Wein-Knigge für Einsteiger: Darauf kommt es wirklich an

München - Wein schmeckt oder nicht. Das kann jeder kundtun. Aber würden Sie auch gern besser mitreden können? Wissen, worauf es bei der Verkostung ankommt? Und wie viel guter Wein kostet? Die Sommelière Bärbel Ring hilft mit ihrem Buch "Wein, sonst nix. Weinwissen für alle".
Weinverkostung: Die zehn besten Tipps
Auch wenn sie mittlerweile auf Sylt lebt, hatte sie ihren Wein-Schlüsselmoment in München, wie sie der AZ erzählt. Dort traf sie erstmals auf einen Sommelier und verkostete im Ederer einen Rheingauer Riesling aus dem Weingarten Berg Schlossberg. "Diesen Wein werde ich niemals vergessen. Ich weiß noch genau, wie er geschmeckt hat: nach Weinberg-Pfirsich." Klingt nach großer Wein-Liebe. Wie Sie sich auch weinverlieben können – zehn Anregungen.
Auge, Nase, Mund: Das Dreiegespann der Weinverkostung
Wer sind die drei "Detektive" beim Verkosten? Auge, Nase, Mund! Ring sagt der AZ: "Das Auge trinkt mit", und zugleich: "Das Auge ist am vorlautesten". Soll heißen: "Es suggeriert oder täuscht uns auch Sachen vor, die gar nicht wahr sein müssen". Etwa bedeute es nicht, dass ein Rotwein mit weniger Farbpigmenten nicht kräftig sein könne, auch wenn das der erste Impuls beim Anblick sein könne. Das Auge könne zum Beispiel das Alter des Weins mitbestimmen. Gereifter ist er etwa, wenn er leicht orange ist (Rotwein) oder die Farbe kräftiger ist (Weißwein). Was wir auch sehen: die Viskosität. Also wie flüssig ist der Wein?
"Das Schwierigste ist die Nase", sagt Ring weiter. Denn: Das Riechen läuft über das limbische System und damit über Erinnerungen. "Wenn wir einen Geruch beschreiben, geben wir immer nur eine Erinnerung wieder." Als Hilfestellung nennt sie das Aromarad mit acht verschiedenen Aromengruppen, mit 25 Untergruppen und 94 Einzeldüften von Paprika bis Artischocke. "So kann man sich an dem Duft entlangarbeiten und bestimmte Aromen einkreisen oder ausschließen", heißt es im Buch.
Detektiv Nummer 3, der Mund, kann etwa Temperatur, Alkoholwert, Süße und Säure erkennen. Als Beschreibungsmöglichkeiten der Säure nennt sie im Buch: dezent, geschmeidig, weich, lebendig, markant, rassig, beißend. Im Mund anfühlen könne sich der Wein zum Beispiel spröde, pelzig, cremig, straff, seidig, warm.
Weinverkostung: So geht's
Wie verkostet man richtig? "Als Allererstes schaut man sich die Farbe an", erklärt Ring. Und dabei darf man kreativ werden: "Wenn man in den Baumarkt geht, gibt es immer Farbpaletten mit schönen Begriffen. Welche Farbe wäre es denn?" Als Nächstes schnuppert man daran. "Man wird das Glas schwenken." Warum eigentlich? „Man will damit die Oberfläche vergrößern, damit mehr Duftstoff an die Nase kommt." Im Folgenden beschreibt man die Aromen. Erst dann nimmt man den ersten Schluck, etwas schlürfend (leicht und leise), um erneut die Oberfläche zu vergrößern. Ring beschreibt die einzelnen Schritte wie ein Auseinanderbasteln des Weins, um ihn näher zu bestimmen.
Die Verkostungstabelle
Welche Hilfestellungen gibt es noch? In ihrem Buch schreibt sie: "Am besten nutzt man Verkostungstabellen." Die könne man sich auch einfach im Kopf vorstellen – also eine Skala jeweils von 1 bis 10: Diese lässt sich anwenden etwa auf den Grad der Säure, der Süße, die Mineralität (Salzigkeit), die Bitterkeit, den Gehalt der Gerbstoffe und den Alkoholgehalt.
Woran erkennt man einen guten Wein?
"Ich würde einen guten Wein als sehr ausgewogen beschreiben." Das bedeutet: "Um einen guten Wein zu haben, sollte nichts besonders hervorstechen. Nicht zu viel Säure, nicht zu viel Bitterstoffe. Es sollte ausbalanciert sein."
"Das finde ich peinlich": Darauf müssen Anfänger bei der Weinverkostung achten
Was sind Anfänger-Fehler? "Eigentlich gibt es keine Fehler", sagt die Sommelière. Um das Schwenken zu trainieren, damit der Wein nicht hin und her schwappt, rät sie dazu, das Glas erst einmal auf dem Tisch in Kreisen zu bewegen. Obacht: "Was man nicht vergessen sollte: tatsächlich spucken, wenn man mehrere Weine verkostet." Sonst ist die Objektivität nach ein paar Glaserl dahin. Ein No-Go: zu lautes Schlürfen. "Das finde ich peinlich."
Taugt der Billigwein was?
Kann Wein vom Discounter gut sein? "Mit Sicherheit können diese Weine auch gut sein. Bei mir steht aber die Frage im Mittelpunkt: Wie ist der Wein hergestellt worden?" Sie führt das aus: "Wenn ich einen Wein für zwei Euro kaufe, kann ich davon ausgehen, dass ein Vollernter durchfährt, Chemie in den Weingarten gelangt und das Geerntete im Weinkeller wieder trinkfähig gemacht wird, etwa mit Säuremanagement." Ihr Fazit: "Wenn ich weiß, wie er gemacht wurde, ist es nicht das, was ich im Glas haben möchte."
So viel müssen Sie für guten Wein ausgeben
Wie viel muss man für einen guten Wein ausgeben? "Ein guter einfacher Wein vom Winzer kostet zwischen sieben und zehn Euro."
Auf die Temperatur kommt's an
Welche Temperatur ist richtig? Für leichte Weißweine nennt sie im Buch die Temperatur: sieben bis neun Grad. Bei kräftigen Weißweinen: acht bis zehn Grad. Kräftige Rotweine dürfen dagegen 16 bis 18 Grad haben, junge leichte: zwölf bis 14 Grad. All das seien nur Empfehlungen und Richtlinien, heißt es dazu.
Weinschorle: Top oder Flop?
Weinschorle – ein No-Go? Das sieht Ring nicht so eng. Es komme aber auf den Wein an. "Bei einem hochwertigen wäre es Sünde, ihn mit Wasser zu mischen."
Der Wein-Liebling der Sommelière
"Am allerliebsten trinke ich Riesling, weil er so breit gefächert ist und viele Geschmacksprofile hat." Und sie fügt noch an: "Was ich sehr gern mag: Rieslinge auf Schiefer gewachsen."