Jeder Schmerz ist behandelbar

Herr Prof. Dr. Bauermeister, Sie haben eine Methode entwickelt, um Schmerzen sichtbar zu machen. Wie kann man sich das als Laie vorstellen?
Prof. Dr. Wolfgang Bauermeister: Ich sehe auf einem farbigen Ultraschall-Bild, wo im Körper entzündete Regionen im Muskel oder im Bindegewebe sitzen. Diese sind die häufigsten Quellen von Schmerzen und werden Triggerpunkte genannt.
Und die können Sie sehen?
Genau. Das ist das einzige Verfahren, mit dem man die Schmerzursache sieht. Wenn ich weiß, wo der Auslöser sitzt, lässt sich der Schmerz auch behandeln. Aber wenn mir zum Beispiel der Rücken wehtut, ist doch klar, dass hier der Auslöser irgendwo zu finden sein muss. Eben nicht. Jeder schaut auf die Bandscheibe, aber nicht auf die Triggerpunkte in den Faszien und Muskeln. Das Problem ist, im normalen Ultraschall oder Kernspin sehe ich, wenn etwas kaputt, defekt, zerrissen oder geschwollen ist. Es macht quasi nur Strukturschäden sichtbar. Was man aber nicht sehen kann, ist die Härte des Gewebes. Und genau das ist das Entscheidende, um die Triggerpunkte zu finden.
Warum?
Harte Regionen deuten darauf hin, dass das Gewebe entzündet ist. Das verursacht dann die Schmerzen. Der schmerzauslösende Punkt sitzt ganz oft nicht in der Region des Körpers, die wehtut, sondern ganz woanders. Das macht das Ganze natürlich schwierig. Heißt: Wenn ich ein Ziehen im linken Bein habe, kann das von der Schulter ausgehen? So ist es. Sitzt ein Triggerpunkt in der Schulter, kann er Schmerzen verursachen, die bis ins Bein ausstrahlen können und umgekehrt.
Und das läuft wie eine Art Ultraschalluntersuchung?
Im Prinzip ja. Nur dass nicht nur ein bestimmter Teil untersucht wird, sondern eben der komplette Körper von Kopf bis Fuß. Wie können Sie nachvollziehen, welcher Triggerpunkt für welchen Schmerz verantwortlich ist? Dafür stimuliere ich die Triggerpunkte mit speziellen Stoßwellen. Dann spürt man die Schmerzen an einer anderen Stelle im Körper, so als ob man auf einen Klingelknopf drückt. Habe ich die betroffene Stelle erwischt, spürt der Patient genau da seinen Schmerz, der ihn schon so lange plagt, und ich weiß: Hier muss ich die Behandlung ansetzen.
Über welche Art von Schmerzen reden wir hier, die Sie sichtbar machen können?
Im Prinzip eigentlich alles, was unseren Bewegungsapparat betrifft. Das Häufigste sind Rückenschmerzen, Nacken-, Schulter-, Arm- und Kopfschmerzen. Schmerzen der Schulter-, Hüft- und Kniegelenke sind auch sehr häufig.
Welchen Schmerzpatienten würden Sie die Trigger-Elastographie empfehlen?
Grundsätzlich allen, die Schmerzen haben, deren wirkliche Ursache nicht entdeckt wurde. Viele meiner Patienten sind chronische Schmerzpatienten, die eine lange Ärzte-Odyssee hinter sich haben.
Wird diese Art der Untersuchung von den gesetzlichen Kassen bezahlt?
Leider nicht. Diese Behandlung wird auch nicht von den Kassenärzten angeboten, weil sie sehr zeitaufwendig ist. Außerdem sind Triggerpunkte als Schmerzauslöser noch weitgehend unbekannt, weshalb es mir so wichtig ist, meine Methode bekannter zu machen.
Interview: Verena Lehner
Weitere Infos: Schmerzinstitut, Toni-Schmid-Straße 45, 81825 München,
? 089/ 42 61 12, kontakt@schmerzinstitut.de, www.schmerzinstitut.de
____________________________________________
Info:
Triggerpunkte: Schmerzpunkte in Muskeln und Faszien
Triggerpunkte sind Entzündungen in den Muskeln und Faszien. „Diese Punkte sind mikroskopisch klein – nur ein Viertel bis zwei Millimeter sind sie groß“, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Bauermeister. Es werden mit der Zeit immer mehr und sie bilden Knoten. Wenn man sie nicht frühzeitig erkennt und behandelt, werden die Schmerzen chronisch. Triggerpunkte entstehen durch Überlastung im Beruf, in der Freizeit und durch Sport. Stundenlange PC-Arbeit ist für viele Triggerpunkte im Nacken, Schulter und Rücken verantwortlich. „Leider merkt man das oft erst, wenn es zu spät ist und die Schmerzen schon da sind“, sagt Bauermeister. Die Warnsignale wie Verspannungen oder Bewegungseinschränkungen werden entweder ignoriert oder durch Massagen und Wärmeanwendung vorübergehend gelindert. Die Triggerpunkte werden aber dadurch meist nicht beseitigt sondern nur vorübergehend beruhigt oder aber gereizt. BU: So sieht ein Ultraschallbild einer Elastographie aus, die die roten Triggerpunkte sichtbar macht.