Wurden Meghan und Harry aus dem Land gehetzt?

Nach dem Abzug von Meghan und Harry wird in Großbritannien jetzt eine Debatte über den Rassismus im Land geführt.
von  Jochen Wittmann
"Lasst uns das beim Namen nennen: Es ist Rassismus." Harry und seine Frau Meghan, die Tochter einer Afro-Amerikanerin.
"Lasst uns das beim Namen nennen: Es ist Rassismus." Harry und seine Frau Meghan, die Tochter einer Afro-Amerikanerin. © Dominic Lipinski/PA Wire/dpa

Nach dem Abzug von Herzogin Meghan und Prinz Harry wird in Großbritannien jetzt eine Debatte über den Rassismus im Land geführt.

Der Megxit ist vollzogen: Prinz Harry ist zurück im kanadischen Vancouver, wo er seine Frau Meghan und seinen Sohn Archie wiedersah. Während die Sussex-Familie in Übersee weilt, steht daheim im Königreich der Rassismus-Vorwurf im Raum: Der entscheidende Grund für Prinz Harry, Großbritannien den Rücken zu kehren, heißt es, sei die rassistische Behandlung gewesen, die seiner Frau Meghan widerfuhr.

Rebecca Long-Bailey (40), die sich aktuell um den Vorsitz der Labour-Partei bewirbt, hat da keine Zweifel. "Ein junges Paar wird aus dem Land gehetzt durch die aufdringliche und rassistische Berichterstattung einer reaktionären Presse", sagte die Politikerin: "Farbige Frauen im öffentlichen Leben sind Mobbing, Schikane, Verachtung und Verleumdungen ausgesetzt – und sollen dann auch noch dankbar sein, dass sie überhaupt beachtet werden." Sie ist nicht die einzige im Chor entrüsteter Frauen.

Ist Großbritannien rassistisch?

Rachel Boyle, die an der Edge Hill Universität über Ethnizität forscht, sagte in der BBC: "Meghan willigte ein, Harrys Frau zu werden, und dann hat die Presse sie in Stücke gerissen. Lasst uns das beim Namen nennen: Es ist Rassismus."

Ist das Mutterland des Parlamentarismus wirklich so rassistisch? Tatsächlich gab es in Großbritannien von rechter Seite einige massive Ausfälle in dieser Richtung – in den sozialen Medien. Jo Marney, Partnerin des mittlerweile zurückgetretenen Vorsitzenden der Ukip-Partei Henry Bolton, hatte vor der Hochzeit Harrys auf Twitter schwadroniert, dass Meghan "mit ihrer Saat" die Königliche Familie "beschmutzen" würde. Eine britische Neo-Nazi-Gruppe bezeichnete Harry als einen "Rasse-Verräter", der erschossen gehöre.

Britische Presse: Meghan ist "Exotisch" und "schwierig"

Solch explizite Töne sind in den traditionellen britischen Medien nicht zu hören. Doch es gibt gewisse Chiffren, mit denen in manchen Gazetten auf Meghans Hautfarbe angespielt wurde. Das fing mit ihrer "exotischen" Erscheinung an, ging mit der Erwähnung ihrer Mutter, die von Sklaven abstamme, weiter und hörte mit der Erwähnung nicht auf, dass Meghan "schwierig" sei.

Unterschwellig schwingt mit, dass sie nicht so recht in die Königliche Familie passt. "Dieser hinterhältige, subtile Unter-dem-Radar-Rassismus", schäumte die Kolumnistin Natalie Morris, "ist typisch britisch – und so schwer zu bekämpfen."

Rassismus gegen Meghan statistisch unterlegt

Zweifellos bekommt Meghan eine schlechte Presse in Großbritannien. Der linksliberale "Guardian" hat das sogar statistisch unterlegt. Man hat die Berichterstattung über die Herzogin von Sussex seit Mai 2018 untersucht und herausgefunden: Mehr als doppelt so viele Geschichten waren negativ statt positiv.

Viele sehen eine rassistische Diskriminierung darin, wenn an Meghan als der Tochter einer Afro-Amerikanerin viel strengere Maßstäbe angelegt werden als an Kate. Denn die Herzogin von Cambridge, die ganz und gar weiße Ehefrau von Prinz William, darf sich über eine überwiegend positive Berichterstattung freuen – nur acht Prozent der Geschichten über sie waren im gleichen Zeitraum negativ.

Vorurteile gegen Hautfarbe in den letzten Jahren gefallen?

Allerdings: Der "British Social Attitude Survey", der die sozialen Einstellungen der Briten seit mehr als 30 Jahren verfolgt, kann belegen, dass auf Hautfarbe basierenden Vorurteile in den letzten Jahren drastisch gefallen sind. Und das "Oxford Migration Observatory" meldet, dass der Widerstand gegen Immigration auf den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten gesunken ist.

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