Es geht um Ihr Geld: So vererben Sie es wie die Profis

Beim Erben und vererben kann man einige Fehler machen. Welche auf jeden Fall vermieden werden sollen.
von  Martina Scheffler
Und wer kriegt Opas Haus? Erben, Vererben, Schenken - dabei gibt es einiges zu berücksichtigen.
Und wer kriegt Opas Haus? Erben, Vererben, Schenken - dabei gibt es einiges zu berücksichtigen. © Monkey Business 2/ imago

München - Vom Streit ums Erbe hat sicher jeder schon einmal gehört. Wer das allerdings vermeiden will, bekommt jetzt mit einem neuen Ratgeber der Verbraucherzentralen eine geeignete Handreichung.

"Richtig vererben und verschenken" von Otto N. Bretzinger bietet zahlreiche Tipps, egal ob man zu Lebzeiten bereits das Erbe verteilen möchte oder erst nach dem Tod. Die AZ stellt einige davon vor.
Was besitze ich überhaupt? Wer etwas zu vererben hat und über die Verteilung seines Besitzes nachdenkt, sollte zunächst eine genaue Aufstellung zu Soll und Haben machen. Gibt es Immobilien? Sparkonten? Eine Lebensversicherung - und wer ist dann begünstigt? Schmuck? Und auf der anderen Seite: Gibt es Verpflichtungen, Unterhaltszahlungen, Schulden?

Wichtig beim Erben: Wie stehen die Angehörigen zueinander?

Wer kommt für ein Erbe oder eine Schenkung infrage? Wer ist erbberechtigt, wer hat Anspruch auf einen Pflichtteil, wer braucht Geld für einen Hauskauf oder ist verschuldet? Hat jemand schon eine Schenkung erhalten? Wie stehen die Angehörigen zueinander, wo gibt es Differenzen? Was möchten Sie als Schenkender oder Erblasser? Geht es Ihnen um ein Steuersparmodell?

Wer sein eigenes Testament aufsetzen möchte, sollte sich eines nehmen: Zeit.
Wer sein eigenes Testament aufsetzen möchte, sollte sich eines nehmen: Zeit. © Christin Klose/dpa-tmn

So gilt etwa für Schenkungen oder Vererbungen an Kinder (ehelich, unehelich, Adoptiv- und Stiefkinder sowie Kinder bereits verstorbener Kinder) ein Freibetrag von 400.000 Euro, für Ehe- oder Lebenspartner ein Freibetrag von 500.000 Euro.

Selbst für Enkel und Urenkel kann noch ein Freibetrag von 200.000 Euro in Anspruch genommen werden. Wer soll abgesichert werden, und soll es einzelne Bevorzugte geben? Wie frei sind Sie in Ihrer Entscheidung, wenn es etwa ein gemeinschaftliches Testament mit einem Ehepartner gibt? Wie sehr werden Sie finanziell beeinträchtigt, wie wird sich Ihre Wohnsituation ändern?

Richtig vererben: Verschiedene Formen der Schenkung

Wer sich für eine Schenkung entscheidet, hat dafür verschiedene Möglichkeiten. So gibt es etwa die Form der gemischten Schenkung, wie Bretzinger schreibt. Dies wäre etwa der Fall, wenn ein Grundstück weit unter Wert an den Beschenkten verkauft wird, was beiden Parteien bewusst ist. Der übersteigende Wert werde dann unentgeltlich gegeben, so der Experte.

"Pflegeleistungen sind nicht zu erzwingen"

Bei der Übertragung von Wohnraum kann dem Schenkenden ein Nießbrauchsrecht eingeräumt werden, also die lebenslange Nutzung der Immobilie. Er muss aber auch die Lasten wie etwa die Grundsteuer tragen. In einem Übergabevertrag sollten alle Details wie Unterhaltskosten, Reparaturen oder gemeinschaftlich genutzte Anlagen festgehalten werden, rät der Experte.

Auch eine Rentenzahlung als eine Form der Gegenleistung des oder der Beschenkten ist denkbar - entweder als regelmäßig zu zahlende Leibrente oder als sogenannte dauernde Last, die sich nach Bedürfnissen und Fähigkeiten der Beteiligten richtet. Ein immer wichtiger werdender Punkt ist die Sicherung der eigenen Pflege.

Wer bekommt Zugriff auf das Haus und wann? Gibt es ein Nießbrauchsrecht? Wer ein Haus besitzt, muss beim Vererben oder Verschenken einiges berücksichtigen.
Wer bekommt Zugriff auf das Haus und wann? Gibt es ein Nießbrauchsrecht? Wer ein Haus besitzt, muss beim Vererben oder Verschenken einiges berücksichtigen. © Christin Klose/dpa-tmn

Im Rahmen einer Schenkung kann laut Experte Bretzinger auch eine Pflegeleistung durch Beschenkte vereinbart werden. "Dabei sollte man sich allerdings bewusst sein, dass Pflegeleistungen letztlich nicht zu erzwingen sind", schränkt der Autor ein.

Tipps zum Erben: Das Sozialamt kann sich später noch einmal melden

Eine weitere Form ist die sogenannte Pflicht- und Anstandsschenkung, etwa die Unterstützung bedürftiger Geschwister. Doch Obacht: Wer etwas verschenkt und später selbst auf Sozialhilfe angewiesen ist, in dessen Fall kann das Sozialamt auf das früher übertragene Vermögen zurückgreifen. Wer nicht an eine Schenkung denkt, sondern an ein Testament, sollte sich zunächst mit den rechtlichen Gegebenheiten vertraut machen. Bretzinger weist darauf hin, dass so mancher im Vertrauen auf das Greifen der gesetzlichen Erfolge eine Überraschung erleben könnte.

Bei kinderlosen Paaren etwa werde der länger Überlebende nicht automatisch zum Alleinerben. "Zwangsläufig besteht eine Erbengemeinschaft zwischen dem länger lebenden Ehemann oder der Ehefrau, den Eltern der vererbenden Person und sogar mit dessen Geschwistern", warnt Bretzinger vor Nachlässigkeit im Umgang mit dem Erbe.

Wichtig: Die fünf Ordnungen von Erben

Umgekehrt greift die gesetzliche Erbfolge da, wo sie vielleicht gar nicht angedacht war: wenn etwa nur ein Teil des Nachlasses vom Testament erfasst wurde oder der Begünstigte das Erbe ausschlägt. Vertraut machen sollte man sich auch mit den fünf verschiedenen Ordnungen von Erben. Wichtig dabei: "Jeder Angehörige einer vorhergehenden Ordnung schließt alle Verwandten der späteren Ordnungen aus", so Bretzinger.

Das bedeutet, wer direkte Nachkommen, also Erben der ersten Ordnung, hat, bei dem können Erben der zweiten Ordnung, also die eigenen Eltern, nicht im Wege der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt werden. Bei wem die Angehörigen alle weit entfernt sind, der sollte wissen: Auch Ururgroßeltern und deren Nachkommen können noch nach der gesetzlichen Erbfolge in den Genuss eines Erbes kommen: Sie gehören der fünften Ordnung an.

Angehöriger erster, zweiter, dritter, vierter und fünfter Ordnung - da kann man schon mal durcheinander kommen, oder?
Angehöriger erster, zweiter, dritter, vierter und fünfter Ordnung - da kann man schon mal durcheinander kommen, oder? © VectorFusionArt/imago

Bei Kindern gibt es noch gewisse Unterscheidungen, ob es sich um eheliche oder uneheliche Sprösslinge handelt. Gegenüber der Mutter seien Kinder immer gesetzlich erbberechtigt, so Bretzinger. Beim Vater dagegen müssten bei einem nicht ehelichen Kind die Umstände berücksichtigt werden. Erbfälle seit dem 1. April 1998 machen keinen Unterschied mehr. Eine Ausnahme gibt es allerdings für vor dem 1. Juli 1949 in den alten Bundesländern geborene nicht eheliche Kinder. Ist der Vater nach dem 29. Mai 2009 verstorben, haben sie ein gesetzliches Erbrecht. Starb er davor, bekommen sie - zumindest von Gesetz wegen - nichts.

Leicht verständliche Erläuterungen

Das Buch bietet neben leicht verständlichen rechtlichen Erläuterungen und Verweisen auf entsprechende Paragrafen etwa im BGB auch zahlreiche Praxistipps ("So machen Sie es richtig"), die etwa den korrekten Wortlaut für viele der vorgestellten Regelungs- und Vertragsoptionen vorgeben, so dass der Leser nur "abzuschreiben" braucht.

Otto N. Bretzinger: Richtig vererben und verschenken, 208 S., 18 Euro (E-Book 14,99 Euro), erhältlich unter www.ratgeber-verbraucherzentrale.de oder telefonisch unter Tel. 0211/ 913 801 555.
Otto N. Bretzinger: Richtig vererben und verschenken, 208 S., 18 Euro (E-Book 14,99 Euro), erhältlich unter www.ratgeber-verbraucherzentrale.de oder telefonisch unter Tel. 0211/ 913 801 555. © Verbraucherzentralen

Auf mögliche Fallstricke wird ebenfalls hingewiesen. Jeder Bereich schließt zudem mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Punkte ab.

Otto N. Bretzinger: Richtig vererben und verschenken, 208 S., 18 Euro (E-Book 14,99 Euro), erhältlich unter www.ratgeber-verbraucherzentrale.de oder telefonisch unter % 0211/ 913 801 555.

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