall einer vierköpfigen Zahnarztfamilie: Als der Familienvater in seinem Sportwagen verunglückt, steht die Witwe vor einem zusätzlichen Problem. Sie muss die Arztpraxis möglichst schnell verkaufen, um die laufenden Kosten zu decken.

Das Problem: Sie kann für den Verkauf nicht für ihre beiden minderjährigen Kinder – die Miterben – mitentscheiden, weil sich das Vormundschaftsgericht einschaltet.

Der Fehler: Das Zahnarztehepaar hat nicht bedacht, dass der länger lebende Partner Teil einer Erbengemeinschaft mit den minderjährigen Kindern bildet und damit handlungsunfähig ist.

So hätte vermieden werden können, dass die Mutter handlungsunfähig ist: Sinnvoll ist, die Witwe oder den Witwer als Testamentsvollstrecker/in für das gesamte Vermögen einzusetzen. Möglich macht das wiederum das „Berliner Testament“.

Fall 4: Ehepaar W. hat sich in jungem Alter entschieden, dass nach ihrem Tod alle drei Kinder zu gleichen Teilen erben sollen.

Der Vater ist schon zehn Jahre tot, als die Mutter es sich anders überlegt: Weil die beiden Söhne gut verdienen und keine Kinder haben, soll die Tochter – selbst Mutter von zwei Kindern – den größten Anteil erben. Doch die Witwe darf das Testament nicht ändern.

Der Fehler: Ehepaar W. hat nicht festgeschrieben, ob der überlebende Partner das Testament verändern darf. Eine typische Falle: „In 25 Jahren habe ich noch nie erlebt, dass Laien von sich aus daran gedacht haben“, sagt Anwalt Steiner.

So hätte das Testament flexibler gestaltet werden können: Bereits beim ersten Entwurf lässt sich klarstellen, ob und wie der überlebende Partner das Testament später noch ändern kann. Das erlaubt eine Neuverteilung des Erbes – wobei man sich darauf einigen kann, dass die Personengruppe die gleich bleiben muss.

Fall 5: Anna-Maria T. ist alleinstehend, kinderlos und will ihr Erspartes an eine Tierschutzorganisation vererben. Das entsprechende Testament verwahrt sie in ihrem Banktresor.

Nach ihrem Tod kommt es anders: Ein Gericht ermittelt einen entfernten Cousin, den die Seniorin nicht einmal kannte. Er stößt schließlich im Banktresor auf das Testament, vernichtet es und beansprucht das Erbe.

Der Fehler: „Das beste Testament nützt nichts, wenn es nicht gefunden wird“, sagt Steiner.

So hätte vermieden werden können, dass das Erbe einem Unbekannten zukommt: Alleinstehende oder Menschen, die ihren letzten Willen besonders gut verwahrt wissen wollen, können ihr Testament ans Amtsgericht geben. Die Kosten: 75 Euro.

Sobald das Gericht vom Tod des Erblassers erfährt, eröffnet es das Testament und benachrichtigt Erben, Vermächtnisnehmer und Pflichtteilsberechtigte.

Fall 6: Die Geschwister Stefan und Karin P. erben nach dem Tod ihrer verwitweten Mutter ein großes Vermögen: Jeder erhält 500.000 Euro.

Da diese Summe über dem Freibetrag von 400.000 Euro liegt, fallen für jeden 11.000 Euro Erbschaftssteuer an. Ärgerlich: Der Freibetrag auf das Erbe des verstorbenen Vaters entfällt ungenutzt.

Der Fehler: Die Eltern hatten sich gegenseitig als Alleinerben bestimmt und die Freibetragsregelung für die Kinder nicht berücksichtigt.

So hätte Familie P. Steuern vermeiden können: Da sich die Freibeträge pro Erbschaft nicht addieren lassen, ist es besser, das Erbe zu splitten. So hätten die Eltern den Kindern schon beim Tod des Vaters die Eigentumswohnung vermachen können – bei gleichzeitigem Nutzungsrecht für die Mutter bis zu deren Tod.

Der Tipp von Erbrechtsexperte Steiner: „Bei großen Vermögen und geschickter Gestaltung können in einer Familie mit zwei Kindern 1,6 Millionen Euro steuerfrei vererbt werden.“

Fall 7: Hans und Hannelore H. finden, dass ihre Schwiegertochter verschwenderisch mit Geld umgeht. Eigentlich sind sie beruhigt, weil sie wissen, dass Schwiegerkinder kein gesetzliches Erbrecht haben.

Als zuerst Hans H. und kurz darauf sein Sohn – der Erbe – stirbt, gelangt dennoch ein Teil des Vermögens zur Schwiegertochter. Zumindest ein Pflichtteil.

Der Fehler: Ehepaar H. bedachte nicht den Fall, dass der Sohn schon kurz nach Erhalt des Erbes stirbt. Es hatte keinen Ersatzerben bestimmt.

So hätte sich die ungewünschte Erbfolge verhindern lassen: Eltern können das eigene Kind als Vorerben einsetzen und Nacherben bestimmen, zum Beispiel die Enkelkinder.

Dadurch profitiert zum Beispiel der Sohn wirtschaftlich vom Nachlass, darf jedoch gleichzeitig nicht frei darüber verfügen und vererbt das Vermögen seiner Eltern nicht nach eigenem Willen. Nach seinem Tod erhält der Ehepartner nichts.

Welche weiteren wichigen Antworten sich am AZ-Expertentelefon am Montag ergeben haben, lesen Sie am Abend auf az-muenchen.de

 

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