Das Ende der Online-Abzocke?

Abmahnungen wegen Online-Verstößen gegen das Vertrags- oder Urheberrecht sind ein lukratives Geschäft für Anwälte. Ein neues Gesetz verhindert Auswüchse, doch Nutzer sollten vorsichtig bleiben
von  Susanne Stephan

 

BERLIN Verbraucher online über den Tisch zu ziehen – das ist kein Privileg international tätiger Gauner. Auch Anwaltskanzleien nutzen die Möglichkeiten, die ihnen das Netz bieten. Mit Abmahngebühren lassen sie Nutzer zur Ader. Ein neues Gesetz soll diesem Unwesen ein Ende setzen. Die Neuregelungen sollen voraussichtlich noch im Herbst in Kraft treten.

Betroffen sind oft Eltern von Kindern, die sich Videos aus dem Internet herunterladen, aber auch Online-Nutzer, die beispielsweise Bücher auf Ebay verkaufen. Sie bekommen häufig Post vom Anwalt, der sie darauf aufmerksam macht, dass Urheberrechte oder andere juristische Normen verletzt worden seien – und sie zu einer Erklärung auffordert, sich künftig an die Gesetze zu halten. Beigefügt fanden Nutzer bisher in der Regel eine Anwaltsrechnung über etliche 100 Euro Anwaltsgebühren, zum Teil auch über mehr als 1000 Euro.

Zu solchen Gebühren kommen häufig noch die wesentlich höheren Forderungen von Firmen der Film- oder Musikindustrie, die durch die Kanzleien vertreten wurden. Auch andere vermeintliche Vergehen setzen die Anwälte im Gang, etwa Formfehler im Impressum einer Website.

Eine repräsentative Umfrage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen ergab, dass bislang rund 4,3 Millionen Deutsche ab 14 Jahren schon einmal abgemahnt wurden. Im Schnitt hätten die Kanzleien 800 Euro pro Abmahnung verlangt, berichten die Verbraucherschützer. Eine ungute Sache für die Internet-Nutzer, ein leicht verdientes Honorar für die Anwälte. Per Serienbrief verdient sich manche Kanzlei ein kleines Vermögen mit hundertfachen Abmahnungen.

Damit soll künftig wenigstens zum Teil Schluss sein. Bei einer ersten Abmahnung soll ein Gebühren-Höchstbetrag von 155,30 Euro gelten. Die Neuregelungen sehen auch vor, dass Anwaltskanzleien künftig genau aufschlüsseln müssen, wofür sie die Zahlungen einfordern. Außerdem können Verbraucher künftig nicht mehr an einem beliebigen Gericht verklagt werden, sondern nur noch an ihrem Wohnsitz. Die neuen Regelungen dämmen die gröbsten Formen der Abzocke ein. Allerdings gilt weiter: Wer Internet-Recht verletzt muss zahlen.

 

So verhalten Sie sich bei Abmahnungen

Sofort handeln. Flattert eine Abmahnung ins Haus, sollten Betroffene sie nicht auf die leichte Schulter nehmen, warnt Anneke Voß von der Verbraucherzentrale Hamburg. Denn wer die Abmahnung ignoriert, wird verklagt, wodurch die Kosten nur weiter steigen.

Nicht auf Ausreden hoffen. Entschuldigungen wie „Das waren meine Kinder“ oder „Da hat jemand mein Wlan genutzt“ sind möglicherweise wahr, helfen in der Regel aber nicht weiter. „Es kommt zwar immer auf den Einzelfall an, aber in den allermeisten Fällen kommt man damit nicht aus der Nummer raus“, sagt Voss.

Nicht alles unterschreiben. Zu jeder Abmahnung gehört eine Unterlassungserklärung. Damit versprechen Verbraucher, ihr Vergehen nicht mehr zu wiederholen. Die Unterschrift ist Pflicht, vorher sollten Betroffene den Text aber modifizieren. In vielen Fällen kommt der Nutzer um einen Gang zum Anwalt nicht herum.

Verhandlungsmöglichkeiten prüfen. „Die Abmahnungskosten werden in der Regel eher willkürlich festgesetzt“, erläutert Voß. Deshalb gibt es oft einigen Verhandlungsspielraum – auch hier kann eine professionelle Beratung eventuell weiterhelfen. Zahlen müssen Abgemahnte aber auf jeden Fall, sagt die Verbraucherschützerin.

An Versprechen halten. Wer die Unterlassungserklärung in der Abmahnung einmal abgegeben hat, sollte sich danach auf keinen Fall mehr bei illegalen Downloads erwischen lassen. „Dann werden leicht 5000 Euro oder mehr fällig“, sagt Voß.

 

 

 

 

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