Führerschein für Senioren einführen? Das sagt der TÜV

Wie kann man Sicherheit beim Fahren fördern? Und ist das bei Senioren nötiger als bei Jüngeren? Was der Tüv und Betroffene dazu sagen.
von  Ralf Müller
Alt am Steuer - nicht geheuer? So pauschal kann man das nicht sagen. Trotzdem gibt es Überlegungen dazu, wie man das Fahren im Alter sicherer machen kann.
Alt am Steuer - nicht geheuer? So pauschal kann man das nicht sagen. Trotzdem gibt es Überlegungen dazu, wie man das Fahren im Alter sicherer machen kann. © imago

München - Wie die gesamte Gesellschaft werden auch die Autofahrer in Deutschland im Schnitt immer älter. Nach den Zahlen des Tüv-Verbands lag der Anteil der Verkehrsteilnehmer über 65 im Jahr 2020 bei 22 Prozent und wird sich bis 28 Prozent in 2040 und 30 Prozent im Jahr 2070 steigern.

Unter den Senioren am Steuer sind einige, denen im Laufe der Jahre die erforderliche Fahrkompetenz teilweise oder ganz abhandengekommen ist, die aber nicht vom Gaspedal steigen wollen. Die Tüv-Organisationen schlagen vor, dem Problem mit "verpflichtenden Rückmeldefahrten" entgegenzuwirken.

Autofahren für Senioren: Ab 70 nur befristete Fahrerlaubnis? 

Die EU-Kommission hatte im Zuge einer europaweiten "Führerscheinrichtlinie" vorgeschlagen, ab einem Alter von 70 Jahren die Führerscheindauer auf fünf Jahre zu befristen und für die Verlängerung Fahreignungstests bis hin zu regelrechten Fahrprüfungen zur Voraussetzung zu machen, was beim EU-Parlament auf Ablehnung stieß.

Der Kommissionsvorschlag sei ein zu harter Eingriff in die Selbstbestimmung der Senioren, kritisierte Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, am Dienstag.

Autofahren heißt Sozialleben

Nach einer Umfrage der Prüforganisationen möchten 88 Prozent der Menschen so lange es geht über die eigene Mobilität selbst entscheiden. Für 72 Prozent ist Autofahren Voraussetzung für die Teilhabe am sozialen Leben.

Gar nichts zu tun, um die Gefahren im Verkehr durch überforderte Senioren zu reduzieren, ist nach Ansicht der Tüv-Verbände aber auch keine Alternative. Die Tüvs machen sich für regelmäßige "verpflichtende Rückmeldefahrten" für Autofahrer ab 75 Jahren stark.

Ab 75 Jahren erhöht sich das Risiko

Probeweise Autofahrten mit einem unabhängigen neutralen Dritten ohne die Angst, den Führerschein zu verlieren, seien die bessere Alternative zum harten Vorgehen, das sich die EU-Kommission vorstelle, sagte Bühler. Übernehmen könnten die Aufgabe des neutralen Mitfahrers, der erforderlichenfalls Hinweise oder Ratschläge gibt, Fahrschulen, Tüv- und Dekra-Organisationen oder auch Psychologen.

Das Konzept der "Rückmeldefahrten" scheint bei den Autofahrern auf hohe Zustimmung zu stoßen. 85 Prozent der Befragten ab 16 Jahren halten solche Fahrten für sinnvoll. Tatsächlich belegt die Statistik, dass sich bei Kraftfahrern ab 75 Jahren das Risiko, schuldhaft einen Unfall zu verursachen, erhöht, während die 55- bis 65-Jährigen in dieser Hinsicht unauffällig sind. Am geringsten ist die Verursacher-Quote bei den 35- bis 55-jährigen Fahrzeuglenkern.

Wer muss hier wen schützen? 

Die Umfrage förderte ‒ wenig überraschend ‒ auch zutage, dass Maßnahmen zur Sicherstellung der Fahrtüchtigkeit von betagten Personen umso mehr gefordert werden, je jünger die Befragten sind und je weiter das Seniorenalter in der Ferne liegt.

Dass andere Verkehrsteilnehmer vor fahruntauglichen Senioren am Steuer geschützt werden müssen, meinen zum Beispiel 81 Prozent der 16- bis 29-Jährigen, aber nur 49 Prozent der über 64-Jährigen. Ältere Verkehrsteilnehmer fahren in der Regel vorsichtiger und defensiver, glauben nur 37 Prozent der Jüngeren, aber 81 Prozent der Älteren ab 65 Jahren.

Die Aussage "Ältere Menschen sollten selber entscheiden, ob sie Auto fahren" stimmten nur 17 Prozent der 16- bis 29-Jährigen, aber 58 Prozent der über 64-Jährigen zu.

84 Prozent können sich vorstellen, den Schein abzugeben

Wie wichtig das Auto für alle Generationen in Deutschland ist, zeigt sich daran, dass 92 Prozent der Befragten einen Führerschein besaßen. 32 Prozent der Befragten ab 65 gaben an, täglich Auto zu fahren. Immerhin: 84 Prozent der Befragten konnten sich vorstellen, den Führerschein aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen abzugeben. Weitere 22 Prozent knüpften dies an das Erreichen eines bestimmten Alters.

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