Rente: So viel lässt der Staat dem Sparer
Altersvorsorge trotz Hartz IV: Wie viel Kapital Ihnen die Behörden übrig lassen, warum Aufstocker riestern sollten.
Wer seine zukünftige Versorgungssituation kaum einschätzen kann, weil Zeiten längerer Arbeitslosigkeit nicht auszuschließen sind, glaubt oft, der Aufbau zusätzlicher Altersvorsorge lohne nicht. Schließlich müssen Arbeitslose erst ihr „Eingemachtes“ verwerten, bevor der Staat bei längerer Arbeitslosigkeit die Grundsicherung für Erwerbsfähige, im Volksmund besser bekannt als „Hartz IV“ oder „Arbeitslosengeld II“, gewährt.
Das trifft zwar zu. Doch gleichzeitig stellt der Staat die private Altersvorsorge unter besonderen Schutz und sorgt – durch spezielle Freibeträge – dafür, das längst nicht das gesamte Vermögen vor Bezug der Grundsicherung aufgebraucht werden muss.
Grundsätzlich darf jeder Hartz-IV-Empfänger 150 Euro pro Lebensjahr auf der hohen Kante haben, maximal 9750 bis 10050 Euro, je nach Geburtsjahrgang. Ist der Langzeitarbeitslose verheiratet oder lebt er mit einer Partnerin zusammen, wird der Freibetrag für jeden Partner berücksichtigt. Hinzu kommt für jede zum Haushalt gehörende Person (auch Kinder) ein Freibetrag von 750 Euro für „notwendige Anschaffungen“.
Liegt das Vermögen über dem Grundfreibetrag, muss es soweit verbraucht werden, bis es unterhalb der Freibeträge liegt, bevor der Staat die Grundsicherung zahlt. Dazu müssen Kapitalanlagen, Sparverträge und Kapitalversicherungen aufgelöst werden. Aber nicht alle Anlagen werden gleich behandelt.
Das in staatlich geförderten Riester- oder Rürup-Renten angesparte Kapital bleibt bei der Vermögensanrechnung komplett außen vor, sofern die Verträge nur bis zum Förderhöchstbetrag bespart wurden. Allerdings muss die Förderung genutzt werden, d.h. die Zulagen müssen beantragt bzw. die Rürup-Beiträge in der Steuererklärung angegeben worden sein. Sonst gelten die Policen als ungefördertes Vermögen – und müssen aufgezehrt werden, bevor es Hartz IV gibt.
Das Gleiche gilt für Betriebsrenten. Sofern noch kein Zugriff auf das Vermögen besteht, bleibt es außen vor. Nicht angerechnet wird auch Vermögen, das zum Beispiel in einer selbst genutzten Immobilie angelegt ist. Probleme könnte es nur bei überdimensionierten Häusern oder Eigentumswohnungen geben. Denn der Staat geht grundsätzlich von einem Eigenheim in „angemessener“ Größe aus.
Einen weiteren Freibetrag von 750 Euro pro Lebensjahr gewährt der Staat für Vermögen, das der Altersvorsorge dient und bei dem zugleich aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung geregelt ist, dass das Geld vor Eintritt des Ruhestands (also vor dem 60. Lebensjahr bzw. dem 62. bei Verträgen ab 2012) in keiner Weise verwertet werden kann. Darunter fallen private Lebens- oder Rentenversicherungen mit entsprechendem Vertragszusatz nach § 168, Absatz 3 des Versicherungsvertragsgesetzes, eventuell aber auch entsprechend geschützte Fonds- oder Banksparpläne.
Wichtig: Der Wert des Verwertungsausschlusses darf bestimmte Höchstbeträge nicht übersteigen. Unschädlich für den Bezug von Arbeitslosengeld II sind nach § 12 SGB II folgende Freibeträge:
- Jahrgang 1957 oder älter 48.750 Euro
- Jahrgang 1958 bis 1963 49.500 Euro
- Jahrgang 1964 oder jünger 50.250 Euro
Wer sein Vermögen ausschließlich innerhalb dieser Freigrenzen aufbaut, muss nicht befürchten, es vor Hartz-IV-Bezug aufbrauchen zu müssen. Das gilt sogar, wenn die Arbeitslosigkeit erst kurz vor der Rente eintritt und Policen fällig werden.
Wird zum Beispiel eine ausschließlich für die Altersvorsorge anzurechnende Lebensversicherung während des Bezugs von Arbeitslosengeld II fällig, müsste das Geld eigentlich zur Sicherung des Lebensunterhalts eingesetzt werden. Das kann vor allem bei älteren Verträgen passieren, die zum 60. Lebensjahr auslaufen, obwohl der Betroffene nach neuem Rentenrecht zu diesem Termin noch gar nicht in Rente gehen kann. Das Vermögen kann aber für die Altersvorsorge gerettet werden, wenn Hartz IV-Empfänger das Geld sofort nach Fälligkeit etwa in Form von Festgeld bis zum Beginn des Ruhestands unkündbar neu anlegen. In diesem Fall, so eine Weisung der Bundesagentur für Arbeit, verzichten die Arbeitsagenturen auf Anrechnung.
Ob der private Vorsorgevertrag bei Bezug von Arbeitslosengeld II fortgeführt werden kann, steht dagegen auf einem anderen Blatt. Zwar müssen die meisten Bezieher von Grundsicherung für eine Riester-Rente dann nur den Mindestbetrag von fünf Euro pro Monat zahlen. Doch bei knappem Budget fällt auch das manchmal schwer. Deshalb sollten alle, die Langzeitarbeitslosigkeit nicht ausschließen können, bei Abschluss einer Riester-Rente oder eines sonstigen Vorsorgevertrags darauf achten, dass der Vertrag jederzeit ohne Zusatzkosten beitragsfrei gestellt werden kann. Dann lassen sich finanzielle Engpässe wenigstens ohne Verlust überbrücken.
In einigen Fällen können Bezieher von Hartz IV den Vertrag aber auch fortführen, weil der Staat dann die Beiträge für die Altersvorsorge übernimmt. In den Genuss kommen allerdings nur „Aufstocker“, also Erwerbstätige mit sehr geringem Einkommen oder Mini-Jobber, die ergänzend Hartz IV beziehen. Denn bei ihnen übernimmt der Staat die Beiträge für die Riester-Rente, soweit sie den erforderlichen Mindesteigenbeitrag zum Erhalt der vollen Zulagen nicht überschreiten.
Möglich macht das eine wenig bekannte Vorschrift im Sozialversicherungsrecht (§ 11b Abs. 1 Nr. 4 SGB II), mit der letztlich nicht nur staatlich geförderte Altersvorsorge betrieben, sondern auch das gesamte monatliche Budget erhöht werden kann. Kurz: Hier kann die Entscheidung für eine Riester-Rente zu einem Segen für alle werden, die trotz Arbeit wenig Geld haben.
Der Grund: Nach den Vorschriften des Sozialversicherungsrechts können Aufstocker anstelle des exakten Riester-Beitrags auch pauschal 100 Euro im Monat für die Altersvorsorge ansetzen und von ihrem Erwerbseinkommen abziehen. Das lohnt sich für alle, deren Riester-Eigenbeitrag deutlich unter dem Pauschbetrag von 100Euro liegt.
Dazu ein Beispiel: Ein Aufstocker verdient 500 Euro pro Monat. Dieses Einkommen stockt das Jobcenter um 250Euro Hartz-IV-Leistung bis zum Erreichen des Erwerbsminimums auf 750 Euro auf. Schließt er nun eine private Riester- Rente ab, kann er sein Einkommen pauschal um 100Euro kürzen. Für den Riester-Vertrag müsste er als Single aber nur 7,16 Euro im Monat als Mindestbeitrag zum Erhalt der vollen Zulage aufbringen.
Doch weil das Jobcenter jetzt 350 Euro als Aufstockungsbetrag spendiert (750 Euro minus das um den Pauschalbetrag gekürzte Gehalt von 400 Euro), hat er dank seiner Altersvorsorge von nun an 92,84 Euro mehr pro Monat. Die Riester-Rente ist also eine echte Chance für Aufstocker. Dennoch sollten auch sie nicht blind irgendeinen Riester-Vertrag abschließen, sondern ihn gewissenhaft auswählen – am besten nach einem ausführlichen Preis-Leistungsvergleich.
Dann zahlt sich die Vorsorge im Alter ebenfalls aus. Altersvorsorgevermögen, das unwiderruflich für den Zweck der Altersvorsorge eingezahlt wurde, ist üblicherweise auch vor Pfändung geschützt. Das gilt für die Riester- und Rürup-Rente ebenso wie für die Betriebsrente und sonstige Vorsorgeverträge mit Verwertungsausschluss. Die Höhe des pfändungsgeschützten Vorsorgekapitals ist allerdings strikt begrenzt und hängt vom Lebensalter des Berechtigten ab.
Geschützt wird lediglich ein Kapitalstock, aus dem mit Vollendung des 65. bzw. 67. Lebensjahrs eine Rente erwirtschaftet werden kann, die in etwa der Pfändungsfreigrenze entspricht Die Staffelbeträge, die jährlich unpfändbar angelegt werden können, reichen von 2000 Euro bei einem 18-Jährigen bis zu 9000 Euro bei einem über 60-Jährigen. Grund für die Staffelung ist, dass jüngeren Menschen mehr Zeit bleibt, um ihre Altersvorsorge aufzubauen.
Ältere müssen dagegen einen größeren Aufwand betreiben, um zum gleichen Ergebnis zu kommen. Unabhängig vom Alter darf die Gesamtsumme des zum Zwecke der Altersvorsorge zurückgelegten Geldes 256000Euro jedoch nicht übersteigen. Ist der Rückkaufswert höher, sind lediglich drei Zehntel des überschießenden Betrags unpfändbar. Der Rest darf verwertet werden. Der zusätzliche Freibetrag wird jedoch nur gewährt, sofern der überschießende Betrag nicht dreimal so hoch ist wie der gesamte unpfändbare Betrag.
Darüber hinaus gilt der Pfändungsschutz auch bei Riester- und Rürup-Renten nur für geförderte Verträge. Wer es versäumt, seine Zulagen rechtzeitig zu beantragen und die Verträge in der Steuererklärung anzugeben, verliert den Pfändungsschutz.
Der gilt ohnehin nur für die Ansparphase der Altersvorsorge. In der Rentenphase zählen dagegen auch Riester-, Rürup- und Betriebsrenten zum Einkommen und das ist nur dann vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt, wenn das Gesamteinkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenzen bleibt. Deshalb ist es Gläubigern auch schon gelungen, sich bereits kurz vor Rentenbeginn Ansprüche auf künftigen Einnahmen aus geförderten Altersvorsorgeverträgen zu sichern. Dann können sie gleich nach Auszahlungsbeginn zugreifen.
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