Die Kurve kriegen – mit der Rente vom Chef

Am meisten Geld bekommt man raus, wenn der Arbeitgeber noch was drauflegt. Aber auch, wenn man vom Brutto-Gehalt etwas abzwackt, ist die Rendite deutlich höher als sonst.
von  Jörg Riehl

Eine Zusatzrente, die der Arbeitgeber bezahlt – das ist zu schön, um wahr zu sein. Aber ein bisschen wahr ist es doch: Je nach Tarifvertrag und Unternehmen beteiligt sich der Chef an der Betriebsrente, auch „Betriebliche Altersvorsorge“ genannt. Und auch für die, bei denen der Chef nichts dazu gibt, lohnt sich ein Gespräch mit dem Vorgesetzten oder der Personalabteilung: Denn wer einen Teil seines Brutto-Gehalts anlegt, wird mit einer hohen Rendite belohnt.

Und das funktioniert so: Arbeitnehmer schließen mit ihrem Arbeitgeber einen Vertrag, dem zufolge ein Teil ihres Gehalts nicht ausgezahlt, sondern für die Rentenzeit angespart wird. Dieser Teil des Gehalts fließt unversteuert ein und bleibt auch von Abgaben zur Sozialversicherung frei, solange er unter der Grenze von 2640 Euro (für das Jahr 2011) bleibt. Steuer-, aber nicht sozialversicherungsfrei sind weitere 1800 Euro jährlich.

Der Unterschied ist enorm: Ein 35-Jähriger, der bis zur Rente mit 67 einen Monatsbeitrag von 220 Euro zu 4Prozent Zinsen anlegt, erhält 2043 fast 170000 Euro. Weil das Geld vom Brutto abgezogen wird, werden keine Steuern- und Sozialabgaben fällig. Die 220 Euro werden angelegt – das Minus bei der Netto-Auszahlung beträgt aber lediglich 144 Euro. Er bekommt also seinen Beitrag zur Altersvorsorge quasi zum „Schnäppchenpreis“ (detaillierte Berechnung siehe unten).

Das ist noch nicht alles: Häufig legt der Arbeitgeber zu diesen Beiträgen noch etwas drauf, was die Betriebsrente unschlagbar rentabel und sehr beliebt macht: Schätzungen zufolge haben die Deutschen derzeit 470 Milliarden Euro in die Betriebliche Altersvorsorge angelegt.

„Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer den Anspruch“, erläutert Klaus Stiefermann von aba – der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung. Falls der Chef sich sperrt, einen Teil des Gehalts für die Rente einzuzahlen, empfiehlt Stiefermann dem Mitarbeiter, selbst die Initiative zu ergreifen und Angebote einzuholen.

Denn das zur Seite gelegte Gehalt kann auf verschiedene Arten angelegt werden. Um den eigenen Aufwand gering zu halten, vergeben die meisten Arbeitgeber die Umsetzung an Kassen oder Versicherungen. Es gibt fünf verschiedene Wege, die Beiträge zu verwenden:

1. Direktversicherung Der Arbeitgeber zahlt die Beiträge in eine Kapitallebensversicherung oder Rentenversicherung ein. Die Versicherungsunternehmen bieten dafür oft günstige Gruppentarife.

2. Pensionskasse Eine Pensionskasse verwaltet die Beiträge und zahlt sie später als Rente aus. Die Kasse wird häufig von mehreren Unternehmen gemeinsam getragen.

3. Unterstützungskasse Wie die Pensionskasse, bei der Unterstützungskasse ist allerdings die Absicherung gegen eine Insolvenz des Arbeitgebers notwendig. Dieser Schutz wird vom Pensionssicherungsverein garantiert.

4. Pensionsfonds Hier werden die Beiträge am Kapitalmarkt angelegt – die Höhe der späteren Auszahlung ist vom Erfolg der Anlagen abhängig.

5. Direktzusage Das Unternehmen sagt dem Arbeitnehmer – oder seinen Hinterbliebenen – die Zahlung einer vereinbarten Leistung zu.

Der Wermutstropfen bei allen fünf Formen: Die später ausgezahlten Renten sind steuer- sowie kranken- und pflegeversicherungspflichtig. Das ist jedoch nicht dramatisch, da die Einkünfte von Rentnern in der Regel deutlich geringer sind als von Arbeitnehmern, die Progression also nicht so stark greift. Bis 2040 können Rentner außerdem noch Versorgungsfreibeträge geltend machen.

Was aber geschieht, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Rentenalter endet? Die gute Nachricht: Sogar wer seinen Job kündigt, verliert das selbst angesparte Geld nicht, häufig, insbesondere bei jüngeren Verträgen, bleiben auch die Beiträge des Arbeitgebers voll erhalten. Da im Fall 5 „Direktzusage“ die Folgen unklar waren, hat der Gesetzgeber mit der „Gesetzlichen Unverfallbarkeit“ Kriterien für die Handhabung festgelegt.

Der bisherige Vertrag lässt sich beim neuen Arbeitgeber allerdings nicht unbedingt weiterführen. Wechselwillige sollten sich schon beim Bewerbungsgespräch nach den Möglichkeiten beim neuen Arbeitgeber erkundigen.

Eine Sonderform der Altersvorsorge über den Betrieb sind Vermögenswirksame Leistungen (VL). Die Rahmenbedingungen wie eine Beteiligung des Chefs sind wie bei der Betriebsrente durch Tarifvertrag und Unternehmen vorgegeben. Der erste Vorteil: Der Arbeitnehmer kommt bereits nach sieben Jahren an sein Geld.

Vorteil Nummer zwei ist die vom Staat gezahlte Arbeitnehmersparzulage. In den Genuss kommt aber nur, wer nur bis zu 20000 Euro (ledig) oder bis zu 40000 im Jahr (verheiratet) verdient. Dann gibt es 20 Prozent auf den Förderhöchstbetrag von 400 Euro jährlich, also maximal 80 Euro. Die Zulage muss mit der Steuererklärung beantragt werden.


So rechnet sich die Rente vom Brutto-Gehalt

 

Ein 35-jähriger Münchner Arbeitnehmer verdient 2916 Euro brutto im Monat – bei zwölf Gehaltszahlungen im Jahr entspricht das 35000 Euro, das ist das durchschnittliche Jahresgehalt eines Arbeitnehmers in Deutschland.

Der Münchner ist ledig, hat keine Kinder und ist konfessionslos. Nach Abzug aller Steuern bekommt er derzeit 1831 Euro netto im Monat.

Wenn er sich im Monat 220Euro vom Brutto-Gehalt für seine Altersvorsorge abziehen lässt, sinkt natürlich auch sein Netto-Gehalt – aber nicht um die vollen 220Euro, sondern nur um 144 Euro. Er bekommt statt 1831 Euro im Monat 1687 Euro heraus.

Sollte das für ihn finanziell vertretbar sein, wartet 2043, wenn er mit 67 Jahren in Rente gehen darf, eine Einmalzahlung in Höhe von 169118 Euro auf ihn – wenn man von vier Prozent Zinsen im Jahr ausgeht.

Hätte er Geld vom Netto-Einkommen gespart und wäre entschlossen gewesen, künftig ebenfalls mit nur 1687 Euro im Monat auszukommen, würde er für eine solche monatliche 144-Euro-Rate beim Renten-Eintritt nur 110.695 Euro erhalten. Das Netto ist gleich groß, der Beitrag zur Altersvorsorge aber um 76 Euro im Monat höher – das macht diese Form der Altersvorsorge so rentabel.

Mit dem angesparten Kapital kann sich der dann 67-jährige Münchner eine Zusatzrente sichern: Bei drei Prozent Zinsen bekommt er aus den 169.118 Euro jeden Monat bis zu seinem 92. Geburtstag brutto 796 Euro ausgezahlt. Alles vor Steuern.

Hätte er zuvor konventionell 144 Euro aus seinem Netto-Gehalt zurückgelegt, würde er nur 521 Euro zusätzlich im Monat erhalten.

 

 

 

 

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