Neuen Job gefunden? Diese Fehler bei der Kündigung sollten Sie unbedingt vermeiden

So mancher möchte sich in diesem Jahr beruflich neu orientieren. Doch davor muss man beim alten Arbeitgeber alles gut zu Ende bringen. Was man dabei beachten muss.
von  Rosemarie Vielreicher
Eine Kündigung kann gedruckt sein, unterschrieben aber muss sie handschriftlich sein.
Eine Kündigung kann gedruckt sein, unterschrieben aber muss sie handschriftlich sein. © IMAGO/Zoonar.com

München - Das wird kein Chef und keine Chefin gern hören: Fast jeder dritte Beschäftigte macht im Job nur das Nötigste. Das hat vor wenigen Tagen eine Umfrage im Auftrag der Karriereplattform LinkedIn ergeben. Und: 60 Prozent der 2000 Befragten in Deutschland sind bei der Arbeit häufig gelangweilt oder unterfordert.

Dementsprechend wollen sich 53 Prozent in diesem Jahr nach einem anderen Arbeitgeber umsehen.

Doch bevor man neue berufliche Wege gehen kann, muss man erst einmal kündigen. Was muss man dabei beachten? Wie kommt man früher aus dem Vertrag raus? Und hat man Anspruch auf eine Abfindung?

Der Chef hört über den Flurfunk von der Kündigung - was tun?

Die Fachanwältin für Arbeitsrecht, Corinne Klapper aus München, hat der AZ zehn Fragen zum Thema beantwortet:

Dr. Corinne Klapper. Die Fachanwältin für Arbeitsrecht ist Partnerin bei Advant Beiten. Sie steht auf der Liste der besten Anwälte Deutschlands 2024 des "Handelsblatts" in Kooperation mit dem US-Verlag Best Lawyers.
Dr. Corinne Klapper. Die Fachanwältin für Arbeitsrecht ist Partnerin bei Advant Beiten. Sie steht auf der Liste der besten Anwälte Deutschlands 2024 des "Handelsblatts" in Kooperation mit dem US-Verlag Best Lawyers. © Advant Beiten

1. Wem erzählt man zuerst von der Kündigung? Kann man rechtliche Schwierigkeiten bekommen, wenn es der Chef über den Flurfunk erfährt? Corinne Klapper sagt klar: "Beschäftigte haben das Recht, über ihre eigene Kündigung zu sprechen. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, dies geheim zu halten." Der Fachanwältin für Arbeitsrecht zufolge seien Regelungen dazu im Arbeitsvertrag zwar möglich, "in der Praxis aber unüblich - anders als in Aufhebungs- oder Abwicklungsverträgen".

Abseits der Rechtslage findet Klapper: "Wenn die Kündigung über den Flurfunk zum Vorgesetzten gelangt, könnte dies jedoch das Vertrauensverhältnis stören und damit das Arbeitsverhältnis für die verbleibende Zeit belasten."

Daher empfiehlt sie, die Kündigung zuerst offiziell und direkt beim Arbeitgeber einzureichen und den unmittelbaren Vorgesetzten persönlich zu informieren. "Dabei sollte auch abgestimmt werden, wer wen wann und wie über die Kündigung informiert."

Fast jeder vierte Büroarbeiter in Deutschland ist einer Umfrage zufolge unzufrieden mit seinem Job.
Fast jeder vierte Büroarbeiter in Deutschland ist einer Umfrage zufolge unzufrieden mit seinem Job. © Daniel Naupold/dpa

Das muss in einer Kündigung stehen

2. Reicht eine telefonische Kündigung?
"Nein, das reicht ebenso wenig wie eine Kündigung per E-Mail oder WhatsApp." Eine solch formlose Kündigung sei unwirksam. Die Kündigung müsse schriftlich erfolgen, das ist im BGB so geregelt.


3. Wie sieht die korrekte Kündigung aus?
Zuerst zum Formalen: "Ein Schreiben, das von Hand mit dem Namen unterzeichnet wird, wahrt die nötige Form", erklärt Klapper. Die Kündigungserklärung selbst könne dagegen vorgedruckt, fotokopiert oder von einem Dritten gefertigt sein, "nur unterschreiben muss immer derjenige von Hand, der kündigen will".

Weiter zum Inhalt des Schreibens: Aus dem Text müsse inhaltlich eindeutig hervorgehen, dass man das Arbeitsverhältnis lösen will. Eine mögliche Formulierung: "Hiermit kündige ich das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgemäß zum …, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt."

Übrigens: Einen Grund für die Kündigung anzuführen, sei nicht üblich und auch nicht nötig, fügt Klapper an.

Nachweis, dass man die Kündigung abgegeben hat

4. An wen muss die Kündigung adressiert sein?
Grundsätzlich wichtig: "Der Firmenname muss vollständig sein und ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag", so Klapper. Zu richten sei das Schreiben an die Geschäftsführerin oder den Personalleiter. "Der unmittelbare Vorgesetzte ist hingegen in der Regel nicht der zuständige Adressat."

Dabei gilt darüber hinaus, dass der Arbeitnehmer einen Nachweis braucht, dass er die Kündigung an den Chef übergeben hat - so kann man das Schreiben persönlich abgeben und sich das dokumentieren lassen. "Der Zugang ist entscheidend für die Wirksamkeit und die Fristberechnung."

Früher aus dem Vertrag raus -  (wie) geht das?

5. Wie geht man es am besten an, wenn man früher aus dem Vertrag heraus möchte?
"Wer die Kündigungsfrist geprüft hat und zu dem Ergebnis kommt, dass sie zu lang ist, etwa weil der neue Job schon früher beginnt, sollte dies mit dem Arbeitgeber besprechen", rät Klapper. "Falls dieser einverstanden ist, kann das Arbeitsverhältnis durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags auch früher beendet werden."

Eine fristlose Kündigung sei dagegen nur beim Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar mache. Wichtig zu wissen: "Ein Arbeitnehmer, der grundlos fristlos oder mit zu kurzer Frist kündigt, kann sich schadensersatzpflichtig machen!"

Zudem könne der bisherige Arbeitgeber in bestimmten Fällen mit Hilfe des Arbeitsgerichts verhindern, dass der Arbeitnehmer die neue Stelle vor Ablauf der Kündigungsfrist antreten kann. "Manche Arbeitsverträge enthalten zudem die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, die bei Missachtung der Kündigungsfrist gezahlt werden muss."

Kündigungsfrist von sechs Monaten - das ist rechtens

6. Sind besonders lange Kündigungsfristen, etwa sechs Monate, rechtens?
Die Fachanwältin ordnet ein: "Ja, das ist möglich." Dabei gilt, dass Kündigungsfristen, die über die gesetzliche Dauer hinausgehen, im Arbeits- oder in einem Tarifvertrag stehen können. "Dies ist jedoch nur zulässig, wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer nicht länger ist als für den Arbeitgeber."

Steht nichts im Vertrag, so gilt folgende Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer: vier Wochen zum 15. eines Monats oder zum Ende eines Kalendermonats. "Für Kündigungen durch den Arbeitgeber verlängern sich die Fristen mit steigender Betriebszugehörigkeit stufenweise."

Wenn der Arbeitnehmer plötzlich "krank" wird

7. Erst Kündigung eingereicht und dann plötzlich längere Zeit krankgeschrieben: Kann der Arbeitgeber etwas dagegen unternehmen, wenn er das für keinen Zufall hält?
Klappers fachliche Einschätzung: "Der Arbeitgeber kann niemanden zwingen, zu arbeiten. Er muss bei Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich auch die Vergütung bis zur Dauer von sechs Wochen weiterbezahlen."

Die Zahl der Krankmeldungen steigt. (Archivbild)
Die Zahl der Krankmeldungen steigt. (Archivbild) © Bernd Weißbrod/dpa

Aus der Praxis weiß die Münchner Juristin aber, dass immer mehr zweifelnde Arbeitgeber in solchen Fällen "mit Erfolg" dazu übergehen, "keine Entgeltfortzahlung zu leisten, selbst wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen lässt".

Klapper bezieht sich dabei auf die neueste Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Demnach könne der eigentlich hohe Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert werden, "wenn eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt wird, die ‚passgenau' der Dauer der Kündigungsfrist entspricht".

Um dann an seinen Lohn zu kommen, müsste der Arbeitnehmer rechtliche Schritte einleiten, seine Vergütung einklagen und dann beweisen, dass er wirklich krank ist, beziehungsweise war. "Hierzu muss er beispielsweise offenlegen, welche Krankheit vorgelegen hat, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben und welche Verhaltensmaßregeln oder Medikamente ärztlich verordnet wurden."

Bleibt es nicht nur bei der Vermutung einer vorgetäuschten Krankheit, sondern hat der Arbeitgeber Beweise dafür, kann er fristlos kündigen. Stichwort: Arbeitszeitbetrug.

Diese Vorteile hat der Aufhebungsvertrag

8. Was sind die Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrags?
Darin vereinbaren beide Seiten, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird. Jenseits von möglichen Kündigungsfristen.

Was in diesem Rahmen auch vereinbart werden kann: eine Abfindung. Was man aber wissen muss: Ein Anspruch darauf besteht in der Regel nicht - meistens bietet der Arbeitgeber nur dann eine Abfindung an, wenn er derjenige ist, der das Arbeitsverhältnis beenden möchte.

Klapper merkt an, was man mit so einer Vereinbarung eingeht: "Zu beachten ist, dass ein Aufhebungsvertrag zum Verzicht auf den gesetzlichen Kündigungsschutz führt, der die Beschäftigten im Falle einer Arbeitgeberkündigung vor sozialwidrigen Kündigungen schützt."

Ebenso könne es sein, dass ein Aufhebungsvertrag dazu führt, dass man bis zu zwölf Wochen beim Arbeitslosengeld gesperrt wird.

Was tun, wenn man gekündigt wird?

9. Was macht man, wenn man gekündigt wird und das als ungerechtfertigt empfindet?
"Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber kann der Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen." Die Frist muss zwingend eingehalten werden. Ansonsten ist die Kündigung in der Regel wirksam. Das Gericht werde dann versuchen, eine einvernehmliche Lösung zwischen den beiden Parteien zu finden. "Kommt diese nicht zustande, prüft das Gericht, ob die Kündigung wirksam war."

Kann man ohne Versicherung vors Arbeitsgericht ziehen?

10. Ist es ohne Rechtsschutzversicherung sinnvoll, vor das Arbeitsgericht zu ziehen, oder kommen dann hohe Kosten auf den Arbeitnehmer zu?
Die Anwältin sagt dazu: "Auch wenn keine Rechtsschutzversicherung besteht, muss nicht aus Kostengründen auf ein Arbeitsgerichtsverfahren verzichtet werden." Die Gerichtskosten seien beim Arbeitsgericht recht niedrig. "Vorteilhaft für Arbeitnehmer ist zudem, dass dafür kein Vorschuss gezahlt werden muss und die Gerichtskosten bei Abschluss eines Vergleichs - der häufigsten Beendigung des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht - sogar entfallen." In erster Instanz sei es zudem zwar sinnvoll, aber nicht zwingend vorgeschrieben, einen Anwalt zu beauftragen.

Klapper erläutert weiter: "Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass bei arbeitsgerichtlichen Prozessen in der ersten Instanz jede Partei die eigenen Rechtsanwaltskosten selbst trägt." Sprich: Selbst wenn der Arbeitnehmer verlieren sollte, "trägt er nicht die Anwaltskosten des Arbeitgebers". Jedoch muss der Beschäftigte, wenn er einen Anwalt beauftragt, dessen Kosten auch dann tragen, wenn er gewinnt.

Beschäftigte mit begrenzten finanziellen Mitteln könnten staatliche Prozesskostenhilfe bekommen.

Auf einen Blick - von Resturlaub bis Arbeitsamt

- Resturlaub: Sollte der Arbeitgeber den Beschäftigten nicht freistellen, "muss dieser bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter arbeiten", erklärt Corinne Klapper. "Mit dem Arbeitgeber sollte daher geklärt werden, ob und wann der Resturlaub noch genommen werden und etwaige Zeitguthaben noch ausgeglichen werden können."

- Arbeitszeugnis: Auch das sollte man bei einer Kündigung nicht vergessen und ansprechen. "Denn ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss nur auf Verlangen des Arbeitnehmers erstellt werden", so die Fachanwältin.

Auf der Suche nach einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle?
Auf der Suche nach einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle? © dpa

- Das Vorgehen ohne Folgejob: "Einer der ersten Schritte sollte der Weg zur Arbeitsagentur beziehungsweise auf deren Homepage sein", so die Anwältin. Arbeitnehmer müssen sich demnach spätestens drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend melden, bei kürzeren Kündigungsfristen spätestens drei Tage nach Erhalt oder Einreichung der Kündigung. Wichtig: "Spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit muss der Beschäftigte sich bei der Agentur für Arbeit zudem arbeitslos melden." Dies sei Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld.

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