Den Nachlass regeln: Wichtige Fragen und Antworten zum Testament

Testament, Pflichtteil, Erbschaftssteuer: Was Sie wissen sollten, um Ihre Angelegenheiten sicher regeln zu können. Ein Experte klärt auf.
Lisa Marie Albrecht |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Auch beim Testament muss einiges beachtet werden.
imago Auch beim Testament muss einiges beachtet werden.

Sich mit dem eigenen Tod zu beschäftigen ist etwas, vor dem die Meisten zurückschrecken. Gerade einmal 30 Prozent der Deutschen haben ein Testament, weiß der Erbrechtsexperte Otto N. Bretzinger. Dabei ist es gerade für die Hinterbliebenen oft eine große Belastung, nicht zu wissen, was mit dem Nachlass des Verstorbenen passiert.

Doch worauf kommt es beim Erbe eigentlich an? Was bekommen Kinder, Ehefrau oder Geschwister? Und müssen wirklich alle Erbschaftssteuer zahlen? Die AZ gibt im Interview mit Dr. Otto N. Bretzinger Antworten auf die dringendsten Fragen rund um das Thema Erbe. Der 63 Jahre alte Jurist und Journalist ist Autor vieler Rechts- und Finanzratgeber.

Muss ich ein Testament machen?
Wenn Sie mit der gesetzlichen Erbfolge einverstanden sind, brauchen Sie keines. Allerdings rät Bretzinger grundsätzlich zu einem Testament, weil man dadurch bessere individuelle Gestaltungsmöglichkeiten hat. Es muss aber nicht unbedingt ein notarielles Testament sein, es sei denn, die Vermögensverhältnisse sind sehr kompliziert oder Sie brauchen Beratung durch einen Notar.

Wie sinnvoll ist das gängige Berliner Testament?
Der Jurist rät vom Berliner Testament ab. Bei diesem Testament setzen sich Ehepartner gegenseitig als Erben ein und bestimmen, dass mit dem Tod des zuletzt Verstorbenen ein Dritter erbt – in der Regel die Kinder. Wenn aber beispielsweise der Ehemann stirbt und das einzige Erbe das Haus ist, erbt dieses die Frau – die Kinder sind enterbt. Wenn sie ihren Pflichtteil einklagen, muss die Ehefrau, um diesen auszuzahlen, das Haus verkaufen.

Wer erbt laut Gesetz, wenn es kein Testament gibt?
Wenn der Erblasser, also der Verstorbene, der etwas vererbt, verheiratet ist, erbt zunächst der Ehegatte ein Viertel des Nachlasses. Ein weiteres Viertel kommt dazu, wenn die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, also keinen Ehevertrag hatten. Damit erbt der Ehegatte in der Regel die Hälfte, den Rest zu gleichen Teilen die Kinder. Ist ein Kind verstorben, erbt dessen Nachkomme. Sind keine Kinder da, erben die Eltern, sind diese verstorben, die Geschwister.

Wie hoch ist der Pflichtteil für gesetzliche Erben?
Pflichtteilsberechtigt sind Ehegatten, Kinder und deren Abkömmlinge, falls keine Kinder, Enkel etc. vorhanden sind, auch die Eltern des Verstorbenen. Nicht pflichtteilsberechtigt sind Geschwister und entferntere Verwandte. Wenn die gesetzlichen Erben durch das Testament enterbt werden, können sie ihren Pflichtteil geltend machen. Dann bekommen sie die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils, als Ehegatte etwa statt der Hälfte ein Viertel des Nachlasses. Anteile an Immobilien werden als Geldwert ausgezahlt.

Muss ich beweisen, dass ich der Erbe bin?
Wenn Sie gesetzlicher Erbe sind, ist der Nachweis durch die Verwandtschaft gegeben. Bei einem Testament müssen Sie unter Umständen gegenüber der Lebensversicherung oder der Bank beweisen, dass Sie rechtmäßiger Erbe sind. Als Nachweis zählen notarielles Testament oder Erbschein. Wenn Sie eine Immobilie erben, verlangt das Grundbuchamt einen Erbschein. Bei Banken sollten Sie die Vorlage eines Erbscheins immer verweigern, rät Bretzinger. Denn dieser kann sehr teuer werden und die Bank darf nicht auf einen Erbschein bestehen, wenn man die Rechtmäßigkeit auch anders nachweisen kann. Eine Erbschaftssteuer müssen die Meisten überhaupt nicht zahlen

Wer erbt, wenn es keine Erben gibt?
Werden keine Verwandten gefunden, erbt der Staat. Das kommt laut dem Juristen aber nur in etwa zwei Prozent der Fälle vor. Die gesetzliche Erbfolge hat fünf Stufen: Erben erster Ordnung sind Kinder und deren Abkömmlinge, zweiter Ordnung Eltern und deren Abkömmlinge (Geschwister, Neffen, Nichten etc.), dritter Ordnung Großeltern und deren Abkömmlinge (Onkel, Tante etc.), dann folgen Urgroßeltern und Ururgroßeltern samt Sprösslingen. Die Verwandten müssen sich jedoch selbst als Erben melden.

Was kann ich vererben?
Vererbt werden kann alles, was von materiellem Wert ist: Geld, Immobilien, Ländereien, Schmuck etc. Ausgenommen davon sind sogenannte höchstpersönliche Rechte. Dazu zählen etwa der Name eines Menschen, eine Mitgliedschaft im Verein oder Unterhaltsansprüche.

Darf ich ein Haustier vererben?
Ja. "Allerdings ist es sinnvoller, das Testament mit einer entsprechenden Bedingung zu versehen", erklärt Bretzinger. Sie können also jemanden als Erben einsetzen, allerdings nur unter der Bedingung, dass er sich um das Haustier kümmert. Um das durchzusetzen, sollte ein Testamentsvollstrecker benannt werden. Das Tier selbst als Erben einzusetzen, ist nicht erlaubt.

Was ist der Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis?
Der Erbe ist derjenige, der in die rechtlichen Fußstapfen des Erblassers tritt und auch die Nachlassverbindlichkeiten, etwa die Schulden des Erblassers, trägt. Ein Vermächtnisnehmer kriegt nur eine Zuwendung, etwa eine Geldsumme oder ein Schmuckstück. Er hat Anspruch an die Erben auf Auszahlung des Vermächtnisses. Allerdings darf das Vermächtnis nicht so hoch sein, dass dadurch für den Erben fast nichts übrig bleibt.

Wer muss Erbschaftssteuer zahlen und wie hoch ist der Freibetrag?
Erbschaftssteuer müssen die Erben und auch die Vermächtnisnehmer zahlen. Allerdings nur, wenn der Freibetrag überschritten wird – und das ist nur bei etwa 10 Prozent überhaupt der Fall, so Bretzinger. Der Ehegatte hat einen Freibetrag von 500.000 Euro, jedes Kind einen Freibetrag von 400.000 Euro. Das ergibt beispielsweise bei einer Ehefrau und drei Kindern einen Freibetrag von 1,7 Millionen Euro.

Wann lohnt es sich, Geld zu verschenken statt zu vererben?
Verschenken lohnt sich dann, wenn das Erbe über den Freibetrag hinausgeht, um sich die Erbschaftssteuer zu sparen. Auch für weniger Vermögende kann sich eine Schenkung lohnen, wenn etwa die Kinder das Geld, Haus etc. früher brauchen. Dann sollte man allerdings auch seine eigenen Rechte wahren, indem man z.B. im Haus Wohnrecht oder als Gegenleistung für die Schenkung Rentenzahlungen vereinbart.

Was kann ich tun, wenn ich Schulden vererbt bekomme?
Innerhalb einer Frist von sechs Wochen kann das Erbe ausgeschlagen werden. Allerdings rät der Experte von vorschneller Ausschlagung ab. Oft könne man nicht beurteilen, ob wirklich nur Schulden vorhanden sind. Wenn man das Erbe annimmt, kann ein Insolvenzverfahren beantragt werden, bei dem man nicht mit dem persönlichen Vermögen für den Nachlass haftet.


Testament und Erbschein: Das kann es kosten

Wie hoch die Gebühren für ein Testament oder einen Erbschein sind, hängt davon ab, wie hoch der Wert des Nachlasses ist. Kosten fallen für ein Testament an, wenn man ein sogenanntes notarielles bzw. öffentliches Testament machen möchte, an dem ein Notar beteiligt ist. Die Einrichtung eines notariellen Testaments kostet beispielsweise bei einem Nachlasswert von:
25.000 Euro: 115 Euro, 50.000 Euro: 165 Euro, 200.000 Euro: 435 Euro.

Wenn man ein gemeinschaftliches notarielles Testament als Ehepaar machen will, verdoppelt sich die Gebühr jeweils. Ein weiterer Kostenfaktor kann der Erbschein sein. Er wird immer vom Grundbuchamt, gelegentlich auch von Banken als Beweis verlangt, dass Sie der rechtmäßige Erbe sind. Ein Erbschein kostet bei einem Nachlasswert von: 25.000 Euro: 230 Euro, 50.000 Euro: 330 Euro, 200.000 Euro: 870 Euro.

Lesen Sie auch: Tod, Sterben und Beerdigung - Richtig erben – und vererben: Der große AZ-Ratgeber

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.