"Finger weg von Themen-ETFs": Börsenexperte erklärt, wie grünes Investieren richtig geht
Der immer sichere Tipp für Investments in ETFs lautet: MSCI World. Der wichtigste Index für Anleger wird gerade auch Anfängern empfohlen und all jenen, die kein großes Risiko eingehen wollen. Und er ist auch "in grün" zu haben. Eigentlich eine gute Sache, wenn man etwa mit der Altersvorsorge auch noch etwas für den Schutz von Klima und Natur tun kann.
Dennoch: Es geht ums Geld. Kann ich mit nachhaltigen ETFs – die übrigens an den Kürzeln ESG oder SRI erkennbar sind, für Environmental, Social and Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, oder Socially Responsible Investment für sozial verantwortliches Investment – einen ebenso guten finanziellen Erfolg erzielen wie mit "nicht nachhaltigen"? Immerhin sind es in den gegenwärtigen Trump- und Aufrüstungszeiten eigentlich ganz andere Aspekte und Branchen, die erfolgversprechend sind.
Nachhaltige ETFs sind stabile Renditebringer
"Nachhaltige ETFs haben sich in den vergangenen Jahren als stabile Renditebringer erwiesen", sagt dazu Börsenexperte Ulrich Müller aus Halstenbek bei Hamburg der AZ.
"Das liegt einerseits daran, dass Nachhaltigkeitsindizes noch immer eine große Nähe zum Mutter-Index aufweisen, und andererseits daran, dass Nachhaltigkeit auch ein positiver Filter sein kann. Man denke dabei etwa an Kriterien der guten Unternehmensführung, die das Risiko für Bilanzskandale oder Vetternwirtschaft bei einzelnen Unternehmen durchaus senken können."

Denn: Es geht nicht ausschließlich um "grüne" Aspekte bei den nachhaltigen Geldanlagen, sondern ganz generell um ethische. Dazu kann der Umgang mit Mitarbeitern zählen.
Letztlich ist das aber auch ein Problem: Es gebe keine einheitliche Definition dafür, was eine nachhaltige Geldanlage ist und was nicht, schreiben die Experten von "Finanztip". Dabei geht es nicht nur darum, welche Branchen dabei sind – es ist auch ein wichtiger Punkt, wer nicht dabei ist. Rüstung, Tabak, Alkohol, Glücksspiel – das ist oftmals ausgeschlossen.
Nachhaltige Rüstungsaktien? Nachhaltigkeit unterliegt ständiger Neudefinition
Finanziell eigentlich schade, wo Rüstungsunternehmen doch gerade an der Börse so viel Erfolg haben, oder? Da scheint es eine Lösung zu geben. "In den aktuellen Zeiten erleben Rüstungsaktien zwar viel Zuspruch, doch ist die Zeit für ESG-ETFs damit längst nicht vorbei", sagt Ulrich Müller.
"Erst kürzlich hat Allianz Global Investors einen Nachhaltigkeitsfonds für Rüstungsaktien geöffnet. Was nachhaltig ist und was nicht, unterliegt also einer ständigen Neudefinition", berichtet der Geldanlage-Profi. "Anlegerinnen und Anleger sollten zunächst selbst ihren Wertekompass ausrichten und dann geeignete Produkte wählen. Das Angebot ist groß und es ist für jeden etwas dabei."

Denn bei nachhaltigen ETFs kann nicht nur Rüstung dabei sein, sagt Müller: "Es macht bei nachhaltigen ETFs durchaus Sinn, sich mit den Indizes, die sie abbilden, auseinanderzusetzen. Manche Indizes schließen bestimmte Branchen kategorisch aus, andere agieren nach einem Best-in-Class-Prinzip. Dann sind beispielsweise fossile Energieunternehmen im Index, aber nur die nachhaltigsten Vertreter ihrer Branche."
"Das Risiko für Etikettenschwindel ist stark gesunken"
Schon sieht es mit dem "grünen" Faktor etwas anders aus. Wird der Anleger damit nicht auch etwas hinters Licht geführt? "Letzteres könnte zwar für Skeptiker nach einer Mogelpackung klingen, macht aber aus meiner Sicht durchaus Sinn, weil Investoren so auch in klimaschädlichen Branchen Anreize für eine positive Veränderung setzen können", findet Müller, der Gründer der gleichnamigen Wealth Academy ist.
Wie groß ist im Allgemeinen die Gefahr, bei nachhaltigen ETFs mit Etikettenschwindel konfrontiert zu werden? Und woran erkennt der Nutzer "echte" Nachhaltigkeit?
"Das Risiko für Etikettenschwindel ist in den vergangenen Jahren stark gesunken", beruhigt Müller. "Der Grund liegt darin, dass Anlegerinnen und Anleger zunehmend sensibel sind. Wer ETFs auf nachhaltige Indizes von MSCI oder Dow Jones kauft, macht keinen Fehler", rät der Experte. "Falls die entsprechenden ETFs teilnehmen, bieten auch die Siegel von FNG oder ECOreporter eine gute Orientierung."
Müller hat bei der Auswahl der nachhaltigen ETFs noch weitere Tipps: Im ausgewählten Fonds sollte eine möglichst hohe Anzahl an Aktien vorhanden sein. Müller rät zu 80 und mehr Aktien, um mehr Diversifikation zu erhalten.
Wovon der Experte dringend abrät: "Finger weg von Themen-ETFs (Clean Water, Clean Energy…)!" Hier drohe ein "hohes Klumpelrisiko". Solche ETFs sind seiner Ansicht nach nicht zum langfristigen Sparen geeignet.
Fast zwei Drittel der Deutschen glauben an den Effekt von nachhaltigen Geldanlagen
2023, so verzeichnet es das Statistik-Portal Statista, lag das globale Investmentvermögen in nachhaltigen ESG-ETFs bei rund 515 Milliarden US-Dollar. 2022 belief sich das ESG-ETF-Anlagevolumen noch auf rund 396 Milliarden US-Dollar.
Laut Umfrage des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung vom Januar glauben fast zwei Drittel der Deutschen, dass nachhaltige Geldanlagen dazu beitragen können, die gesamte Wirtschaft nachhaltiger zu machen, so Statista. 50 Prozent der Befragten sähen nachhaltige Geldanlagen aber nur als Modeerscheinung.
Nachhaltige ETFs sind kontinuierlich gefragt
Wie gefragt sind also nachhaltige ETFs bei den Anlegern? "ETFs sind Instrumente der langfristigen Geldanlage. Nachhaltig konzipierte Indizes haben in den vergangenen Jahren nennenswerte Marktanteile gewonnen", hat Müller beobachtet.
"Da auch die Performance nah an den Mutter-Indizes liegt und teils gar besser abschneidet, sind nachhaltige ETFs kontinuierlich gefragt." Die "grünen" ETFs sind also kein kurzfristiger Trend, ist sich der Investmentberater sicher.
"Bei nachhaltigen ETFs geht es nicht um Trends oder die Entwicklung in den kommenden Monaten. Es geht darum, wie der jeweilige Investor sein Geld für sich arbeiten lassen will. Wem Nachhaltigkeit wichtig ist, der muss gemessen an der Performance keine Abstriche machen."
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