Warum wir fürs Joggen gemacht sind – und es meiden

München - Es hat sich ja längst herumgesprochen: Regelmäßige Bewegung und Dauerlauf versprechen gesundheitliche Vorteile. Bloß: Die Erkenntnis wird von viel zu wenigen in einen oder besser zwei bis drei wöchentliche Dauerläufe umgesetzt.
Offensichtlich ist ein solcher Preis für ein gesünderes und längeres Leben vielen Menschen zu hoch. Um das zu verstehen, lohnt ein Blick in unsere immer noch die Gegenwart prägende Vergangenheit.
Der Mensch als Lauftier: Evolutionäre Vorteile und moderne Herausforderungen
Die längste Zeit seiner zweibeinigen Entwicklungsgeschichte war der Mensch Jäger und Sammler, und die Evolution hatte viele hunderttausende Jahre Zeit, ihn für dieses bewegte Leben zu perfektionieren. Als Zugabe zum immer leistungsstärkeren Gehirn und geschickten, von der Last des Körpertragens befreiten Händen, passte sich unsere Anatomie immer besser den Erfordernissen des Sammelns und Jagens im aufrechten, zweibeinigen Gang an.
Ein Körper mit der Anatomie und dem Stoffwechsel eines Lauftiers ist allerdings prädisponiert für gesundheitliche Probleme, wenn er innerhalb weniger Generationen zum Sitztier degradiert wird.

Folgen sind weit verbreitete Zivilisationskrankheiten, für die Bewegungsmangel nicht der einzige, aber ein wichtiger Grund ist: Übergewicht, Zucker- und Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, Venenprobleme, Herzinfarkte und Schlaganfälle, schmerzhafte Gelenk-, Knochen- und Muskelbeschwerden bis hin zu psychischen Leiden und Krebs.
Bewegungsmangel: Warum wir uns trotz Wissen zu wenig bewegen
Warum so viele von uns trotz ihres Wissens um die Gefährlichkeit von Bewegungsmangel in ihrer Freizeit dennoch lieber auf der Couch verweilen, statt im Park Laufrunden zu drehen, ist ebenfalls eine Erblast unserer Stammesgeschichte: Nahrung musste ergangen oder erlaufen werden. War man satt, war es richtig, sich auszuruhen, bis Hunger zur nächsten Sammel- und Laufrunde zwang.
Diese evolutionär bewährte Verhaltensstrategie vorübergehender Faulheit verkehrt sich jedoch ins Fatale, wenn Nahrung grundsätzlich ohne körperliche Anstrengung verfügbar ist. Für freiwillige Bewegung haben wir kein automatisches Reflexgen, sondern nur unseren Verstand, der uns zu einsichtigem Handeln befähigt.
Selbst da hat uns die Evolution noch ein kleines Hindernis eingebaut. Der Mensch als wahrscheinlich einziges Lebewesen, dem sein unausweichliches Sterben bewusst ist, hat mentale Strategien der Todesverdrängung entwickelt. Die erleichtern es ihm wohl auch, bekannte, aber erst zukünftige Konsequenzen eines ungesunden Lebensstils zu verdrängen.
Krankheit | Zusammenhang mit Bewegungsmangel |
---|---|
Übergewicht | Reduzierter Kalorienverbrauch |
Typ-2-Diabetes | Verringerte Insulinsensitivität |
Bluthochdruck | Geringere Gefäßelastizität |
Herzinfarkt, Schlaganfall | Schwächeres Herz-Kreislauf-System |
Gelenkprobleme | Fehlende Belastungsreize für Knochen und Knorpel |
Laufmotivation und Gesundheit: Tipps für den Einstieg ins Joggen
Machen wir es besser. Überlisten wir unseren evolutionär erworbenen inneren Schweinehund und starten wir in ein laufbewegtes Leben. Wer ein solches ohnehin schon führt, braucht ab dieser Stelle nicht mehr weiterzulesen. Alle anderen umso mehr.
Wohl nahezu jeder regelmäßig absolvierte Freizeitsport hat einen gesundheitlichen Nutzen; Laufen als natürlichste Fortbewegungsart und Ausdauerleistung wohl den breitesten. So dürften etwa für das Herz-Kreislauf-System Radfahren und Laufen, bei gleicher Anstrengung bzw. Pulsrate, einen ähnlichen Vorteil besitzen. Für Bandscheiben und Gelenkknorpel, die nicht durchblutet, sondern wie ein Schwamm durch das Aufsaugen und Auspressen von Gewebeflüssigkeiten versorgt werden, ist Laufen mit seinem steten Wechsel von Druckbe- und -entlastung die ernährungsphysiologisch effektivere Sportart.
Zudem werden beim Laufen mehr Muskeln aktiviert als beim Radfahren. Knochen benötigen für Wachstum und Stabilität stimulierende Krafteinwirkungen, die beim Laufen ebenfalls höher und vielseitiger als beim Radfahren sind.
Laufen oder Radfahren? Was ist wann besser geeignet?
Damit sollte jetzt keinesfalls Radfahren madig gemacht werden. Lieber mit Spaß in die Pedale treten als zwanghaft zu joggen, um irgendwann beides sein zu lassen. Zudem ist Radfahren eine gute Option, mehr Bewegung in alltägliche Erfordernisse wie Arbeitswege, Einkäufe und Behördengänge zu integrieren. Und speziell für Menschen mit chronischen Gelenkbeschwerden, die Laufen zur Qual machen, kann es nachvollziehbar die bessere sportliche Alternative sein.
Vermeiden Sie diese typischen Anfängerfehler
Den größten Fehler, den Neueinsteiger ins Laufen machen, ist, sich initial zu überfordern. Wer sich, vielleicht sogar mit erheblichem Übergewicht, auf eine Laufrunde zwingt, um sich stets am Rande der Erschöpfung fortzubewegen, wird kaum die nötige Motivation aufbauen, um das regelmäßig zu wiederholen.
Spätestens wenn am nächsten Tag auch noch alles wehtut, ist die Versuchung groß, die neuen Laufschuhe wieder an den Nagel zu hängen. Deshalb: Starten Sie langsam und lassen Sie Ihre Ausdauer, Kraft und Gelenkgeschicklichkeit sich langsam entwickeln.
Mit kleinen Schritten zu mehr Ausdauer
Suchen Sie sich für den Anfang eine attraktive, weitgehend ungeteerte Laufstrecke, die Sie für die Aufbauphase der nächsten Wochen bis Monate beibehalten. Für Münchner bieten sich die Isarauen, zahlreiche Parks, der Alte Nordfriedhof, der Rangierbahnhof, das Messegelände oder stadtnahe Wald- und Feldwege an.
Gehen Sie auf der auserkorenen Strecke zunächst ein paarmal nur flott spazieren und loten Sie die Länge so aus, dass Sie sie gehend in etwa einer Stunde bewältigen.
Laufplan und Training: Schritt-für-Schritt Anleitung für Anfänger
Schön wäre, wenn Sie es schaffen, sich zwei- oder gar dreimal die Woche auf Ihre Laufstrecke, auf der Sie als untrainierter Anfänger noch eine längere Zeit mehr gehen als laufen werden, zu begeben. Es macht deshalb Sinn, eine wohnungsnahe Strecke zu finden, damit das Ganze nicht schon bald an einem zu langen Hin- und Rückweg scheitert.
Nun machen Sie die Gehpausen ganz allmählich zur Laufstrecke. Laufen Sie eine Minute, um dann wieder zehn Minuten zu gehen. Dann wieder eine Minute laufen und zehn Minuten gehen. Das so lange, bis Sie durch Ihre Strecke durch sind.
Langsamer Einstieg: Das eigene Tempo finden
Wem als Einstieg die Laufminute noch zu lang ist, kann sie verkürzen. Wem sie zu kurz ist, der kann auch mit zwei oder mehr Minuten pro Etappe beginnen. Für die Mehrheit der bislang nicht Lauftrainierten mittleren Alters und älter dürfte aber der Eins-zu-zehn-Minuten-Takt ein passender Einstieg sein.
Nachdem Sie drei Lauftage den Wechsel von einer Minute Laufen und zehn Minuten Gehen beibehalten haben, laufen Sie die nächsten drei Lauftage jeweils zwei Minuten zwischen den zehnminütigen Gehpausen. Nach weiteren drei Lauftagen laufen Sie jeweils drei Minuten zwischen den zehnminütigen Gehpausen und so fort.
Woche | Laufzeit | Gehzeit | Hinweis |
---|---|---|---|
1–3 | 1 Min | 10 Min | Sanfter Einstieg |
4–6 | 2 Min | 10 Min | Langsame Steigerung |
7–9 | 3 Min | 10 Min | Durchhaltephase |
10–12 | 5–10 Min | 5–8 Min | Laufzeit verlängern, Gehpausen verkürzen |
Haben Sie die Laufetappen auf jeweils zehn Minuten gesteigert, verkürzen Sie jetzt bitte nach gleichem Modus minutenweise die Gehpausen. Immer wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie eine neue Stufe trotz gemächlicher Laufgeschwindigkeit überfordert, gehen Sie eine zurück und bleiben Sie dort so lange, bis eine erneute Steigerung problemlos gelingt.
Der Weg zur durchgelaufenen Strecke
Früher oder später werden Sie die ganze Strecke mühelos laufen und deutlich weniger Zeit brauchen als am Anfang. Falls Sie Lust dazu verspüren, können Sie die gewonnene Zeit zumindest gelegentlich in eine Verlängerung der Laufstrecke investieren.
Da Sie inzwischen in einem deutlich besseren Trainingszustand als am Anfang sind und Ihre Kräfte besser einschätzen können, dürfte das flexibel möglich sein. Auch sind Sie jetzt weniger an eine feste Örtlichkeit gebunden. Sie geben sich jetzt einfach die Zeit vor, die Sie am Stück laufen möchten.
Wenn Laufen zur Gewohnheit wird
Bei den meisten, die bis hierher gekommen sind, stehen die Chancen gut, dem Laufen für einen langen Rest des Lebens die Treue zu halten. Denn motivierend ist nun nicht mehr nur die bloße Vorstellung, sich mit regelmäßigem Joggen was Gutes zu tun und das künftige Risiko für Zivilisationskrankheiten zu senken.
Vielmehr werden sie einen Nutzen ihrer ein- bis dreimal wöchentlichen Laufrunden tatsächlich jetzt schon spüren. So werden sie vielleicht beim alljährlichen Betriebsausflug in die Berge nicht mehr den Kollegen hinterherhecheln und das Ende einer mühseligen Tour herbeisehnen. Treppensteigen? Eine neue Kleinigkeit, selbst mit schweren Einkaufstaschen.
Spürbare Erfolge im Alltag
Weitere rasch spürbare häufige Konsequenzen zusätzlich zur gesteigerten Fitness sind eine höhere Stressresistenz, schnelleres Ein- und besseres Durchschlafen, eine gehobene Stimmung und eine geringere Infektionsanfälligkeit.
Es fällt leichter, das Gewicht zu halten oder abzunehmen. Und viele Läufer bestätigen, dass sie die Lösung für so manches berufliche oder private Problem während einer den Kopf frei machenden Laufrunde gefunden haben.
Gesundheitliche Vorteile auch bei Vorerkrankungen
Wer bereits an einem Typ-2-Diabetes leidet, für den ist regelmäßiges Laufen zusätzlich zu einer Ernährungsumstellung ein probates Mittel, das die Zuckerkrankheit deutlich bessern oder vielleicht sogar wieder verschwinden lassen kann.
Selbst Prostatabeschwerden wie schwacher Harnstrahl und häufiger Harndrang, die vielen Männern ab 50 Lebensqualität rauben, bessern sich nicht selten dank eines regelmäßigen Lauftrainings, ist auf Urologen-Kongressen oft zu hören.
Herausforderungen beim Laufen meistern: Wetter, Zeitmangel & Gesundheit
Schlechtwetter ist kein Argument, seine Laufrunde ausfallen zu lassen. Es gibt Kleidung dagegen, und solange man in Bewegung bleibt, wird einem auch trotz ein bisschen Nass nicht kalt.
Wenn es dunkel wird: Sichere Alternativen zur Waldstrecke
Wenn die Tage kürzer werden, ist es am Feierabend für einen Waldlauf oft schon zu dunkel. Selbst beleuchtete, aber einsame Wege sind nach Sonnenuntergang nicht jedermanns und noch weniger jederfraus Sache. Hier könnte die frei zugängliche stoßdämpfende Vierhundertmeter-Tartanbahn des nächstgelegenen Sportvereins auch für Nichtmitglieder eine weniger einsame Alternative sein.
Die Vierhundertmeter-Bahn kommt übrigens auch als oft geräumte Ausweichstrecke infrage, wenn im Winter Eis und Schnee die Laufmöglichkeiten in freier Natur einschränken. In 20 Runden acht Kilometer zu kreisen, kann durchaus was Meditatives haben und ist weniger langweilig, als viele denken, die’s noch nie probiert haben.
Laufen bei Erkältung? Ein klares Nein!
Regelmäßiges Laufen reduziert zwar das Infektionsrisiko. Wenn man aber bereits fieberhaft erkältet ist, sollte man wie mit jeder anderen Sportart auch pausieren. Und zwar nicht nur für die Dauer der Symptome, sondern je nach deren Schwere noch ein paar Tage bis zwei Wochen über ihr Abklingen hinaus.
Als besonders gefährlich gilt, Erkältungssymptome medikamentös zu unterdrücken, um sich befreit von Warnsignalen des Körpers weiter zu belasten. Das kann aufs Herz gehen.
Warnzeichen ernst nehmen: Schmerzen und Überlastung
Schmerzen nach jedem Lauf an Knie, Hüfte oder Sprunggelenke, sollte man nicht zu lange ignorieren, sondern mit einem Arzt, idealerweise einem mit der Zusatzbezeichnung Sportmedizin, besprechen. Möglich, dass man falsch oder zu viel trainiert beziehungsweise längere Regenerationspausen zwischen den Laufrunden braucht. Oftmals helfen auch einfache Dehnübungen überraschend gut. Googeln Sie dazu etwa "Dehnübungen gegen Läuferbeschwerden".
In seltenen Fällen mag Laufen tatsächlich nicht mehr oder noch nicht der richtige Sport für jemanden sein. Etwa, weil Gelenke bereits irreparabel verschlissen sind oder ein bestehendes Übergewicht aktuell zu hoch ist, um gesund damit zu laufen. Hier sind dann dauerhaft oder vorübergehend gelenkschonendere Ausdauersportarten wie Radfahren und Nordic Walking angezeigt.
Gesundheits-Check vor dem Start: Für viele sinnvoll
Besonders, wer bereits älter als 35 Jahre ist und länger als ein Jahr sportlich inaktiv war, dem empfehlen Sportmediziner vor dem (Neu-) Einstieg in ein sportliches Leben eine sportmedizinische Basisuntersuchung. Damit sollen vor allem bereits erworbene versteckte Herz-Kreislauf-Risiken aufgedeckt werden.
Gegen eine solche Maßnahme, die von den meisten Kassen zumindest teilweise erstattet wird, gibt es wenig einzuwenden. Außer dass sie konsequenterweise dann auch jedem Nichtsportler anzuraten wäre, bevor der im Winter zum gelegentlichen Schneeschaufeln antritt. Auch sollte der Vorsorgetipp nicht missbraucht werden, selbst einen vorsichtigen Start in ein laufbewegtes Leben immer wieder hinauszuschieben, weil man gerade keinen geeigneten Arzttermin findet.
Beliebte Laufstrecken in München
Ort | Untergrund | Besonderheiten |
---|---|---|
Isarauen | Wiesen, Waldwege | Naturnah, zentral |
Alte Nordfriedhof | Kies, Wege | Ruhig und schattig |
Messegelände | Asphalt, Wiese | Weitläufige Strecken |
Rangierbahnhof | Feld-/Waldwege | Wenig frequentiert, abwechslungsreich |
400m-Tartanbahn | Tartan (Kunststoff) | Gelenkschonend, ideal im Winter |