AZ-Renten-Report: Immer weniger Geld

Sechs bittere Wahrheiten für Arbeitnehmer: Wer sich jetzt auf die staatliche Rentenkasse verlässt, bekommt deutlich weniger als die heutigen Senioren. Warum das so ist – der AZ-Renten-Report.
Anja Timmermann |
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In Berlin beraten die Politiker über die Rente – die AZ sagt Ihnen heute schon, was Sie im Alter zu erwarten haben, wer vorsorgen sollte und wie er das am besten tut.
dpa/Werner Baum In Berlin beraten die Politiker über die Rente – die AZ sagt Ihnen heute schon, was Sie im Alter zu erwarten haben, wer vorsorgen sollte und wie er das am besten tut.

Sechs bittere Wahrheiten für Rentner und alle Arbeitnehmer: Wer sich auf Zahlungen aus der staatlichen Rentenkasse verlässt, bekommt bis zu 30 Prozent weniger als die heutigen Senioren. Warum das so ist – der AZ-Renten-Report.

Eins ist sicher: Die Renten werden sinken. So hoch wie jetzt werden die gesetzlichen Altersbezüge nie mehr sein. Schon heute sind sie für viele Rentner nicht wirklich ausreichend – nur: Künftig wird es definitiv noch viel weniger sein. Dafür sorgen allein schon gesetzlich vorgeschriebene automatische Kürzungen; hinzu kommen noch viele andere Faktoren. Die AZ erklärt die Lage in der Rentenkasse. Es gibt sechs Gründe, warum die Renten weiter sinken werden:


1. Immer weniger für Neurentner

Wer heuer neu in Rente geht, kriegt weit weniger, als die Rentner im Schnitt erhalten, die bereits im Ruhestand sind. Und die Schere geht immer weiter auf (siehe Grafik): Im Jahr 2000 betrug die Lücke bei Männern (West) noch 53 Euro – 916 statt 969 Euro. Wer heute zu arbeiten aufhört, bekommt schon 128 Euro weniger als der Schnitt der übrigen Rentner: 857 statt 985 Euro.


2. Die Netto-Rente sinkt

Während früher die tatsächlich ausgezahlten Netto-Beträge an die Rentner Jahr für Jahr stiegen (wobei dann immer noch die Frage war, ob die Inflation von dem Plus etwas übrig ließ), sind sie seit 2003 – zumindest bei Männern – in absoluten Zahlen sogar zurückgegangen. Aktuell sind es 985 Euro für Männer und 490 Euro für Frauen.


3. Der Staat kürzt

Die Renten-Reformen haben mehrere Kürzungsfaktoren eingebaut. Hintergrund ist, dass erstens der Anteil der Rentner an der Gesamtbevölkerung stetig wächst und zweitens auch die Rentenbezugszeit – bei einer bestenfalls gleichbleibenden Anzahl von einzahlenden Arbeitnehmern. Aus diesem Verhältnis wird ein Quotient gebildet und von jeder eigentlich fälligen Rentenerhöhung abgezogen. Heute beträgt das so genannte Rentenniveau noch 50,8 Prozent eines Durchschnittsverdiensts. Laut Arbeitsministerium wird es bis 2024 auf 46,2 Prozent sinken, bis 2030 sogar auf 43 Prozent.


4. Der Arbeitsmarkt hat sich geändert

Längere Ausbildungszeiten, Arbeitslosigkeit, immer weniger klassische Vollzeitbeschäftigte, immer mehr befristete Jobs, immer mehr kleine Solo-Selbstständige, immer mehr Niedriglohn-Jobs: Das alles führt dazu, dass die jeweiligen persönlichen Rentenansprüche ohnehin schon niedriger sind als die früherer Generationen – und das noch vor den gesetzlichen automatischen Kürzungen. Die Erwerbsbiografien entfernen sich immer mehr vom berühmten „Eck-Rentner“ (oder „Standard-Rentner“), der 45 Jahre lang entsprechend dem jeweiligen Durchschnittsverdienst eingezahlt hat. Das zeigt auch, wie wenig die Zuschuss-Rente von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) bringen würde. Denn sie wird erst ab 45 Jahren Einzahlung fällig. Davon sind Frauen (in den alten Ländern) Lichtjahre entfernt: Sie kommen auf durchschnittlich 27 Jahre. Auch Männer täten sich schwer: Sie schaffen im Schnitt 40,1 Jahre.


5. Die Prognosen sind zu rosig

All die Zahlen des Arbeitsministeriums, die bereits düster genug wirken – Stichwort Absinken des Rentenniveaus auf 43 Prozent – beruhen auf sehr optimistischen Prognosen: So nehmen die Experten an, dass die Löhne bis 2014 jährlich um über drei Prozent steigen. Zudem gehen sie von einem Rentenplus von jährlich 1,9Prozent aus – das alles auch noch bei stetig abnehmender Arbeitslosigkeit samt Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte.


6. Die Rente mit 67 kommt

Schon jetzt geht mehr als die Hälfte der Neurentner mit Abschlägen in den Ruhestand, weil sie eben nicht bis zur Altersgrenze arbeiten. Im Schnitt macht das Minus heute 120 Euro im Monat aus. Künftig wird es wohl mehr werden, weil die Altersgrenzen angehoben werden und pro Monat ein Minus von weiteren 0,3 Prozent fällig wird.


Das Fazit

Die gesetzliche Rente wird immer geringer – wer 2030 in den Ruhestand geht, hat ein Minus von bis zu 30 Prozent im Vergleich zu heutigen Senioren. Schon von 2000 bis heute waren es minus sieben Prozent.

Das heißt: Die gesetzliche Rente wird immer mehr Menschen nicht zum Leben reichen. Das sagen alle Experten aller Couleur, ihre Auswege sind aber unterschiedlich. Linke und Gewerkschaften wollen die gesetzliche Rente wieder stärken, etwa über Rücknahme der Kürzungsfaktoren. Das würde Milliarden kosten – entweder den Steuer- oder den Beitragszahler. Andere, so auch die Regierung, setzen darauf, dass die gesetzliche Rente nur noch einen immer kleineren Teil des Einkommens ausmacht und der Rest aus Privatvorsorge stammen soll.

Heute ist die gesetzliche Rente die zentrale Einkommensquelle für Deutschlands Senioren. Doch andere Einkommens-Bestandteile nehmen zu: Die staatlichen Renten sind mager, das tatsächliche Netto-Einkommen der über 65-Jährigen schaut besser aus: Aktuell liegt es bei 2327 Euro pro Monat für Paare, 1513 Euro für alleinstehende Männer und 1198 Euro für alleinstehende Frauen, so die umfassende Asid-Studie, die regelmäßig für das Arbeitsministerium erstellt wird.

Denn nur noch 65 Prozent des Einkommens von Senioren-Haushalten stammen aus der Rentenkasse. Der Rest kommt aus Betriebsrenten, Zinseinkünften oder Lebensversicherungen – Tendenz steigend. Zwangsläufig.

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