Dauersitzen ist eine Gefahr für die Gesundheit: Einfache Übung verhindert negativen Einfluss auf den Körper
München - Wer kennt es nicht: Konzentriert auf die Arbeit hockt man von morgens bis abends auf derselben Stelle, die noch im besten Fall ein Bürostuhl ist. Erst wenn zig E-Mails beantwortet, Meetings beendet und Anrufe entgegengenommen sind, merkt man, dass man schon sehr lange so dasitzt und sich kein bisschen bewegt hat. Und das nicht nur heute, sondern auch gestern und die ganze Woche. Schlecht.
Das können Sie für Ihre Gesundheit tun:
- Dauersitzen ist eine Gefahr für die Gesundheit
- Mit regelmäßigen Pausen das Sitzpensum unterbrechen
- Mit neun Minuten am Tag gesundheitlich vorbeugen
- Fitness-Experte spricht in der AZ
- Bewusste Zeitfenster gegen Dauersitzen einplanen
- Im Sitzen abwechseln
- Ein aktiver Alltag kann Krankheiten vermeiden
Dauersitzen ist eine Gefahr für die Gesundheit
Der Deutsche gehört laut WHO zu den Bewegungsmuffeln – 44 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer über 18 Jahren müssten sich mehr bewegen, ergab kürzlich eine Studie. Das WHO-Zeugnis für Deutschland fällt damit sogar schlechter aus als für den Durchschnitt reicher Länder. Was dem promovierten Sportwissenschaftler Ben Baak zufolge besonders gefährlich ist: Dauersitzen. Ohne Bewegung, ohne Abwechslung. Studien hätten ergeben, dass der Deutsche im Schnitt pro Tag acht bis 13 Stunden sitzt. "Das ist extrem viel." Wer zwei bis drei Stunden am Stück dauerhaft nur sitzt, könne den negativen Einfluss auf den Körper gar nicht mehr mit einer Sporteinheit, sei es im Fitnessstudio, beim Joggen oder einem Ballsport ausgleichen.
Mit regelmäßigen Pausen das Sitzpensum unterbrechen
Also was tun? "Wir müssen es schaffen, gezielt unser Sitzpensum zu unterbrechen", sagt Baak, der an der Deutschen Sporthochschule in Köln gearbeitet hat und nun Unternehmen und Privatpersonen rund um Fitness berät. Er setzt auf regelmäßige Pausen für Vielsitzer. Seine gute Nachricht: Drei Mal am Tag jeweils eine Übung à drei Minuten reicht schon für eine Balance aus. Und das hilft wirklich gegen das Dauersitzen? Ja, sagt Baak. Ein Beispiel: "Der Skifahrer wird in kürzester Zeit intensiv und stößt Prozesse im Körper an, die auch im Anschluss noch ablaufen."
Mit neun Minuten am Tag gesundheitlich vorbeugen
Baak veranschaulicht es weiter mit einem Vergleich: "Bildlich gesprochen habe ich damit in eine Parkuhr wieder zwei Euro eingeworfen" – im Anschluss an die Übung könne der Körper die sitzende Tätigkeit wieder besser fortsetzen".
Am besten startet man Baak zufolge schon am Morgen mit kleinen Aktivierungen – seien es Körpergewichtsübungen oder Yoga, je nach Geschmack und Präferenz. Spätestens nach der Mittagspause sollte man ihm zufolge den nächsten körperlichen Impuls mit einer ersten Übung setzen, um das Dauersitzen zu unterbrechen und auch dem Nachmittagstief entgegenzuwirken. Freilich auch dann schon, wenn man vorher körperlich müde ist oder Schmerzen verspürt. Drei solcher gezielten Aktivierungen empfiehlt er an einem durchschnittlichen Arbeitstag von acht Stunden – macht am Ende neun Minuten gezielte Bewegung pro Tag und 63 Minuten Bewegung pro Woche (wenn man es auch an den Wochenenden durchzieht).
Fitness-Experte in der AZ: "Wir brauchen etwas, das unseren Körper zwischendurch wieder in Ordnung bringt"
Allein damit schafft man schon ohne viel Aufwand einen großen Teil des Pensums an körperlicher Aktivität, das von der WHO für Erwachsene empfohlen wird: mindestens 150 Minuten (mäßig intensiv) in der Woche beziehungsweise 75 Minuten (intensiv). Am sinnvollsten ist es, nicht alle drei Übungen am Stück nacheinander zu machen, sondern sie immer wieder einzustreuen. "Wir brauchen etwas, das unseren Körper zwischendurch wieder in Ordnung bringt, damit wir kritische Belastungen vermeiden, die uns irgendwann krank machen." Dabei darf es durchaus so sein, dass man schneller atmen muss und der Körper sich gefordert fühlt.
Bewusste Zeitfenster gegen Dauersitzen einplanen
Bis man die Unterbrechungen verinnerlicht hat, rät Baak, sich die Zeitfenster in einem Kalender einzutragen, Erinnerungen oder Timer zu aktivieren. Und noch ein Tipp für Einsteiger: "Es geht nicht darum, die Übung auf Biegen und Brechen drei Minuten durchzuziehen"– wenn etwas zu anstrengend werde, könne man kurz absetzen, etwa für zehn Atemzüge pausieren und dann die Übung konzentriert fortsetzen. Neben diesen bewussten Impulsen für die Muskulatur, den Kreislauf und auch den Stoffwechsel empfiehlt der Sportwissenschaftler auch in den sonstigen Alltag so viel Bewegung wie möglich einzubauen. Stichwort: 10 000 Schritte pro Tag. Aufzug? Treppe! Nur am Platz sitzen? Auch mal aufstehen und in die Teeküche gehen oder im Homeoffice ein paar Schritte marschieren.

Im Sitzen abwechseln
Man sollte zudem auf Variation setzen, auch bei den Sitzpositionen. "Abwechslungsreiche Sitzpositionen sind gut." Das kann vom Schneidersitz bis zur Schritt- oder Lehnstellung alles sein. Die Grundregel: nur nicht dauerhaft und einseitig. "Abwechslung ist für uns Menschen einer der besten Reize." Er empfiehlt besonders die "Proleten-Sitzhaltung", also breitbeinig, die Hüfte geöffnet.
Ein aktiver Alltag kann Krankheiten vermeiden
Wer noch eine weitere Motivation für die bewegte Pause braucht: "Wenn wir das Mindestmaß an Bewegung nicht mehr schaffen, öffnen wir Tür und Tor für chronische Erkrankungen – von Krebs, Demenz, diversen Autoimmunerkrankungen bis hin zu Stoffwechselerkrankungen, Diabetes und Herzkreislauferkrankung." Das ist vermeidbar, wenn wir aktiv auf uns achteten. "Mit einer kleinen Portion an Unterbrechungen können wir uns täglich Gutes tun und viele Krankheiten vermeiden."
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