„Gestörter Schlaf macht krank und hässlich”

Wenn die Nachtruhe ständig zu kurz ist, können ernsthafte Konsequenzen für die Gesundheit drohen.
von  Michael Backmund
Mann in Schlaflabor
Mann in Schlaflabor © dpa

Die Warnung ist deutlich: „Chronischer Schlafmangel kann krank, dumm, hässlich und dick machen”, warnt Professor Jürgen Zulley vom Schlafmedizinischen Zentrum der Universität Regensburg. „Entgegen der allgemeinen Annahme arbeitet der Organismus während der Nacht keineswegs auf Sparflamme. Der Schlaf benötigt genauso viel Energie wie der Wachzustand”, sagt Deutschlands bekanntester Schlafforscher. Das hat einen handfesten Grund: „Im Schlaf wird das Wachstumshormon produziert, das zur Regenerierung von Haut und Haaren („Schönheitsschlaf”) und für das Knochenwachstum benötigt wird.”

Die Entspannung fördert aber auch die Durchblutung, wodurch die Haut besser mit Nährstoffen versorgt wird. Deshalb findet die Wundheilung vor allem in der Nacht statt. Auch auf den Fettstoffwechsel und damit auf die Cholesterinwerte hat die Produktion von Wachstumshormonen im Schlaf positive Auswirkungen. „Schlafmangel beschleunigt also das Altern, verlangsamt die Wundheilung und führt zu Gewichtszunahme”, warnt Zulley.

Wie eine aktuelle englische Studie zeigt, macht schlechter und nicht erholsamer Schlaf aber auch „hässlich”: Fotos von nicht ausgeschlafenen Menschen wurden von Testpersonen subjektiv als hässlicher empfunden als Bilder von Ausgeschlafenen.

Erholsamer Schlaf macht aber auch klüger: Während der Nachtruhe ordnet das Gehirn die Erfahrungen des Tages, es lernt und arbeitet an der Optimierung von Problemlösungen: „Das Gehirn spielt die Aktivitäten des vergangenen Tages durch. Schlaf kann als automatisches mentales Training verstanden werden”, sagt Zulley. „Oft hat man morgens ein ,Ah-Erlebnis’, das einem die Lösung für ein Problem des Vortages ganz wie von selbst liefert.”

Anfälliger für Krankheiten

„Studien haben ergeben, dass Schlafmangel zu Erinnerungslücken führt, die Arbeitsleistung am Tage um 25 Prozent reduziert und durch die Schädigung des Immunsystems anfälliger für Krankheiten macht”, bestätigt Zulley. Kein Wunder, dass Erkältungsviren bei Menschen mit chronischem Schlafmangel um 35 Prozent häufiger zuschlagen. Besonders Nacht- und Schichtarbeit erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und beeinträchtigen die Fahrtüchtigkeit. Prof. Zulley zur AZ: „Durch 24 Stunden Schlafentzug wird die Reaktionsfähigkeit ähnlich stark gestört wie durch ein Promille Blutalkohol.”

Am häufigsten leiden Menschen unter Einschlafproblemen. „Entspannung ist deshalb der Königsweg in den Schlaf”, rät Zulley. Hilfreich dafür sind leichte, beruhigende Musik und das Erlernen von Entspannungstechniken wie zum Beispiel „Autogenes Training”. In einer aktuellen Studie haben sich auch pflanzliche Artzney als wirksam erwiesen: „Bei leichten Schlafstörungen kann eine Baldrian- und Hopfen-Kombination eine echte Hilfe sein”, sagt Zulley, „und das ohne unerwünschte Nebenwirkungen”. Die Patienten schliefen mit dem Mittel nicht nur schneller ein, auch der Anteil der erholsamen Tiefschlafphasen war bei ihnen größer.

Aber auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle: Wer gut einschlafen will, sollte zum Abendessen leichte, eiweißreiche Speisen bevorzugen. Denn Kohlenhydrate werden abends schlechter verwertet als tagsüber, auch Salat ist schwerer verdaulich. Obwohl Alkohol müde macht und ihn die Leber am Abend besser toleriert als in den Morgenstunden, ist er keine sinnvolle Einschlafhilfe: „Da der Abbau von Alkohol den Körper belastet, wird das Durchschlafen gestört”, warnt Zulley. 

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