Kalorienfalle Brot? Worauf Sie beim Essen unbedingt achten sollten

Brot gilt oftmals als Dickmacher. Ist dem wirklich so? "Brotdoc" Björn Hollensteiner (50) widerspricht, doch es gibt einiges zu beachten.
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Das Rustikus-Brot von Björn Hollensteiners (links unten).  Fotos: Hubertus Schüler (2); Martin Steffen
Das Rustikus-Brot von Björn Hollensteiners (links unten). Fotos: Hubertus Schüler (2); Martin Steffen

Münsterland - Der Hausarzt Björn Hollensteiner (50) ist: der "Brotdoc". Wie bitte? Der Münsterländer backt schon seit 15 Jahren selbst Brot. Nach einem Frankreich-Urlaub wollte er auch daheim Baguettes essen - fand sie aber nirgends mit vergleichbarem Geschmack.

Also tüftelte er selbst am perfekten französischen Stangenbrot. Angesichts seines heutigen Beinamens überrascht es wohl wenig: Es hat geklappt.

Mittlerweile hat er einen Blog, schreibt Bücher und ist bei Social Media aktiv. "Bei mir ist das etwas eskaliert", sagt er mit einem Lachen über sein Hobby. In Kombination mit seinem Wissen als Arzt hat er nun ein neues (Rezept-)Buch veröffentlicht, das viel verspricht: "Gesund und schlank mit Brot". Geht das wirklich?

Dr. Björn Hollensteiner.
Dr. Björn Hollensteiner. © Martin Steffen

Macht Brot nicht dick? Was der Experte dazu sagt

Macht Brot nicht dick? Gerade die Deutschen essen liebend gern Brot, doch es hat auch einen Ruf als Dickmacher. Hollensteiner widerspricht dem. Er sagt: "Was stimmt: Einfache Kohlenhydrate in Form von Zucker haben einen großen Anteil daran, dass es heute so viele Übergewichtige gibt. Aber der Trugschluss ist, das gleichzusetzen."

Denn ihm zufolge besteht Brot aus komplexen Kohlenhydraten. Diese gehen nicht sofort in die Blutbahn. "Das macht einen gigantischen Unterschied, was den Insulinspiegel, aber auch das Übergewicht angeht."

Hollensteiner: "Weißbrot ist nicht per se ungesund"

Gilt das auch für Weißbrot? "Weißbrot ist nicht per se ungesund, es ist nur ein bisschen weniger gesund als Vollkorn", sagt der Arzt dazu. Denn auch Weißbrot sei nicht völlig ballaststofffrei. Er zieht dafür die Mehltypen heran: "550 bedeutet, dass auch in weißem Mehl Ballast- und Mineralstoffe enthalten sind." Wenn man stattdessen ein 1050er oder ein 1700er Mehl (Vollkornmehl) nehme, sind dementsprechend mehr Ballaststoffe enthalten.

Warum ist Brot sogar gesund? "Die wichtigsten Inhaltsstoffe im Brot sind die Kohlenhydrate. Sie sind die wichtigsten Energielieferanten für den Körper. Das ist der Hauptgrund, warum man Brot essen sollte. Denn der Körper braucht jeden Tag Kohlenhydrate", sagt Hollensteiner.

Das "Brown Irish Soda Bread" findet sich ebenfalls in dem Buch.
Das "Brown Irish Soda Bread" findet sich ebenfalls in dem Buch. © Hubertus Schüler

Es kommt aber auf die Menge an. Wenn jemand eine sitzende Tätigkeit ausübe oder sich zum Beispiel im Ruhestand weniger bewege, dann braucht er oder sie nicht so viele Kohlenhydrate wie bei körperlicher Arbeit.

Diese Vitamine stecken in Brot

Was sonst noch im Brot steckt: "Es ist auch ein wichtiger Vitamin-Lieferant. Die ganze B-Vitamin-Reihe: B1, B6 und B9", zählt er auf. Es enthalte zudem sekundäre Pflanzenstoffe, die für die Verdauung und die Darmflora gut seien.

Warum setzt der Brotdoc aufs selbstgemachte Brot? "Ich habe nichts gegen Bäckereien. Das Problem sind nur die Bäckereien, die Abkürzungen nehmen, nicht mehr natürlich backen und sich das Leben einfacher machen wollen, indem sie etwa Backmischungen nehmen oder sogar Tiefkühlware. Das finde ich nicht gut."

Die Vorteile, wenn man es selbst backt: "Man weiß, was drin ist. Damit haben Sie volle Kontrolle über die Zutaten und sind in der Lage, auf Ihre eigenen Bedürfnisse einzugehen." Wenn etwa jemand keine Milchprodukte vertrage, könnten diese ersetzt werden. "Es ist zudem ein tolles Hobby, sehr entspannend." Er empfindet es so: "Mir tut das mental unglaublich gut. Es geht also nicht nur um das Produkt, sondern auch um den Weg dorthin."

Bei diesen Beschwerden hilft selbstgebackenes Brot

Was kann selbst gebackenes Brot bewirken? Es kann sich positiv auswirken etwa bei Verdauungsproblemen, Blähungen oder Reizdarm. Aus seiner Praxiserfahrung weiß er: "Den Leuten hilft oft das selbst Backen, weil die Teige dann länger gereift sind und Stoffe, die reizend auf die Verdauung wirken, abgebaut sind."

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Auch bei Diabetes gehe es darum, die benötigten Kohlenhydrate in der richtigen Form zu sich zu nehmen. "Eben nicht in Form von gesüßten Lebensmitteln oder Raffinade-Zucker, sondern in Form von Vollkornbrot, das langsam verdaut wird und den Blutzuckerspiegel nicht so schnell ansteigen lässt."

Brot: Welcher Teig besser für die Gesundheit ist

Welches Brot ist nicht förderlich? "Wenn der Brotteig nicht gut reifen konnte, haben deutlich mehr Menschen Probleme mit der Verdauung", sagt er. Er meint damit zum Beispiel das klassische schnelle Hefeteigbrot. Deswegen gilt: "Oft ist es so, dass Sauerteig zuträglich für die Gesundheit ist." Kleingebäck wie Semmeln oder weißes Toastbrot würden zudem oft "unter Zuhilfenahme von sehr viel Hefe und sehr kurzen Reifezeiten hergestellt". Auch das könne dazu führen, dass sie weniger bekömmlich sind als ein klassisches Roggenvollkorn- oder ein Weizenvollkornbrot mit Sauerteig.

Welche Tipps hat er für die Brotbackstube daheim? "Ich empfehle, mit Vorteigen zu arbeiten." Ein Teil des Mehls wird bereits zwölf Stunden vorher mit Sauerteig oder mit Hefe angesetzt. Zwischen zehn und 30 Prozent des Mehls hätten dann schon vorgereift. Ohne Vorteig würde er den Teig mindestens zwei, bis drei Stunden reifen lassen - "besser noch länger".

Wie viel Brot sollten Menschen essen, die abnehmen wollen? Er sagt deutlich: "Schreibtischtäter können nicht den ganzen Tag Brot essen." 400 bis 500 Gramm davon wären ihm zufolge zu viel, weil man diese Menge an Kohlenhydraten nicht verbrauchen könne. Man setzt letztlich Gewicht an, "wenn man überschüssige Energie hat".

"200 Gramm Brot am Morgen - das ist kein Problem"

Sein Rat an Abnehmwillige: Sprichwörtlich wie ein Kaiser frühstücken, mittags wie ein König essen und abends wie ein Bettler oder das Abendessen ganz ausfallen lassen. Sprich: "Nur in der ersten Tageshälfte essen". Dementsprechend ist das Frühstück die Brot-Zeit.

"200 Gramm Brot am Morgen - das ist kein Problem." Also zwei bis zweieinhalb Scheiben. "Ich würde ein so ballaststoffreiches Brot wie möglich essen, Vollkorn oder zusätzlich angereichert mit Hülsenfrüchten. Dann ist man länger satt und hat nicht das Bedürfnis nach Zwischenmahlzeiten. Die Verdauung reguliert sich entsprechend durch die Ballaststoffe."

Dunkles Brot ist nicht automatisch gesünder

Mittags könne auch eine Kohlenhydrate-Portion gegessen werden wie Nudeln, Reis oder Kartoffeln. Danach aber keine mehr, so seine Empfehlung.

Ist dunkles Brot gleich gesünder? "Auf die Farbe kann man sich leider nicht verlassen. Denn es gibt Färbemalze, die in jeder Form und Farbe verfügbar sind. Wenn Sie wollen, können Sie einem Weißbrot eine dunkelbraune Farbe geben. Dann sieht es aus wie Vollkornbrot, ist es aber nicht." Er rät dazu, in den Bäckereien nachzufragen. Oder eben selbst zu backen.

So steht der Brotdoc zu bayerischen Brezn

Was hält er von Brezn, die unangefochtenen Lieblinge in Bayern? "Brezn sind aus Weißbrotteig. Wenn Sie nicht zufällig Vollkorn-Brezn bekommen, ist das etwas fürs Wochenende." Sprich: eine Ausnahme.

Der Grund: Davon sei man nicht lange satt. "Eine Brezn sättigt vielleicht für eine Stunde. Bei zwei Scheiben Vollkornbrot haben Sie vier, fünf Stunden etwas davon."

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Was mag er selbst am liebsten? "Alles hat mit Baguettes begonnen, sie backe ich immer noch am liebsten." Aus gesundheitlichen Gründen backe er mittlerweile auch viele Vollkornbrote. Was der Brotdoc nicht mag: "Ich bin nie ein großer Freund von Dinkel geworden." Aber das ist Geschmackssache.

Zum Buch: Dr. Björn Hollensteiner: "Gesund und schlank mit Brot" mit 40 Rezepten; Becker Joest Volk Verlag; 30 Euro

Rezept für das Vollkornbrot "Rustikus"

Besonders geeignet bei Adipositas, Diabetes mellitus und dem Reizdarmsyndrom

SAUERTEIG ( 1. STUFE)
25 g Wasser (40 Grad Celsius)
3 g Sauerteig-Anstellgut
30 g Roggenvollkornmehl

SAUERTEIG (2. STUFE)
45 g Wasser (40 Grad Celsius)
45 g Roggenvollkornmehl

AUTOLYSETEIG
315 g leitungskaltes Wasser
430 g Weizenvollkornmehl
10 g Acerolakirschpulver (nach Belieben)

HAUPTTEIG
12 g Salz
2 g frische Hefe (nach Bedarf; entspricht etwa 2 Erbsen)
Pflanzenöl zum Einfetten
Roggen- oder Weizenvollkornmehl zum Bemehlen

AUSSERDEM NÖTIG
Backstahl oder -stein (oder umgedrehtes Backblech) Teigwanne mit Deckel Gärkörbchen Dauerbackfolie (oder Backpapier) Brot- oder Pizzaschieber (altern. großes Küchenbrett)

"Rustikus" zeichnet sich durch würzige und saftige Krume aus 

Dieses reine Vollkornbrot zeichnet sich durch eine besonders würzige und saftige Krume sowie durch eine gute, lange Frischhaltung aus. Die zweistufige Sauerteigführung dient in der ersten Stufe der geschmacklichen Entwicklung und Versäuerung, die zweite Stufe sorgt für eine besonders gute Triebkraft des Sauerteigs. Daher kann dieses Brot vollständig ohne Backhefe hergestellt werden, es sei denn, Ihr gelagerter Sauerteig (Anstellgut) ist noch nicht kräftig genug.

Wenn Sie frisch gemahlenes Weizenvollkornmehl verwenden, empfiehlt Björn Hollensteiner die Zugabe von Vitamin C in Form von Acerolakirschpulver. Das hilft, den Teig etwas straffer und voluminöser zu bekommen.

Die Schritt-für-Schritt-Anleitung.
Die Schritt-für-Schritt-Anleitung. © Hubertus Schüler

VORTAG: SAUERTEIG (1. STUFE)
Zutaten in eine Schüssel geben, mit einem Löffel gut vermischen, abdecken und bei Raumtemperatur acht bis zehn Stunden reifen lassen.

BACKTAG: SAUERTEIG (2. STUFE)
Den Backofen mit Backstahl oder -stein bei Ober-/Unterhitze auf 30 Grad Celsius vorheizen. Die Zutaten in die Schüssel mit der ersten Sauerteigstufe geben, unterrühren, abdecken, in den vorgeheizten Ofen geben, diesen ausschalten und etwa drei Stunden reifen lassen (die Temperatur fällt nur sehr langsam ab).

AUTOLYSETEIG
Nach etwa zweieinhalb Stunden Sauerteigreifezeit die Zutaten für den Autolyseteig in die Rührschüssel der Küchenmaschine geben und mit dem Knethaken bei langsamer Geschwindigkeit vermischen, bis keine Mehlreste mehr zu sehen sind (alternativ von Hand mischen). Die Schüssel abdecken und den Vorteig bei Raumtemperatur etwa 30 Minuten ruhen lassen.

HAUPTTEIG
Salz und eventuell Hefe in die Rührschüssel zum Autolyseteig geben, die zweite Sauerteigstufe hinzufügen und mit dem Knethaken acht bis zehn Minuten zu einem glatten Teig kneten, dabei mit langsamer Geschwindigkeit beginnen und nach zwei bis drei Minuten auf mittlere Stufe stellen (alternativ von Hand mit der Grundmethode 20 bis 25 Minuten kneten).

Endspurt beim "Rustikus": Was jetzt noch zu beachten ist

Teig in die eingeölte Teigwanne geben, abdecken und bei 25 bis 28 Grad Celsius drei bis vier Stunden reifen lassen, dabei je nach Stand des Teiges (wenn er zum Beispiel die Form nicht behält) nach 30 Minuten ein- bis zweimal dehnen und falten. Teig auf die bemehlte Arbeitsfläche geben, rund vorformen und zum Entspannen etwa 20 Minuten abgedeckt ruhen lassen. Dann straff rundwirken und dabei etwas Mehl in den Schluss einwirken. Mit dem Schluss nach unten in das bemehlte Gärkörbchen legen, abdecken und bei Raumtemperatur etwa 60 Minuten reifen lassen.

Das Cover von "Gesund und schlank mit Brot".
Das Cover von "Gesund und schlank mit Brot". © Becker Joest Volk Verlag

Inzwischen den Backofen mit Backstahl oder -stein (mittlere Schiene) auf 240 Grad Celsisus Ober-/Unterhitze vorheizen. Den Teigling auf den mit einer Dauerbackfolie belegten Brotschieber stürzen, samt Dauerbackfolie in den vorgeheizten Ofen einschießen und sofort mit 50 bis 60 Milliliter Wasser beschwaden. Die Temperatur auf 210 Grad Celsius reduzieren und 55 bis 60 Minuten kräftig backen.

Aus dem Ofen nehmen und das Brot auf einem Küchengitter gut auskühlen lassen.

Rezept aus  "Gesund und schlank mit Brot" von Björn Hollensteiner.

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2 Kommentare
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  • Futurana am 05.01.2025 17:13 Uhr / Bewertung:

    Ich, ausgesprochener Brotfan, liebe lang geführtes Vollkornbrot. Nehmen dafür weite Wege in Kauf um den entsprechenden Bäcker zu finden. Zuhause gutes Brot zu backen ist ziemlich aufwendig und benötigt nach meiner Erfahrung eine Portion Muskelkraft. Viele welche sich rühmen selbst zu backen meinen die fertigen Backmischungen vom Supermarkt. Ist nicht meins.

  • Sarah-Muc am 06.01.2025 02:24 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Futurana

    Und es gibt immer mehr kleine Bäckereien die super Brot backen. Ich denke da mal an den Brandtner bei mir ums Eck! Teuer macht aber auch länger satt.

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