Zlatan Ibrahimovic: Die anderen sind "Schuljungen"
London - Am späten Mittwochabend ist etwas außergewöhnliches passiert: Zlatan Ibrahimovic (32), Stürmer-Held, Enfant Terrible und Ghetto-Kid im Herzen war sprachlos. Nicht über seine eigene Leistung - er hatte mit vier Toren in einem Spiel der europäischen Königsklasse, der Champions League, erzielt - sondern über die Anerkennung der Zuschauer. "Das war verrückt, ich hatte Gänsehaut", sagte der Spieler von Paris St. Germain, nachdem ihm die Fans des unterlegenen Teams RSC Anderlecht applaudiert hatten. Denn Zuspruch von seinen Gegnern ist "Ibra" nicht gewöhnt. Normalerweise verschafft er sich Anerkennung. Notfalls mit der Brechstange: Harten Worten, teuren Häusern, schnellen Autos.
Ibrahimovic ist aufgrund seiner Torquote und athletischen Spielweise eine Ausnahme im internationalen Fußball. Er ist aber mehr. Nämlich mit seinem extravaganten Lebensstil auch ein Garant für Schlagzeilen abseits des Platzes. Denn: Offenes Kokettieren mit Regelverstößen im Straßenverkehr und beißender Spott für die Gegner - so etwas werden die deutschen Fans von einem Phillip Lahm oder Miroslav Klose so bald nicht zu hören kriegen.
Der Stürmer-Star ist in einem ärmlichen Stadtteil der süd-schwedischen Hafenstadt Malmö aufgewachsen. Vielleicht aus diesem Grund zelebriert der Fußballer nun seinen Reichtum: Berichten zufolge umfasst sein Fuhrpark mehrere Ferraris, dazu einen Porsche und weitere kostspielige deutsche Sportwagen. Von den Qualitäten der Autos macht er auch Gebrauch: "Ich fahre wie ein Verrückter. Mit 325 km/h hänge ich auch die Polizei ab", gab der Star einmal an. Früher war das gezwungenermaßen anders: In seiner Biografie ist nachzulesen, dass er sich zur Feier seiner Aufnahme in die erste Mannschaft des Clubs Malmö FF noch "ein neues Fahrrad klaute".
Auch sich selbst hält Ibrahimovic für einen "Ferrari" auf dem Fußballplatz, wie er gerne zu Protokoll gibt. Für Kontrahenten, aber auch Mitstreiter etwas weniger giftiger Bauweise, zeigt er kaum Respekt: Welt-Star Lionel Messi hält er für einen "Schuljungen", Bayern-Trainer Pep Guardiola sprach er in seinem Buch die nötigen "Eier" ab. Auch vor Louis van Gaal, in der deutschen Bundesliga als Ex-Bayern-Coach ebenfalls kein Unbekannter, machte er nicht Halt: In der gemeinsamen Zeit beim niederländischen Club Ajax Amsterdam konterte er taktische Anweisung nach eigenen Angaben mit den Worten: "Hör mal, Meister, du hast mir gar nichts zu sagen - geh in dein Büro und schreib Briefe."
Kurzer Prozess ist also die Devise Ibrahimovics. Das gilt auch, wenn es ans Wohnen geht. Seit Sommer 2012 lebt "Ibra" in der Lifestyle-Metropole Paris. Als sich die Wohnungssuche anfangs schwierig gestaltete, hatte er schnell die Lösung parat: "Wir suchen eine Wohnung. Aber wenn wir nichts finden, dann werde ich vielleicht das Hotel kaufen", sagte er der Sportzeitung "L'Equipe". Kurz zuvor hatte sich Ibrahimovic bereits eine eigene Insel im drittgrößten schwedischen See, Mälaren, gesichert - um seinem Hobby, die Jagd, zu frönen. Bei einem Nettogehalt von 14,5 Millionen Euro jährlich kein Problem.
In seinen Besitztümern weilt Ibrahimovic meist zusammen mit seiner Frau Helene Seger, einem schwedischen Model. Ehrensache, dass er dennoch keine Gelegenheit auslässt, zumindest verbal seine Potenz unter Beweis zu stellen. Angesprochen, woher mehrere Kratzer in seinem Gesicht stammten, soll Ibrahimovic einem schwedischen Reporter einmal entgegnet haben: "Fragen Sie mal ihre Frau!"
Nachbessern dürfte einer der letzten wilden Männer des internationalen Fußballs vielleicht einzig bei seiner Klamottenwahl: Auch, wenn Ibrahimovic von Papparazzi schon mal beim Shopping bei Louis Vuitton, Gucci und Co. abgelichtet wird - mit seinem eher legeren Kleidungsstil hat es der Kicker noch nicht auf die Titelseiten der Modemagazine geschafft. In Erinnerung bleibt da eher ein Schnappschuss, der Ibrahimovic mit stark rutschender Hose in seiner vormaligen Wahlheimat Barcelona zeigte. Womöglich sehen die männlichen Fans "Ibra" aber ohnehin lieber im Fußballtrikot - und die weiblichen ohne Oberteil. Denn mangelndes Training muss sich das Kraftpaket nicht vorwerfen lassen. "Ibra" trägt Sixpack. Wie es sich für einen ordentlichen Straßenkämpfer aus schwierigem Viertel gehört.
In Schweden hat Ibrahimovic mit seinem Auftreten auf und außerhalb des Rasens mittlerweile übrigens eine eigene Vokabel geprägt: "Zlatanera", "zlatanieren", bedeutet in etwa so viel wie "etwas mit Kraft dominieren". Ende letzten Jahres hat der Rat der Schwedischen Sprache den Begriff in den offiziellen Wortschatz aufgenommen.