Enterbung durch Testament oder Erbvertrag und Nachlassminderung durch Schenkung
Mit Schrecken stellen Familienangehörige mit Tod des Erblassers oftmals fest, dass der Verstorbene völlig familienfremden dritten Personen hat erhebliches Vermögen zukommen lassen. Aufgrund dieser bewussten Vermögensminderungen durch den Erblasser, stehen die Erben dann im Todesfall vor einem Debakel. Erben kann man letztlich nur das, was am Todestag noch vorhanden ist. Allerdings sind nahe Familienangehörige nach Tod des Verstorbenen dem Desaster nicht ganz schutzlos ausgesetzt, sagt Rechtsanwältin Alexandra Oldekop von der Kanzlei Maltry. Es gibt eine Möglichkeit, wie nahe Familienangehörigen auf lebzeitige Schenkungen des Erblassers zurückgreifen können.
Schenkungen des Erblassers innerhalb der letzten 10 Jahre vor Todeszeitpunkt
Generell würde bei einer Enterbung durch Testament oder Erbvertrag der Abkömmling oder Ehepartner den Pflichtteil und hier zusätzlich den sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch erhalten. Aber auch der nicht enterbte Mit- oder Alleinerbe kann auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch unter Anrechnung des gesetzlichen Erbteils zurückgreifen.
Welchen Pflichtteilsergänzungsanspruch man erhält, ist vom Wert der zu Lebzeiten erfolgten Schenkung abhängig. Dabei spielen aber nur die Schenkungen eine Rolle, die innerhalb der letzten 10 Jahre vor Todeszeitpunkt vorgenommen wurden. Eine Ausnahme gilt bei Schenkungen unter Ehegatten. Hier beginnt die 10-Jahres-Frist nicht vor Auflösung der Ehe. Sogenannte „Anstandsschenkungen“, beispielsweise kleinere Zuwendungen zu Geburtstag oder Hochzeitstag, sind ebenso nicht inbegriffen.
Unterscheidung zwischen verbrauchbaren und nicht verbrauchbaren Gegenständen
Alle anderen Schenkungen werden fiktiv dem Nachlass hinzugerechnet. Dabei wird bei der Ermittlung des Wertes der Schenkung zwischen verbrauchbaren und nicht verbrauchbaren Gegenständen unterschieden. Alle verbrauchbaren Sachen wie z.B. Geld oder Wertpapiere, werden - unabhängig von ihrem weiteren Schicksal - stets mit ihrem Wert zum Zeitpunkt der Schenkung angesetzt. Bei nicht verbrauchbaren Sachen, wie z.B. Grundstücken, gilt das sog. Niederstwertprinzip.
Des Weiteren ist bei dem Wertansatz das sogenannte Abschmelzungsmodell zu berücksichtigen. D.h. je länger eine Schenkung zurückliegt, desto weniger wird dem Nachlass hinzugerechnet.
Dem Gesetz zufolge wird die Schenkung danach innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt.
Ist kein positive Nachlass vorhanden, kann sich der Berechtigte an den Beschenkten wenden
Grundsätzlich richtet sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den oder die Erben. Ist jedoch kein positiver Nachlass vorhanden, kann sich der Berechtigte auch an den Beschenkten wenden.
In diesem Zusammenhang muss aber immer die Verjährung im Blick gehalten werden. Allerdings gelten jeweils unterschiedliche Verjährungsregeln, je nach dem, gegen wen sich der Anspruch richtet. Wendet man sich hinsichtlich des Pflichtteilsergänzungsanspruches z.B. zunächst an den Erben und stellt man dann nach einiger Zeit fest, dass bei diesem nichts zu holen ist, kann man sich auch an den Beschenkten wenden. Hier kann es aber dann passieren, dass der Anspruch gegen den Beschenkten bereits verjährt ist. Um dies zu vermeiden, gilt es unbedingt rechtzeitig anwaltlichen Rat einzuholen, empfiehlt Rechtsanwältin Alexandra Oldekop.
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